Kapitel 27

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Der nächste Morgen fühlte sich schon beim Aufwachen komisch an. Zuerst dachte ich, dass es daran lag, dass die Sonne schon sehr hoch am Himmel stand, doch es fühlte sich noch immer merkwürdig an. Auch als ich nach dem Bad herunterlief und in die Küche. So wie immer war niemand hier und ich trank alleine mein Blut, während ich mit roten Wangen an der Kette um meinen Hals herumspielte und an gestern dachte.

Dann kam Ingrid schließlich in die Küche und bei ihrem Blick blieb mir das guten Morgen im Hals stecken. Rasch setzte ich mich auf und sah sie alarmiert an. ,,Was ist passiert?" Seufzend rieb sie sich über ihr Gesicht und sah mich ruhig an. ,,Deen ist weg."

Verwirrt entspannte ich mich etwas, ,,Das ist er doch immer, oder nicht?" Ingrid schüttelte ihren Kopf und sah auf den Boden, ehe sie wieder zu mir sah. ,,Seine Sachen sind weg, alles. Er ist gegangen."

Kurz zuckten meine Mundwinkel da ich dachte das es ein Scherz sei, doch als ich Ingrids Miene sah wurde mir der Ernst bewusst. Schluckend schüttelte ich den Kopf, ,,Vielleicht macht er nur einen Ausflug", murmelte ich und im selben Moment wurde mir klar, was er mir gestern Nacht noch zu geflüstert hatte.

Jegliches Blut schien aus mir zu weichen und es fühlte sich so an, als würde ich fallen. Kurz und unsicher holte ich Luft, ,,er kommt nicht wieder, oder?" In Ingrids Blick stand Mitleid und das war Antwort genug.

,,Warum?" Wollte ich wissen, wusste aber das Ingrid wahrscheinlich keine Ahnung hatte. Sie zuckte mit den Schultern. ,,Ich habe ihm von Anfang an nicht getraut und dann ist er jeden Tag auch noch weiß Gott wo hin verschwunden." Überfordert warf sie ihre Arme in die Luft.

Dumpf nickte ich und ließ eine Welle der Enttäuschung über mich ergehen. Zuerst traf es mich im Bauch und ein Übelkeitsgefühl machte sich breit, dann bohrte es sich langsam in mein Herz.

Hastig stand ich auf und stellte meine Tasse zum Spülen weg, ,,ich geh meditieren". Eigentlich wollte ich es fest klingen lassen und so aussehen, als würde es mich nicht groß interessieren, dass er jetzt weg ist, doch meine Stimme verriet mich. Traurig sah Ingrid mich an, doch ich wand mich kopfschüttelnd ab und fing mich in Gehen an zu meditieren.

Nichts funktionierte.

Ich kam einfach nicht zur Ruhe. Meine Gedanken fasten zu jeden einzelnen Moment, den wir zwischen uns hatten und der mir eventuell verraten konnte, wo Deen war und warum er hingegangen sein könnte.

Schließlich blieb ich bei den Typen aus der Schenke und dem gleichen Typen hängen, der neulich hier eingebrochen ist.

Ein komisches Gefühl überkam mich und ich sah mit entschlossenen Blick vor mich. Es musste etwas mit ihm zu tun haben. Deen muss in irgendetwas hineingeraten sein, aber warum hat er mir nichts davon erzählt oder es wenigstens mal erwähnt. Er hat mir ja nicht einmal gesagt, wo er jeden Tag hingeht.

Zweifel überkamen mich und ich überlegte, ob ich den Mann mit dem roten wuschel Kopf überhaupt kannte. Kopfschüttelnd wandte ich mich wieder meiner Meditation und nachdem ich mir mehrfach eingeredet hatte, dass er definitiv wiederkommen würde, schaffte ich meine erste Illusion.

Der ganze Tag zog sich schleppend und immer wieder ertappte ich mich dabei, wie ich zur Tür sah in der Hoffnung er würde hindurchgehen und mich angrinsen. Wie aus Reflex flog meine Hand zu der Kette, welche um meinen Hals lag und ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Langsam stand ich auf und lief die hölzerne Treppe hoch zu unseren Zimmern.

Die gesamte Zeit, in der wir hier waren, war ich noch nie in seinem gewesen. Vorsichtig öffnete ich eine Tür etwas weiter hinten im Gang und lugte hinein. Das Zimmer sah fast genauso aus wie meines nur Spiegel verkehrt.

Gegenüber von der Tür war immer noch das Bett, doch hier befand sich auch ein Schrank und ein Tisch. Alles wirkte leer. Das Bett war gemacht worden und es war sauber, zu sauber.

Misstrauisch trat ich weiter herein und begann zu suchen. Wonach genau wusste ich nicht, doch als ich mich nach Minuten oder vielleicht such Stunden erschöpft auf das Bett setzte, wusste ich, dass ich hier nichts finden würde.

Müde ließ ich mich nach hinten sinken und starrte an die Decke. Der Abend gestern in der Küche spielte sich vor meinen Augen ab und meine Hand flog zu der Kette.

Sachte strich ich über das silberne Metall und spürte die Kühle unter meinem Finger. Warum war er gegangen? Wohin war er verschwunden und warum hatte er mir nichts gesagt? Er hatte sich entschuldigt, aber wofür? Und warum gerade jetzt?

Es ergab alles keinen Sinn und mein Kopf begann zu pochen. Hinter meinen Augen drückte es und ich rollte mich auf dem Bett zusammen, während der Kloß in meinem Hals immer dicker wurde. In dieser Position schlief ich ein und wachte kurz darauf wieder auf. Lange hatte ich nicht geschlafen und die Kopfschmerzen wurden immer heftiger.

Sofort versuchte ich zu meditieren, mich zu entspannen und Energie loszuwerden, um wieder zu schlafen, doch es funktionierte nur halb. Langsam entwich mir Energie und floss in eine Illusion. Es war mir in dem Moment egal, was ich erschafft, Hauptsache der Druck ließ nach.

Immer mehr Kraft entwich mir und es fühlte sich so an, als würde man mich ausquetschen. Dann fielen mir meine Augen wieder zu und ich schlief traumlos bis in die Nacht, in der ich schweißgebadet wieder aufwachte.

Keuchend saß ich im Bett und wischte mir über mein Gesicht und meinen Nacken. Hastig stand ich auf und lief ins Bad, um zu duschen. Es war mitten in der Nacht und ich hoffte, Ingrid würde es mir nicht allzu übel neben, doch ich brauchte jetzt einfach etwas Kühles.

Kalt floss das Wasser kurz darauf über meinen Körper und bibbernd hielt ich es aus, bis ich genug hatte und das Bad verließ.

Jetzt ging ich jedoch nicht wieder in sein Zimmer, sondern in meines und zog mir etwas über, ehe ich mich wieder ins Bett legte.

After the NightfallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt