Kapitel 20

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,,Konzentriere dich!" Keuchend kniff ich meine Augenbrauen mehr zusammen und spannte mich komplett an. Ich sollte auf der kleinen Blumenwiese eine größere machen. Eine, die den ganzen Raum ein nimmt und Ingrid war fest davon überzeugt, dass ich das schaffte. Vorher durfte ich nicht gehen. 

Die letzte Nacht hatte ich beschissen geschlafen, genauso wie die Nächte davor, sodass ich heute Morgen fast bei den Meditationen eingeschlafen war. Mittlerweile war es Nachmittag und ich saß immer noch hier. 

Angetrieben von dem Gedanken an Ruhe und diese wunderbar bequeme Couch raffte ich alle meine Nerven zusammen und versuchte mich zu konzentrieren. Immer wärmer wurde das Gefühl in mir und begann immer schneller aus mir herauszuströmen in das Bild hinein, welches ich erschuf. 

Dann endlich klatschte Ingrid in ihre Hände und ohne die Augen richtig zu öffnen, kroch ich zum Sofa und hievte mich hoch. Als mein Kopf die weichen Kissen berührte, stöhnte ich erleichtert auf und legte mich bequem hin. 

In den nächsten Sekunden war ich eingeschlafen. Ich schlief nicht fest, nicht wirklich. Alles konnte mich wecken, so auch leise Schritte, welche jetzt an mein Ohr drangen. Seufzend richtete ich mich auf und rieb mir über die Augen, während ich mit verkrampften Hals zur Tür sah. Im nächsten Moment marschierte eine in Dunkelheit gehüllte Gestalt in das Wohnzimmer. 

Wobei Deen hatte mitgedacht und seine Schuhe ausgezogen. Es sah so aus als würde er auf Zehenspitzen durch den Raum laufen, was mich grinsen ließ. Müde streckte ich meine Hand aus und wie auf Kommando erschien eine kleine Blume, die gleiche welche ich Deen damals in der Küche gezeigt hatte. 

Nun ließ ich sie aber nicht auf meiner Handfläche entstehen, sondern etwas weiter vor ihm, sodass er sie sah. Sofort blieb er stehen und drehte sich zu mir herum. Kichernd erschuf ich mehr Blumen und ließ sie über ihn schweben, bevor ich die Stängel und das Grün Zeig verschwinden ließ. 

Sanft rieselte die Blütenblätter auf ihn herunter. Die gesamte Zeit konnte ich sein Gesicht nicht sehen und langsam stieg Sorge in mir hoch. Ruhig setzte ich mich auf und stand vom Sofa auf. 

,,alles okay?" Die Lust an meiner eigentlichen Routinefrage war mir vergangen, weshalb ich jetzt zu dieser umgestiegen war. Derweil lief ich auf ihn zu und blieb vor ihm stehen, sodass ich leicht seine Gesichtszüge erkennen konnte. 

Sein Mund ging auf, dann schien er es sich allerdings anders zu überlegen, murmelte, dass er müde sei und drehte sich von mir weg. Ein unruhiges Gefühl überkam mich und rein aus Reflex heraus griff ich nach seinem Arm. 

,,Bitte", hauchte ich leise, spürte jedoch, dass er es hörte, da er sich komplett anspannte. Rasch ließ ich ihn los und trat mehr zurück. 

,,Ich will nur wissen was los ist. Wenn du Probleme hast, dann, also-", stotterte ich leise vor mich hin und sah auf den Boden, ,,ich werd dich nicht verurteilen." Beendete ich und sah mit zusammengepressten Lippen auf meine nackten Füße. Von Deen kam nichts. Er stand einfach nur vor mir, wie erstarrt und rührte sich nicht. 

,,du musst nicht hier sein." Sprach ich das aus, was mir, seit wir hier sind, im Kopf herum wandelte. ,,Ich weiß, Annelise hat es dir gesagt, aber", locker zuckte ich mit den Schultern, auch wenn er es nicht sah und guckte noch immer auf meine Füße, ,,es ist okay, wenn du gehst." Kurz hielt ich inne, weil sich das sehr komisch angehört hatte, ,,Also ich würde es verstehen und vollkommen okay finden." 

Verwirrt zog ich meine Stirn kraus und wollt wieder ansetzten, um den unglücklichen Satz erneut umzuformulieren, als er sich zu mir herumdrehte. 

,,Ich bleibe bei dir." Seine Stimme klang entschlossen und ließ mich hochblicken. ,,Warum?" Entfuhr es mir, ohne dass ich wirklich darüber nachdenken konnte. Mein Blick begegnete in der Dunkelheit seinem und eine angenehme Gänsehaut fuhr durch meinen Nacken. 

Deen legte leicht den Kopf schief und musterte mich, dann zuckte er mit den Schultern und wirkte auf einmal ganz verlegen, bis er sich von mir weg drehte. Diesmal lief er aber nicht zur Treppe, sondern zum Sofa. 

Amüsiert hob er die Decke hoch und sah mich mit gehobener Augenbraue an, ,,Gut geschlafen?" Meine Mundwinkel zuckten nun auch, ,,Ohne dich, niemals." Leise lachend legte er die Decke wieder hin und ließ sich auf das Sofa fallen, während ich ihm folgte. 

Seine Schuhe hatte er irgendwo abgestellt und nun begann er sich von seiner Jacke zu befreien. Sie schien schwer zu sein, als er meinen Blick jedoch sah, schüttelte er mit zuckenden Mundwinkeln den Kopf. 

,,Sag mal", interessiert sah ich ihn an und lehnte mich seitlich an die Sofa-Lehne, damit ich ihn perfekt ansehen konnte, während er seine Füße locker auf die schräge Sofaecke ablegte, ,,wie nennt man das eigentlich?" 

Verwirrt sah ich ihn an, ,,Na", er machte eine erklärende Handbewegung, ,,die Mischung aus Vampir und Hexe?" Schulterzuckend lehnte ich mich mehr an und sah blinzelnd zu ihm. Nachdenklich tippte Deen sich an sein Kinn, welches von einem Drei Tage Bart geziert wurde und schien intensiv darüber nachzudenken. 

,,Hexir? Vampe? Pirexe? Vaxe?" Leise gluckste ich und schüttelte den Kopf, ,,Klingt alles scheiße." 

Empört sah er zu mir und im nächsten Moment knallte ein Kissen gegen meinen Kopf, was mich noch mehr lachen ließ. ,,Frech", murmelte er und schnalzte verurteilen mit der Zunge. 

Kopfschüttelnd umarmte ich das Kissen und hörte ihm dabei zu, wie er über weitere Namen nachdachte. Seine Stimme war angenehm leise und dunkel, sodass ich ohne es groß beeinflussen zu können, einfach einschlief. 

Das nächste, was ich spürte, war, wie mich jemand hochhob. Murrend drehte ich mich, ,,Was", grummelte ich und krallte mich in einen Stoff. ,,Schh", hauchte jemand beruhigend in mein Ohr, ,,ich bring dich in dein Bett." 

Sein Atem kitzelte mein Ohr und meinen Hals, sodass ich mich leise kichernd tiefer in seinem Arm vergrub.Einen Arm hatte er um meinen Rücken und den anderen unter meine Beine geschoben. 

,,Erzählst du mir irgendwann, was du jeden Tag machst?" Flüsterte ich schlaftrunken und war kurz davor wieder einzuschlafen. ,,Vielleicht", murmelte er, nach einigen langen Sekunden voller Stille, doch es klang nicht besonders vielversprechend. 

Seufzend rieb ich mein Gesicht an seinem Arm. ,,Ich mach mir nur Sorgen." Rechtfertigte ich mich leise und hörte ihn tief seufzen. ,,Ich weiß", seine Stimme klang unglaublich traurig und ich schmiegte mich instinktiv mehr an ihn. 

Eine Tür öffnete und schloss sich wieder, als er mich sachte auf etwas ablegte. Grummelnd drehte ich mich, hielt aber immer noch seinen Arm umklammert. Mit einem Mal überkam mich Furcht und ich drehte mich zu ihm. 

Er hatte sich anscheinend neben mein Bett gekniet und ich schmiegte mich weiter an seinen Arm. Immer wieder fiel mir auf, wie wenige Leute ich um mich hatte und sie könnten alle gehen. Ich würde es niemandem jemals vorwerfen, allerdings ist es ein unangenehm schmerzhaftes Gefühl zu wissen, dass jeder neben dir einfach gehen könnte  

,,Erzählst du mir was?" Nuschelte ich, in der Hoffnung er blieb dadurch länger bei mir. Kurz schien er zu überlegen, bis ich eine Hand auf meinen Haaren spürte und wie sie, sachte meinen Kopf strich. Wie automatisch griff er vorne nach einer meiner Strähnen und strich die ruhig entlang. 

,,Meine Mutter hat mich früher immer auf Bälle geschleift." Begann er seine Erzählungen über seine Kindheit und wie schön sie eigentlich war. ,,Ich kann nicht tanzen", murmelte ich im Halbschlaf noch, als er seine Geschichte über eine seiner missglückten Tanzstunden zu Ende erzählt hatte. 

,,Was ein Glück, dass ich nicht nur gut Gärtnern kann." 



After the NightfallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt