Kapitel 31

5 1 1
                                    

,,Wie kannst du nur", meine Worte waren leise, fast nur ein Flüstern, doch er verstand sie, da war ich mir sicher. Unser Blickkontakt wurde jedoch unterbrochen von etwas, was mich in die Seite traf. Wütend zischte ich auf und ich starrte wütend in die Reihen. Um mich herum hatten sie einen Kreis gebildet. Ich tippte auf an die zwanzig und sie alle waren Vampirjäger. Genau wie er. Jetzt ergab alles einen Sinn. Wo er andauernd war, warum er solche Stimmungsschwankungen hatte. 

Mein Sichtfeld verschwamm und in mir verbündeten sich alle meine Gefühle, schossen durch mich hindurch und auf meine Gegner zu. Es war mir egal, wen ich traf oder was sie jetzt sahen. Es war mir egal, ob ich ihn traf und es war mir auch egal, dass Ingrid es mir ausdrücklich untersagt hatte dies zu tun. 

Schreie ertönten um mich herum und ich öffnete zufrieden die Augen, als etwas auf mich zuflog. Meine Reaktionen waren durch die pochenden Kopfschmerzen, welche sich in mir breit machten, gedämpft und ich schaffte es nicht mehr rechtzeitig auszuweichen. Hart traf mich der Bolzen in den Bauch und ließ mich zurücktaumeln. 

In mir spürte ich meine Knochen brechen und beugte mich hustend nach vorne. Blut tropfte aus meinem Mund und ich hob wütend den Blick. Meine Illusionen waren durch den Bolzen unterbrochen worden und in den Augen aller um mich herum, sah ich Siegessicherheit. Meine Mundwinkel zogen sich nach oben und ich begann meine Hände wellenartig zu bewegen. 

Langsam richtete ich mich auf und schloss die Augen, während ich begann, in ihren Geist einzudringen. ,,Sie dringt in euren Geist ein", schrie einer, ,,lasst euch nicht von den Illusionen beeinflussen, sie sind nicht real!" schrei ein anderer. Mein Herz begann noch mehr zu zerreißen, während mir immer bewusst wurde, was hier lief. Eine Träne lief aus meinem Augenwinkel und auf diesen kurzen Moment der Schwäche schienen zu gewartet zu haben. 

Etwas flog auf mich zu und ich wurde zu Boden gerissen. Wimmernd wälzte ich mich herum und fasste nach dem etwas, was mich zu Boden rückte. Sieges Schreie ertönten um mich herum. Sie hatten ein Netz über mich geworfen. Tränen der Verzweiflung entwichen mir, das kann doch nicht sein. 

Das kann nicht sein! Nicht so. 

Entschlossen kniff ich die Augen zusammen und erfasste das Bewusstsein aller um mich herum. Meine Mundwinkel zuckten als ich ihre Hoffnung und Erleichterung spürte. Hart packte ich danach und im nächsten Moment flog das Netz nach oben. 

Die Schreie verstummten und es wurde still, als ich mich wieder aufrichtete. ,,Dachtet ihr", ich grinste, ,,dachtet ihr echt, das wird so einfach?" Kichernd schüttelte ich den Kopf und wischte mit der Hand durch die Luft. Es wurde komplett dunkel. 

Um mich herum entstand murmeln, ängstliches, verzweifeltes und dann schrie jemand. Immer mehr schrien auf und ich begann zu lachen, als jemand seinen Namen schrie. Heftig zuckte ich zusammen und fuhr herum. Dort stand er, direkt in meinem Blickfeld und sah mich an. 

Meine Haare klebten mir im Gesicht und das Blut war um meinen Mund getrocknet, während neues aus meinem Bauch lief. Traurig sah ich ihn an und taumelte auf ihn zu. Eine Welle der Erschöpfung erfasste mich, als jemand erneut seinen Namen schrie. Unsere beiden Köpfe zuckten zur Seite, wo ein Mann stand. Es war derselbe Mann, welcher in Ingrids Haus eingebrochen war. 

Eindringlich sah er ihn an und wies mit seinem Blick auf mich. Es war wie eine stumme Konversation, die sie führten, während meine Illusionen ihm nichts anzuhaben schienen. Wütend richtete ich mich auf und wies mit meiner Hand auf ihn, um meine Illusionen zu verstärken. Schweiß trat auf seine Stirn, doch er nahm nicht den Blick von Deen. 

Jetzt richtete sich auch meiner auf ihn und ich ließ langsam meine Hand sinken. Zerrissen sah er mich an, doch ich erkannte auch die tiefe Entschlossenheit in ihm. Sie war schon immer dort gewesen. Schon damals als wir auf der Mauer bei dem Geburtstag meiner Geschwister oder eher Halbgeschwister saßen und er mir eine Mythe über die Sterne erzählt hatte. Schon da wusste er, was eines Tages passieren würde. 

Und trotz dessen sah er jetzt zerrissen zwischen uns beiden hin und her. Mein Blick flog zu dem Mann und auch er schien es zu sehen. Schnauben wand er sich von Deen ab und richtete seinen Blick auf mich. Unsere Blicke trafen sich, als er langsam auf mich zukam. Unterbewusst hatte ich Deen von allen meinen Illusionen ausgeschlossen, darin war ich jedoch extrem ungeübt, sodass ich einen kleinen Bereich um ihn herum eben so von meinen Illusionen befreit hatte. In diesem standen wir nun und der Mann kam immer näher. 

Wie in Trance sah ich ihm dabei zu, wie er etwas hinter seinem Rücken hervorzog. Wut brodelte in seinem Blick und ich stolperte zurück, als mir klar wurde, was gleich passierte. Mein Blick fiel auf das Schwert in seinen Händen und ich blieb stehen. Gegen ihn kam ich nicht an. Ruhig richtete sich mein Blick auf Deen, welcher uns geschockt anstarrte. 

Wenn ich jetzt eine Illusion machte, wurde Deen ebenfalls davon getroffen. Ich wusste, wie schlimm die Illusionen sein konnte, denn neben uns erklangen immer noch Schreie. Diese schienen den Mann vor mir nur noch mehr anzuspornen und als ich wieder zu ihm sah, war er knapp vor mir. Welch Ironie, dass ich mich eben noch von meiner Mutter und Annelise verabschiedet hatte. 

Ein humorloses Lächeln trat auf meine Lippen, als er dicht vor mir stand und mit dem Schwert ausholte. 

Mit einer letzten Handbewegung ließ ich alle Illusionen um uns herum zerfallen und wartete auf den finalen Schlag, auf das Gefühl, wenn mein Kopf von meinen Schultern rollte oder sich die Spitze in mich bohrte. Stattdessen zerriss ein Klirren die Nacht und ich riss meine Augen auf. 

Vor mir hatte sich ein Rücken aufgebaut und ich stolperte erschrocken nach hinten. ,,Deen?" Flüsterte ich verwirrt, doch er drehte sich nicht zu mir herum, sondern preschte nach vorne. Dann sah ich das Schwert in seiner Hand und die Entschlossenheit in seinem Blick. Dieselbe, die nun auch in den Augen des anderen Mannes trat. 

Weiter konnte ich ihnen allerdings nicht zusehen, denn da alle Illusionen jetzt weg waren, waren alle wieder Herr ihres eigenen Geistes und ich wurde prompt angegriffen. Jetzt stand ich jedoch nicht mehr alleine auf dem Feld und das ließ alle Erschöpfung verschwinden. 

Zwar hatte ich keine Waffen, doch nach einer Weile verstand ich, dass meine Illusionen gepaart mit dem Nahkampf Waffe genug waren. Zuerst schoss ich nach vorne und täuschte einen Angriff an, dann ließ ich eine Illusion darüber entstehen, dass sie mich getroffen hatten und drehte ihnen dann den Hals um. 

Immer mehr griffen mich gleichzeitig an und ich befand mich in einem Rausch, bis ich plötzlich ein gurgelndes Geräusch hörte. Erschrocken fuhr ich herum und erstarrte bei dem Anblick vor mir. Deen hatte verloren. 

,,Nein", flüsterte ich und sah wie der andere Mann mit einem flatsch Ton sein Schwert aus Deen zog. ,,Nein!" Brüllte ich und breitete meine Arme aus, während ich auf ihn zu rannte. Diesmal traf die Dunkelheit jeden, der noch lebte, ohne Ausnahme. 

Vor Deen fiel ich auf die Knie und rüttelte ihn, ,,Deen!" Schrie ich und schlug ihm gegen die Wange, ,,nein, nein, nein!" Flüsterte ich immer wieder, während seine Augen flackerten, ,,Komm schon!" Ein leises Keuchen entwich ihm, als ich meine Hände auf seine Wunde im Bauch presste und verzweifelt den Kopf schüttelte. 

Seine Augen gingen flackernd auf, ,,Bea", hauchte er und ich sah überfordert von seiner Wunde hoch in sein Gesicht, ,,Es tut mir so leid", murmelte er, wobei er seinen Mund nicht mehr richtig aufbekam und seine Augen immer wieder zufielen. Kopfschüttelnd schluchzte ich auf, ,,nein, ich hasse dich doch." Flüsterte ich und langsam bogen sich seine Mundwinkel nach oben, ,,das ist gut", blinzelnd öffnete er seine Augen einen Spaltbreit, ,,wehe mein Stern fällt herunter." 

Das entlockte mir einen wimmernden Lacher und ich beugte mich nach vorne zu ihm. Vor lauter Tränen erkannte ich nichts mehr, doch ich wischte sie eilig weg, wobei ich sein Blut überall hin schmierte, ,,mir wäre es lieber, wenn du erstmal keinen bekommst." Leicht lächelte er und ein Huster erschütterte ihn, wobei immer mehr Blut aus seinem Mundwinkel lief. 

,,Vergiss nicht", flüsterte er und sah mich an, während sein Atem immer rasselnder ging, ,,am besten siehst du sie, nach der Dämmerung."

After the NightfallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt