Kapitel 9

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Schritte erklangen und weckten mich gewissermaßen aus meinem dösenden Zustand. Meine Hand suchte nach dem Zaun, an dem ich mich schließlich hochzog.

Ich erkannte ihn an seinem Gang und seiner Haltung. Es war mittlerweile stockdunkel und mehr konnte ich nicht von ihm erkennen, bis er vor mir stand. Ohne etwas zu sagen, wandte ich mich ab und kletterte unter der Koppel durch.

Mein Pferd graste etwas weiter weg, da es jetzt jedoch so dunkel war konnte ich getrost meine Fähigkeiten spielen lassen und war im Nu bei meinem Pferd. Im Sattel klemmte ich die Tasche vorne ein und hielt sie mit einer Hand fest.

Auch Deen hatte sein Pferd gefunden und wir ritten auf dem Schotterweg. Das Geräusch, was die Hufe auf den kleinen Kiesel erzeugten, war das einzige, was man neben den Blättern rauschen und Grillen noch hörte.

Ich spürte Deen Blick auf mir, doch starrte einfach nur gerade aus. Mittlerweile hatte meine Nase zwar aufgehört zu bluten und weder mein Kopf noch meine Rippen schmerzten noch, doch das Blut klebte noch unter meiner Nase, was mich jedoch nicht groß störte.

,,Bea-", begann er schließlich, doch ich schüttelte sofort meinen Kopf. Stille kehrte um uns herum ein, doch in meinem Kopf war es ein einziges lautes Chaos.

Immer wieder sah ich den kalten Blick des Mannes oder den komischen der Verkäuferin. Fragen über Fragen schossen in meinem Kopf herum, auf die ich einfach keine Antwort hatte.

Wir nahmen den gleichen Weg zurück wie hin und ritten gerade wieder Querfeldein als Deen erneut etwas sagte, ,,Du musstest den Dolch benutzen, oder?" Es klang eher wie eine Feststellung, doch ich nickte trotzdem.

Wieder herrschte Stille, die nur vom gelegentlichen knacken eines Astes unterbrochen wurde. Deen ergriff nicht wieder das Wort und in mir brodelte es ziemlich, sodass ich mich zusammenreißen musste ihm nicht irgendetwas an den Kopf zu knallen.

Schließlich kam das Anwesen in Sicht und eine leichte Gänsehaut breitete sich bei dem Anblick auf meinen Armen aus. Dunkel ragten die Dachspitzen in den Himmel und die schwarze Fassade des Hauses wirkte wie ein Eingang zu einer Höhle. Der Art von Höhle aus der du nicht mehr herauskommst.

Die Stalltür quietschte laut, doch niemand war hier. Denkt man. Wenn man es weiß, merkt man, dass doch immer und überall jemand ist, man sie nur nicht sehen kann. Auch wenn die Sonne uns nichts tat, bevorzugen wir immer noch die Dunkelheit der Nacht, doch der Zeiten halber verbrachten die meisten sie drinnen.

Auch heute konnte man schon von außen Leute an den Fenstern vorbei tanzen sehen. Meine Schwester liebte Bälle. Sie veranstaltet sie ständig und jedes Mal waren sie fast noch pompöse als davor. Quietschend öffnete sich die Stalltür und ich stellte mein Pferd ab, bevor ich es mit einem letzten Hals Klopfer in seiner Box alleine ließ. Wie automatisch flog mein Blick zu Deen, doch bevor er es bemerken konnte, floh ich schon fast aus dem Stall.

Mit der Tüte in der Hand ging ich in die Küche und traf dort auf Annelise. Gerade war sie mit Spülen beschäftigt, ließ jedoch alles Geschirr klirrend ins Becken fallen als sie mich sah. ,,Oh Gott Kindchen", rief sie und stürzte auf mich zu, ,,Was ist den passiert?!" Kopfschüttelnd heilt ich ihr grinsend die Tüte hin, ,,Da", lachte ich, ,,alles was auf der Liste stand."

Gerade wollte ich mich abwenden, da hatte sie mir ihre Hände an die Wangen gelegt und drehte mich wieder zurück. Lachend versuchte ich mich wegzugehen dich sie heilt mich eisern fest, ,,Ich heile mich selbst, ist also alles halb so wild." Schnaubend schüttelte sie daraufhin ihren Kopf ließ es jedoch dabei.

Gerade beugte ich mich über ein anderes Waschbecken und hatte den Wasserhan angemacht, als die Küchentür erneut aufging. Deen trat herein, komischerweise wusste ich das ohne aufzusehen, wollte jedoch nicht weiter darüber nachdenken und hielt meine Hände unter das Wasser.

Hinter mir hörte ich wie er zu Annelise trat, knallte mir jedoch mit Schwung Wasser in mein Gesicht und riss mich dadurch selbst aus meiner Starre. Hinter ertönte ein Schlag und ich hörte Annelise leise schimpfen.

Meine Mundwinkel zuckten, doch als ich es merkte schüttelte ich schnell den Kopf und ließ sie wieder fallen. Das Blut war jetzt hoffentlich weg und ich schnappte mir das Handtuch welches Annelise mir hingelegt hatte.

Neugierig sah ich mit wieder trockenem Gesicht zu den beiden. Deen lehnte mit verschränkten Armen am Küchentisch, während Annelise mit erhobenen Finger neben ihm stand und ohne Luft zu holen auf ihn einredete. Dabei tat sie das so leise, das ich nichts verstand.

Wie als hätte er meinen Blick gespürt, hob Deen in dem Moment seinen Kopf und unsere Blicke begegneten sich. Das Problem war, dass ich ihm nicht mehr entkommen konnte. Wie hypnotisiert starrte ich in seine Augen und nahm nichts mehr im mich herum war.

Langsam stieß er sich vom Tisch ab, schien Annelise nicht mehr zuzuhören und kam mit vorsichtigen Schritten auf mich zu. Sein Blick war dabei unergründbar und irgendwie verletzlich tief. Schluckend wollte ich den Blick abwenden da war es jedoch schon zu spät.

Vor mir blieb er stehen und ich ließ meinen Kopf sinken. Starrte gebannt auf meine dreckigen Schuhe und rief ihre Spitzen aneinander.

,,Du hast da noch Blut", murmelte er und obwohl die Worte sehr leise über seine Lippen kamen und seine Stimme rau war, hörte ich ihn trotzdem. Kurz zuckte ich mit den Schultern und versuchte lässig zu wirken, wie als würde ich nicht gerade angespannt die Luft anhalten und darauf warten was als nächstes passiert.

,,Bea", flüsterte er, doch auch darauf reagierte ich nicht wirklich, sondern wandte eher meinen Kopf noch mehr von ihm ab und drückte mich mehr gehen die Küchenzeile hinter mir. Leicht lehnte er wich nach vorne und berührte mich am Arm. Mein Atem stockte und ich zuckte zusammen als er leicht gegen mich drückte, dann seufzte er jedoch tief und schüttelte den Kopf, ,,Rutsch mal."

Ich zuckte zusammen, bei seiner kalten Stimme, ,,Ich muss an den Schrank." Wie als hätte man mich geschlagen zuckte ich erneut zusammen und wich hastig zur Seite.

Geschockt starrte ich ihn an. Hitze stieg in meine Wangen und meine Hände ballten sich zu Fäusten als ich sein gelangweiltes Gesicht sah und wie er in dem Schrank wühlte.

,,Deen!" Hörte ich Annelise doch ich schüttelte den Kopf und fuhr herum. Eiseskälte hatte sich in mir ausgebreitete und ich könnte mich selbst schlagen. Wie kann man nur so blöd sein. Verzweifelt versuchte ich mein zittern zu unterdrücken und lief zu dem Kasten voller Blutbeutel. Ohne darauf zu gucken schnappte ich mir einen und war im nächsten Moment bei der Tür.

,,Bea!" Rief Annelise mir noch hinterher, da knallte die Tür allerdings schon hinter mir ins Schloss und ich rannte hoch in mein Zimmer.



After the NightfallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt