Kapitel 23

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,,Und dieser Mann hat das Ding gesucht?" Nickend klappte Deen die staubige Leiter von der Decke herunter und stellte sie auf dem Boden ab. Ehrfürchtig sah ich auf das Fernglas in meiner Hand hinunter und betrachtete es erneut. Klar wusste ich, was es war und wozu man es benutze, doch ich hatte nur davon gelesen und nie eines gesehen, geschweige den an seine Funktionen geglaubt.

Oft dachte ich nur, dass die Menschen übertreiben würden, wen sie davon sprachen, doch laut Deen kann man damit wirklich Sterne sehen. Leider musste man natürlich warten, bis es Dunkel war, was wir auch getan hatten. Nachdem er es mir gegeben hatte, hatten wir Ingrid so gut wir konnten geholfen und ich hatte ihn noch dreimal erzählt, was passiert war und wie genau alles abgelaufen ist.

Vorfreudig sah ich wieder zu Deen, welcher vor mir auf dem Dachboden stand und gerade die Leiter zum Dach vom Staub befreit hatte. Ingrid hatte gemeint, dass das Nachbarhaus eigentlich nur noch eine Ruine ist und man davon aus perfekt die Sterne sehen könnte. Allerdings gab es keinen wirklichen Weg hinein, da einige Teile vor Jahren eingestürzt sind, was es wiederum für uns perfekt machte, da wir dort ungestört sein konnte.

Das wiederum ließ mein Herz schneller pochen und ich sah mit warmen Wangen auf Deens Rücken. Mittlerweile hatte er begleitet von einigen Niesern die Treppe getestet und von Kleintieren befreit, sodass wir sie besteigen konnte.

Kurz sah er zu mir und als ich schnell nickte, drehte er sich wieder um und stieg die Treppe hoch. Ich war direkt hinter ihm, musste jedoch mit einer Hand klettern, da ich mit der anderen das Fernglas festhielt. Man konnte das Fernglas auch wieder zusammenklappen, und zwar so weit, dass man es unauffällig immer bei sich tragen konnte.

Deshalb war es auch so schwer zu bekommen und deshalb war der Mann auch wahrscheinlich bei Ingrid eingebrochen, weil er wusste das Deen dort war. Das ließ mich und Ingrid aufhorchen und Ingrid begann ihn auszufragen, wo er die ganze Zeit sich rumtreiben würde. Am Ende lief es auf eine Predigt von Ingrid hinaus, wie gefährlich sein Tun für mich und sie alle war.

Deen hatte darauf kaum reagiert, nur leicht das Gesicht verzogen, als mein Name fiel. Sofort hatte ich versucht Ingrid zu beschwichtigen und versuchte ihr zu erklären, dass Deen es bestimmt nicht so gesehen hatte. Daraufhin war dieser aufgesprungen und die Treppe hinauf in sein Zimmer verschwunden.

Perplex hatten wir ihm beide hinterher gestarrt und bis ich mich seufzend und geknickt auch auf mein Zimmer begeben hatte. Der ganze Tag hatte mich müde gemacht, sodass ich glich, eingeschlafen war, bis Deen plötzlich an meine Tür geklopft hatte und mich auf den Dachboden geschleift hatte.

Ein Schwall kalter Luft traf mich in dem Moment und ich schloss genießerisch die Augen, denn auf dem Dachboden war die Luft mehr als stickig gewesen. Deen verschwand durch die nun offene Luke und ich folgte ihm hastig, als ich es merkte.

Vorsichtig lugte ich auf das Dach und ich hielt die Luft an. Es war wunderschön. Über uns breitete sich der Sternenhimmel aus, welcher von keiner einzigen Wolke unterbrochen wurde und vor uns lag das Dorf mit seinen kleinen Laternen und kaum Lichtern, denn es war mitten in der Nacht.

Begeistert stieg ich aus der Luke und sah mich um, dabei spürte ich wie Deen leicht seine Hand um meinen Arm legte und mich festhielt, damit ich nicht aus Versehen in meiner Begeisterung nach vorne trat. ,,Wow", hauchte ich und zog alles in mich auf.

Neben mir nickte Deen und für einige Momente standen wir dort einfach nebeneinander in angenehmer Stille auf dem Dach und genossen den Ausblick. ,,Komm", hauchte Deen nach einer Zeit und zog leicht an meinem Arm. Vorsichtig liefen wir über die relativ breite Dachkante rüber zum Ende des Dachs.

Vor uns erschien das Nachbarhaus, oder eher was davon noch übrig war, denn es hatte kein Dach oder jegliche Inneneinrichtung mehr. Auch einige Wände waren weg, bis auf die Außenwände hin zum Dorf und zur rechten Seite. Da wir aber von links kamen, konnten wir bequem rüberspringen.

Deen nahm mir vorsichtig die Sachen aus der Hand und sprang einfach so rüber. Dort legte er die Sachen erst einmal auf einen größeren Stein ab. Zweifelnd sah ich zu ihm und er nickte mir aufmunternd zu.

Nickend erwiderte ich es und trat einige Schritte zurück. Kurz holte ich Luft und lief dann ohne einen weiteren Gedanken, welcher mich aufgehalten hätte, los. Beim Springen streckte ich die Arme nach vorne, um mich beim Aufprall abzufangen, doch das war gar nicht nötig, da ich im nächsten Moment auch schon gegen jemanden flog.

Leicht stolperte er zurück, schloss jedoch seine Arme um mich und machte nicht den Anschein als wolle er mich wieder loslassen. Kichernd hob ich den Kopf und wollte mich gerade darüber lustig machen, als ich seinen Blick sah. Meine Worte blieben mir in meinem Hals stecken und ich starrte einfach nur mit offenem Mund zu ihm auf.

Der Mond, welcher ebenfalls den Himmel hell erstrahlte und es uns überhaupt möglich machte hier herumzulaufen, strahlte seitlich an sein Gesicht. Silbern hob er dabei die kleinen Punkte auf seiner Nase hervor und verhalf ihm zu einer verwunschenen Ausstrahlung. Fasziniert hob ich die Hand und fuhr leicht über seine Nase. Dabei spürte ich, wie er stockend die Luft anhielt und sich sein Körper unter meinen vorsichtigen Berührungen anspannte.

Das hielt mich jedoch nicht davon ab, weiter seine Konturen nachzufahren. Schließlich war ich bei seinem Mund angekommen. In meinem Kopf herrschte Ruhe. Ich sah nur seine, vom Mond angeleuchteten, vollen Lippen vor mir und begann sie leicht nachzufahren. Dabei öffneten sie sich und er atmete leise aus. Sanft fuhr sein Atem über meine Finger und meine Stirn und riss mich aus meiner Trance.

In diesem Moment spürte ich überdeutlich seine Arme um meine Taille geschlungen und die Wärme von seinen Händen ausgehen, welche sich auf meinem Rücken knapp über meinem Hintern befanden. Mir wurde unglaublich warm und ich erstarrte komplett, mit meinem Finger immer noch an seinen Lippen.

Diese begannen sich langsam zu einem Grinsen zu verziehen, als er die Reaktion meines Körpers bemerkte. Niemand sagte etwas, weshalb wir weiter einfach nur eng aneinander gepresst auf dem kaputten Dach standen und sein Atem meine Stirn strich. Seine entstehenden Grübchen erregten meine Aufmerksamkeit und mir wurde bewusst, dass er sich über mich lustig machte.

Rasch räusperte ich mich und wich nach hinten. Seine Arme gaben mich sofort frei und meine Wange wurden noch röter, als mir klar wurde, dass er mich nicht festgehalten hatte. Ich hätte die ganze Zeit zurückweichen können. Peinlich berührt sah ich überall hin, außer zu ihm. Das wird er mir jetzt die ganze Zeit nachtragen, anders ließ es sein Ego nicht zu.

Erneut räusperte ich mich, murmelte ein leises danke und lief an ihm vorbei zu dem Stein, auf den er das Fernrohr abgelegt hatte. Hinter mir hörte ich ihn erfreut glucksen und als ich mich umdrehte, spürte ich seinen amüsierten Blick auf mir, ignorierte ihn jedoch völlig.

Auch als er zu mir an den Rand er Mauer trat und mir die Sachen aus der Hand nahm, um sie richtig einzustellen. In sein Gesicht legte sich eine Ruhe und Begeisterung, welche mich lächeln ließ. Er schien Sterne wirklich zu lieben. Kurz hielt er sich das Rohr an sein Auge und sah in den Himmel hinauf.

Einzelne Strähnen fielen ihm wieder ins Gesicht und umrandeten sein glückliches Lächeln, welches er hatte, als er das Rohr von seinem Auge nahm und sich zu mir drehte. ,,Hier", flüsterte er und ich senkte schnell den Blick auf seine Hand, da ich mich immer noch nicht traute ihm ins Gesicht zu sehen.

Vorfreude erfüllte mich und ich nahm es ihm vorsichtig aus der Hand. Langsam hob ich es an mein Auge und legte meinen Kopf in den Nacken. ,,Wow", entfuhr es mir sofort und konnte meine Mundwinkel nicht mehr davon abhalten nach oben zu wandern. ,,Das ist der Wahnsinn!" Hauchte ich mit heiserer Stimme und sah von einem Stern zum anderen.

Ich konnte sie wirklich sehen und sie waren wunderschön. Kurz darauf fiel mein Blick auf den Mond und es verschlug mir die Sprache. ,,Woah!" Mein Mund klappte auf und ich umfasste das Rohr mit beiden meinen Händen.

,,Sie sind wunderschön, oder?" Flüsterte jemand dicht neben mir und Lippen streiften dabei mein Ohr. Ein Schauer fuhr über meinen Körper und ich nahm das Rohr von meinem Auge. Glücklich drehte ich mich zu ihm um und strahlte ihn an. Ein Funkeln lag in seinen Augen und wir schienen um die Wette zu strahlen.

,,Sie sind wunderschön", hauchte ich und meine Lippen streiften seine.

After the NightfallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt