Kapitel 18

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Unsicher stand ich vor ihr, nachdem ich eine Menge Blut getrunken hatte und Deen sich ohne weiteren Kommentar verabschiedet hatte. Nervös sah ich sie an, doch sie wirkte komplett überzeugt, also nicke ich nur und sie breitetet meine Arme vor mir aus.

,,Du musst dich jetzt konzentrieren und wenn du wieder dieses Gefühl spürst, dann stopfst du es in etwas herein." Mit gerunzelter Stirn sah ich sie an und ließ mich dann langsam auf den Boden gleiten. Seufzend schloss ich meine Augen, klang nicht so schwer. Jedoch herrschte eine noch größere Unruhe in mir. Auch, weil sich Deen nicht wirklich verabschiedetet hatte oder mir eine andere Reaktion gegeben hatte.

Es war als hätte er dort nie neben mir gelegen. Verwirrt schlug ich meine Augen wieder auf. ,,Wie lange habe ich eigentlich geschlafen?" Ingrid sortierte gerade ihre Schränke und drehte sich während sie antwortete nicht zu mir um, trotzdem hörte ich das ,,zwei Tage", laut und deutlich.

Erschrocken sank ich zurück und ließ meine Hände auf meine Knie fallen. ,,Zwei Tage?" Murmelte ich und zog nachdenklich an meiner Lippe. ,,Jap, und der junge Mann wollte dich nicht hergeben." Leise lachte sie und ich sah auf meine Hände, während meine Wangen immer wärmer wurden.

Kopfschüttelnd schloss ich wieder meine Augen und dachte gezielt über Dinge nach, welche im Endeffekt alle zu dem jungen Mann überliefen, welcher mich nicht hergeben wollte. Sein Verhalten gab mir Rätsel auf und dabei war ich eh immer unangenehm in dem Umgang mit anderen Menschen. Deshalb würde ich es ihm nicht einmal übel nehmen, wenn er einfach nicht mehr wiederkommen würde.

Ich meine, komm schon, Vampir und Hexe? Eins von beidem ist schon komisch genug und dann bin ich das nicht einmal gut genug. Jetzt habe ich auch noch zwei Dinge in mir vereint, was anscheinend äußerst selten ist und bin in beidem erbärmlich.

Wobei ich nie gesehen hatte, wie Deen rennt. Abrupt spannte ich mich an und runzelte die Stirn. Ich hatte ihn auch nie Blut trinken sehen. Überfordert schüttelte ich den Kopf und versuchte mich wieder zu entspannen. Manche mochten es halt nicht vor jemand anderem Blut zu trinken. Die Reaktionen fielen dabei immer unterschiedlich auf.

Bei mir war es meistens eine kleine Reaktion, bei der meine Zähne herauskamen. Doch bei anderen löste es richtigen Genuss und Wohlbefinden aus und bei einigen wechselten ihre Augen auch ihre Farbe.

Meine machten das tatsächlich nicht wirklich. Sie waren und blieben immer schwarz, wurden aber manchmal dunkler, was ich nur wusste, da ich als Kind einmal paranoid in den Spiegel gestarrt hatte, da es eine Theorie gab, dass Vampire sich dort nicht sehen konnte.

Das war völliger Schwachsinn, versetzte mich als kleines Kind jedoch sehr in Panik. Wir konnten auch in die Sonne, da wir mit dem Blut Vitamin D zu uns nahmen und es so möglich war. Würden wir damit aufhören, wären wir nicht nur schwächer, sondern hätten auch kein Vitamin D mehr im Körper und die Sonne würde uns, trotz schneller Regeneration, töten.

Die Menschen erfanden immer wieder Mythen über uns, was meistens die Hexen oder Werwölfe in Gang brachten, wenn sie mal wieder wütend auf uns waren. Ein paar Kämpfe gab es auch schon, weshalb eine Mischung aus Hexe und Vampir auch so selten und gefürchtet war.

Frustriert versuchte ich meine Gedanken umzulenken und dachte wieder an Deen. Einfach nur an ihn und sein Gesicht. Seine Sommersprossen und peinlicherweise auch an seine Lippen. Es begann mich ungemein zu beruhigen, vor allem als ich über das Gefühl nachdachte, welches sein Arm um meiner Hüfte auslöste oder wenn er mich mehr an seinen Körper heranzog.

Wieder begann sich dieses Gefühl in mir auszubreiten. Mir wurde warm und ich fühlte mich irgendwie geborgen. Ingrids Worte begannen mir einzufallen und das erste an das ich dachte, war eine Blume. Gleichzeitig mit dem Gedanken versuchte ich mich weiter zu entspannen und die Blume immer weiter ins Detail zu beschreiben.

,,Genau so", flüsterte plötzlich jemand und ich schlug langsam meine Augen auf. Vor mir auf meiner Hand thronte eine kleine Blume in einem Topf. Ihre blauen Blätter wiegten sich hin und her und ihre grünen Blättchen richteten sich leicht auf.

Immer mehr begann sie sichtbarer zu werden, es lag jedoch immer noch ein Schein um sie herum, welcher aber mit der Zeit dünner wurde. Fasziniert starrte ich die Blume an und sah dann fragend zu Ingrid, die vor mir stand. Nickend sah sie grübelnd auf mich herunter, ,,Also Illusionen." Damit drehte sie sich herum und ging zu ihrem, wieder intakten, Regal voller Bücher.

Die nächsten Stunden verbrachte ich damit, Wälzer über die Kunst der Illusion auf dem Sofa zu lesen und musste dabei meine Meditation und somit auch die Blume aufrechterhalten. Schon zu Beginn hatte ich angefangen zu schwitzen und mittlerweile zitterte ich auch, was Ingrid jedoch nicht zu interessieren schien.

Sie war vorne in ihren Laden gegangen und meinte, ich solle erst aufhören, wenn sie wieder da war. Also machte ich weiter, konzentrierte mich auf die Wörter vor mir und stellte mir vor, ich würde es jemanden mit wunderschönen Sommersprossen vorlesen. Dann kam sie wieder und wir aßen, wobei sie mir danach sofort wieder den Auftrag gab zu lesen und zu meditieren, damit so etwas wie vor zwei Tagen nie wieder passierte.

Die Gefühle durften nicht die Oberhand gewinnen. Ich musste immer mehr macht behalten über mich, als sie. Diesmal musste ich es allerdings so lange machen, bis ich einschlief. Müde machte ich mich an die Arbeit, mit dem Gedanken, dass es nicht so lange dauern konnte.

Ich behielt recht und driftete nach einiger Zeit in die Dunkelheit, aus der ich mit einem Knall wieder erwachte. Um mich herum war es dunkel, nur ein kleiner Luftzug trieb durch den Raum und ich hörte wie jemand den Flur entlangkam.

Erschöpft rappelte ich mich von dem Sofa auf und rieb mir über meine plattgedrückte Wange, an der garantiert noch Spuren von meinem Sabber zu sehen waren. In dem Moment trat jemand in das Zimmer herein und ich erhob mich langsam, um Deen zu begrüßen.

Dieser stand dort einfach still im dunklen Türrahmen und ließ mich somit nichts erkennen. Verwirrt taumelte ich ihm leicht entgegen und rieb mir über die Augen. ,,Wo warst du?" Es war eine Art Standardfrage geworden und er beantwortete sie nie, womit jetzt eine leichte Ironie in meiner Stimme mit schwang.

Deen gab nicht mal ein Geräusch von sich, sodass ich verwirrt in sein Gesicht sah. Dunkel sah ich es darin schimmern und trat erschrocken noch näher. ,,Ist das Blut?" Rief ich entsetzte aus und streckte meine Hand in Richtung sein Gesicht, als er zurückzuckte.

Leicht nickte er und wischte sich über die Wange, ,,Aber nicht meins." Seine Stimme war leise und er klang sehr erschöpft, jedoch nicht müde. Nickend wich ich mit einem schmerzenden Gefühl in mir zurück.

,,Hast du Hunger?" Flüsterte ich und sah auf meine Hände, welche ich in mein Oberteil verknotet hatte. Er brummte kurz und ich sah das als eine Zustimmung, weshalb ich in die Küche marschierte. Hinter mir hörte ich seine mir folgenden Fußschritte und begann in der Küche alles herauszusuchen.

Deen sah ich aus dem Augenwinkel, sich mit verschränkten Armen an den Tisch lehnen, während ich mich nicht traute mich richtig umzudrehen. Nervös rührte ich alles zusammen und während ich den Pfannkuchenteig in der Pfanne brutzeln ließ, zupfte ich unruhig an meiner Lippe herum.

Plötzlich spürte ich, wie jemand hinter mich trat. Wärme umgab mich, als Deen sich mit einem Arm dicht neben mir an die Küchenzeile anlehnte und mir beim Backen zusah. ,,Hat Annelise es dir gezeigt?" Hauchte er leise und ich schluckte bei ihrem Namen, nickte jedoch. Ihre Pfannkuchen waren eine Nummer für sich und ich aß sie jedes Mal, wie als wäre es das erste Mal.

,,Aber niemand wird jemals an ihre herankommen." Stellte, ich, mit leichtem stolz für Annelise in meiner Stimme, fest. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie er nickte. Eine angenehme Ruhe kehrte ein, während wir den Pfannkuchen dabei zu sahen, wie sie in der Pfanne brutzelten.

Plötzlich streckte sich eine Hand an mir vorbei zu dem Teller mit den fertigen Pfannkuchen. Empört schlug ich darauf und sah ihn böse an, ,,nicht naschen." Grinsend sah er zu mir herunter und trat noch näher an mich heran.

After the NightfallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt