Kapitel 19

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Mein Atem stockte und ich starrte zu ihm hoch, während er immer näher kam. Schließlich stand er so dicht vor mir, sodass ich seinen Atem über mein Gesicht streichen spürte, was dazu führte, dass meiner ins Stocken geriet.

Leicht legte sich seine Hand an meine Wange. ,,Wer will mich davon abhalten?" Grinste er und es wurde nur noch größer, als ich mit einem verwirrten "Hm?" antwortete. Etwas blitze in seinen Augen auf und ich sah fasziniert zu seinen Grübchen. Sein Finger strich leicht über meine Wange und meine Knie wurden immer weicher. Unauffällig hielt ich mich an der Küchenzeile hinter mir fest, sah währenddessen jedoch immer noch in sein Gesicht.

Dann, mit einem Mal, hielt er sich etwas an den Mund und biss genüsslich rein. Empört klappte mein Mund auf und ich fuhr herum zu dem Stapel an Pfannkuchen, welcher auf einem Teller neben mir lag. Einer fehlte definitiv. Mit offenem Mund drehte ich mich wieder zu ihm herum und schlug ihm auf die Brust.

Rau lachte er los, während er weiter den Pfannkuchen aß und ich drehte mich beleidigt zu meinem etwas zu braun gewordenen Pfannkuchen hinter mir um. ,,Die sind echt lecker", murmelte er, doch ich ignorierte ihn und goss den nächsten in die Pfanne.

,,Ignorierst du mich?" Ohne es kontrollieren zu können, zuckten meine Mundwinkel bei seiner gespielt empörten Stimmlage nach oben. Ich drückte sie jedoch schnell wieder herunter und drehte mich demonstrativ von ihm weg. Hinter mir hörte ich ihn leise auflachen, als ich ihn auch schon dicht an mir spürte.

,,Fehler", brummte er und eine leichte Gänsehaut fuhr bei seiner dunklen Stimme über meinen Nacken. Schulterzuckend versuchte ich lässig zu wirken und widmete mich ohne ihn weiter zu beachten dem nächsten Pfannkuchen. ,,Bea", raunte er tief und in seiner Stimme klang etwas Bettelndes, was mich nun doch grinsen ließ.

Leicht lachend drehte ich mich zu ihm und sah zu ihm hoch. Eine Gänsehaut überzog meine Arme, als ich ihn hinter mir stehen sah. Seine Arme hatte er seitlich neben mir und er war in Dunkelheit gehüllt. Glucksend griff ich neben mich nach dem zweiten Pfannkuchen, rollte ihn zusammen und hielt ihn hoch.

Leise machte ich Flugzeuggeräusche und flog mit dem Pfannkuchen auf ihn zu. Bereitwillig machte er den Mund auf und ich tätschelte ihm stolz seine Wange, dann legte ich den letzten Pfannkuchen auf den Haufen und schlüpfte samt Teller voller Pfannkuchen unter seinen Armen durch.

Vorsichtig stellte ich ihn auf dem Tisch ab und holte Teller, danach suchte ich den Sirup und wurde tatsächlich auch fündig. Stolz hielt ich es in die Luft und lief zum Tisch, an dem er schon saß.

Messer und Gabel brauchten wir nicht und nach einem kurzen Nicken meiner seits stürzte er sich auf die Pfannkuchen. Es herrschte gemütliches Schweigen während wir aßen und ich versank vollkommen in meinen Gedanken, weshalb ich auch nicht merkte, als er sich zurücklehnte und aufhörte zu essen.

Schließlich spürte ich seinen Blick auf mir und sah zu ihm. Das Mondlicht spendete durch die Küchenfenster genug Licht, sodass ich ihn mittlerweile perfekt sehen konnte. Nachdenklich betrachtete er mich und schien vollkommen in Gedanken versunken zu sein.

,,Deen?" Blinzelnd sah er mich an und ich lächelte leicht. ,,Ich-also", verkrampft sah ich auf meine Hand und ohne ein weiteres Wort ließ ich mich einfach zurück in das Gefühl der Meditation fallen. Kurz darauf strömte wieder das mir nun bekannte Gefühl der Wärme durch mich hindurch und auf meiner Hand formte sich langsam eine Blume.

Sie wurde immer größer und ich begann immer mehr Details hinzuzufügen. Stolz blickte ich auf die fertige Illusion in meinen Händen und richtete ängstlich meinen Blick zu ihm. Seine Miene war steinhart geworden und in seinen Augen stand keine Emotion.

Erschrocken zuckte ich zurück und murmelte eine Entschuldigung, während ich langsam die Illusion auflöste. ,,Die Blume hattest du in deinem Garten stehen. Ich mochte sie am liebsten." Gegen Ende wurde ich immer leiser, bis meine Stimme nur noch ein Flüstern war.

Ohne hochzusehen, stand ich auf und begann unsere Teller wegzuräumen. Von ihm kam währenddessen kein einziger Laut, bis ich plötzlich hörte, wie er seinen Stuhl zurückschob. Ein Schmerz breitete sich in mir aus, doch ich konzentrierte mich auf das Abwaschen der Teller als er zu mir trat.

,,Mach es nochmal." Seine Stimme war leise. ,,Bitte", hängte er hinten dran und ich erstarrte. Langsam drehte ich mich um, sah jedoch auf meine Hände und streckte meine rechte Handfläche zwischen uns aus.

Immer heller wurde die Illusion, bis schließlich die gleiche Blume wie eben auf meiner Hand erschien. Stille herrschte zwischen uns und ich wagte es kaum zu atmen, während ich die Illusion aufrechterhielt. Ein leichter Schauer überkam mich wegen seiner Nähe und gleichzeitig begann die Blume zu flackern.

Deen gluckste und trat näher an mich. Die Blume flackerte genauso wie mein Herz noch mehr, was ihn wieder ein Lachen entlockte. ,,Sie ist wunderschön", hauchte er schließlich und ich schloss meine Augen, genoss das Gefühl, welches seine Worte in mir auslösten und stellte mir mehr und mehr Blumen vor.

Leicht lächelnd öffnete ich wieder meine Augen und sah den Strauß in meinen Händen an. Auch Deen lachte, ,,Für mich?" Leicht nickte ich und wurde rot. ,,Illusion", brachte ich nur hervor und kniff meine Lippen zusammen. Seine Nähe machte mich mehr als nervös gerade.

,,Ich mag sie trotzdem", flüsterte er und ich spürte, wie er eine meiner wirren Strähnen zwischen seine Finger nahm und sie entlangstrich, ,,auch wenn ich sie nicht haben kann."

Verwirrt hob ich zum ersten Mal den Kopf wegen der Zweideutigkeit, mit der er das gesagt hatte, sah jedoch nur noch seinen Rücken. Kurz überlegte ich ihn zurückzuhalten, doch da war er schon weg und ich hörte wie er die Treppe hoch lief.

Seufzend lehnte ich mich gehen die Küchenzeile und sah auf die Blumen herunter. Langsam strich ich darüber und mit jedem Finger strich ließ ich sie mehr und mehr verschwinden. Müdigkeit machte sich in mir bemerkbar und ich ging gähnend hinauf und ebenfalls die Treppe hoch in mein Zimmer.

In den nächsten Tagen sah ich ihn nur noch selten. Es war wie als würde er mir einfach aus dem Weg gehen und ich ließ ihn, denn wo nahm ich mir das Recht her. Außerdem wollte ich uns beiden unangenehme Situationen ersparen.

Mittlerweile war aus meinem Blumenstrauß erst ein Blumenkasten, dann mehrere und schließlich eine kleine Wiese geworden. Gerade baute ich meine Illusion um mich herum auf und hatte unglaublichen Spaß dabei.

Ich begann süchtig nach dem Gefühl zu werden, welches sich in mir ausbreitete, wann immer ich diese Macht einsetzte. Ingrid sah nur ab und zu nach mir und auch nur grob im Vorbeigehen. Sie hatte anscheinend viel zu tun.

Bald war die Beerdigung von Annelise und ich wusste nicht, ob ich hin konnte. Nicht weil ich nicht wollte oder nicht bereit war, sondern weil Ingrid es als zu gefährlich erklärte. In der darauffolgenden Nacht weinte ich viel und es schien als würden meine Tränen kein Ende mehr nehmen, genauso wie dieses Leben, welches ich verdammt war zu leben.

Vampire wurden älter, viel älter und langsam begann ich diesen Aspekt zu hassen.

After the NightfallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt