Kapitel 29

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,,Sie hat es nicht geschafft." Stellte ich fest, nachdem ich einfach nur vor mich hingestarrt hatte. ,,Ich lebe noch."

Ingrid nickte, ,,Ich habe einen Pakt mit den Vampirjägern geschlossen." Verwirrt sah ich zu ihr, ,,aber sie war doch kein Vampir." Schulterzuckend wank Ingrid ab, ,,Am Ende zur ihm nichts zur Sache. Auf jeden fall garantierten sie mir, dass niemand dich angriff, wenn sie deine Mutter bekamen." Schluckend sah ich nach vorne.

,,Du hast deine beste Freundin verraten." Wieder nickte Ingrid, doch ich verstand es nicht, ,,Aber wieso? Für ein fremdes Kind?"

Ingrid sah mich unsicher an, ,,Manchmal begreife ich mein tun selbst nicht. Damals wusste ich nur, dass du unschuldig warst. Du warst doch nur ein Kind." Murmelte sie in, sah wieder weg. Nickend sah ich nach vorne. Immer wieder wiederholte sich derselbe Satz in meinem Kopf. Deine Mutter wollte dich umbringen.

Meine Mutter wollte mich ihr eigenes Kind ermorden. Übelkeit und Kälte überkam mich, als ich an den Traum dachte, den ich immer wieder hatte und daran wie ihr Kopf auf meine Schulter herabsank, als sie starb.

Gänsehaut überzog meinen Körper und ich krümmte mich zusammen. Alles fühlte ich falsch an und ich stand langsam und wackelig auf. ,,Ich glaube, ich gehe hoch." Auch Ingrid stand auf und sah mich verunsichert an, ,,Ja ruhe dich aus."

Kurz sah es so aus als wolle sie mich in den Arm nehmen, doch da hatte ich mich schon nickend umgedreht und war nach oben verschwunden. Schlafen konnte ich nicht, doch das war egal. Ich wusste einfach nichts mit mir anzufangen und saß stundenlang nur auf meinem Bett.

Mein ganzes Leben lang hatte man mich für den Tod meiner eigenen Mutter verantwortlich gemacht, obwohl eigentlich sie diejenige gewesen war, die meinen Tod wollte. Wut baute sich in mir auf, gepaart, mit Frust und ich wusste einfach nicht wohin damit. Langsam begann es zu viel zu werden.

Seit ich klein war, wollte man meinen Tod und nur, weil meine Mutter verraten wurde, überlebte ich. Damit Jahre später meine engste Vertraute erneut in meinen Armen stirbt und mein einziger Freund mich verlässt.

Langsam rollte etwas meine Wange herunter und ich krümmte mich auf meinem Bett zusammen. Schmerz rollte über mich und ich presste meine Augen und Lippen zusammen, um keinen Ton von mir zugeben.

Ich wollte keine Schwäche zeigen. Seit Deen weg war, hatte ich das Gefühl und die Entschlossenheit bekommen, es ihnen allen zu beweisen. Jetzt hielt ich es jedoch nicht mehr aus. Für einen kurzen Moment ließ ich mich fallen und alles in Form von Tränen raus. 

Es waren viele und für gefühlte Stunden hörten sie nicht auf, bis ich schniefend in einen traumlosen Schlaf fiel.Erschöpft wachte ich am nächsten Tag auf und sofort fiel mir etwas ein. Das Datum. Heute war ihr Todestag.

Mit einem bitteren Geschmack im Mund drehte ich mich herum und blieb liegen. Nicht heute. Ingrid schaute einmal vorbei, doch ich stellte mit schlafend, um den Fragen zu entkommen. Leise verließ sie ohne einen Kommentar wieder den Raum und ließ mich liegen. Dankbarkeit machte sich leicht in meiner Brust breit, wurde jedoch direkt wieder von dem Gefühl eiskalter Wut zerstört.

Gedankenverloren richtete ich meinen Blick an die Decke. Immer weiter überrollte mich Schlaf, bis ich schließlich hörte, wie Ingrid ins Bett ging und sich die Nacht über uns legte.

Etwas in mir wollte immer noch nicht glauben, dass meine Mutter mich töten wollte. Wie lange hatte sie den Plan schon? Hat sie daran gedacht, wenn sie mir Gute Nacht gesagt hatte? Oder wenn sie mit mir gespielt hat? Hat sie es meinem Vater erzählt und warum hat dieser mir nichts erzählt?

All die Jahre sah es für mich wirklich so aus als würde er mich für den Tod seiner Frau und angeblichen Mutter seiner zwei anderen Kinder verantwortlich machen. Das kam auch noch dazu. Die Zwillinge.

So sehr ich sie auch nicht mochte, hatte ich früher meine Kindheit mit ihnen verbracht und als sie eines Tages nichts mehr mit mir zu tun haben wollten, tat es fast genauso sehr weh wie jetzt gerade. Ein Gefühl, als wäre ich unglaublich verraten worden, nagelte mich in mein Bett und das Atmen begann mir schwerer zu fallen.

Aus dem Augenwinkel sah ich die Tür immer näher kommen, während die Decke zu wanken schien und aussah als würde sie gleich fallen. Der Gedanke, dass ich sofort wegrennen musste, raste durch meinen Kopf, doch ich war wie festgefroren.

Mein Körper reagierte einfach nicht mehr und auch meine Lunge schien aufgegeben zu haben. Mein Mund öffnete sich zu einem Schrei, aber nichts kam heraus und etwas lief über meine taube Wange, doch ich spürte nichts.

Alles wiegte hin und her und etwas stieg in meinem Hals hoch, als ich es schaffte mich aufzusetzen. Laut holte ich Luft und riss das Fenster auf, aus dem ich mich sofort herauslehnte und gierig die frische Luft in meine Lunge aufzog.

Mein Haar klebte in meinem Gesicht und ich fasste schwer atmend an die Kette um meinen Hals. Nur langsam kam ich wieder zur Ruhe und schloss langsam die Augen. Immer noch raste mein Herz und ich schluckte schwer, als mich die Übelkeit richtig überholte und ich auf dem Bett stolperte.

Schnell riss ich die Tür auf und rannte in das Bad, wo ich mich über die Klo-Schlüssel beugte und alles erbrach. Einzelne Strähnen hingen nach unten und ich hatte keine Kraft sie zurück zu streichen, erst recht nicht als in meinem Mund ein saurer Geschmack entstand und ich nur noch Magensäure erbrach.

Kurz hing ich noch über der Schüssel, ehe ich mich zurück auf meine Füße lehnte und diese unter mir nachgaben. Zitternd sank ich neben dem Klo zusammen und schlang meine Hände um meine Knie, während ich an die Wand rutschte.

Der Gestank ließ mich aufstehen und spülen, ehe ich mich unter die Dusche stellte und die Kälte mich komplett aufweckte. Hart rubbelte ich mir über meinen Kopf und über meinen Körper, während ich mir etwas schwor.

Ich wollte nie wieder so neben der Klos Schüssel hängen und mich so erbärmlich hilflos und verlassen fühlen wie in meinem Bett heute Morgen. Niemand sollte mich je wieder so verletzten können, wie es bisher alle getan haben.

Entschlossen stieg ich aus der Dusche und lief in mein Zimmer, um mir neue Sachen anzuziehen. Ganz in Schwarz gekleidet, lief ich entschlossen nach unten und in die Küche. Dort trank ich erst einmal Blut und sah nach draußen zum Mond.

Entschlossen nickte ich. Ein letztes Mal werde ich zu ihrem Grab gehen.

After the NightfallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt