Kapitel 9

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Die Tage bis zum Wochenende liefen dahin und auch wenn sie sich nicht sehen konnten, schrieben Magnus und Alec oft miteinander. Meist waren es nur kleine Nichtigkeiten und Smaltalk, aber es machte den Eindruck, dass der Feuerwehrmann langsam auftaute und etwas lockerer wurde. Sie hatten sich für Sonntag Mittag zum Essen verabredet, damit Alec erst noch nach Hause fahren und sich umziehen konnte.
Doch als sie schließlich vor dem Haus standen, stellte der Clubbesitzer fest, dass seine Begleitung scheinbar direkt von der Wache gekommen war. Dieser wiederum rieb sich mit einer Hand über das erschöpft wirkende Gesicht und senkte leicht den Blick.
„Entschuldige Magnus, bitte... bitte sei mir nicht böse. Du bist jetzt extra raus gekommen und... und ich würde wirklich gerne mit dir Essen gehen, aber... wir waren bis vor einer Stunde noch im Einsatz..."
Er seufzte leise. Er hatte sich wirklich darauf gefreut.
„Und du würdest jetzt gerne etwas Ruhe haben?"
Magnus' Stimme war ruhig und sanft. Und auch wenn er es verstehen konnte, musste er doch schwer schlucken als Alec kaum merklich nickte. Mit aufsteigender Enttäuschung ließ er seine Hände sinken und betrachtete den Gehweg vor sich. Endlos scheinende Augenblicke schwiegen beide.
„Vielleicht..."
Alec setzte schließlich zum sprechen an, brach dann aber wieder ab und fuhr sich nervös durch das Haar. Als er verlegen aufschaute, begegnete ihm ein vorsichtiger, fragender Blick, was ihn dazu brachte mit rot werdenden Wangen auf seine Stiefelspitzen zu blicken.
„Ich hab mich gefragt..." fing er leise an „ ob wir vielleicht... was bestellen wollen? Nur wenn du magst natürlich."
Trotz allem konnte Magnus sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen, als er den fast jungenhaften Ausdruck im Gesicht des anderen sah. Dann weiteten sich seine Augen, als das Gesagte in sein Bewusstsein vordrang. Langsam klappte sein Mund auf, doch im ersten Moment kam kein Laut heraus. Erst als Alec seinen Blick wieder langsam und unsicher hob, räusperte er sich leise.
„Was hältst du von indonesisch? Wir können es uns auf meinen Sofa gemütlich machen und... vielleicht Fernsehen. Was sagst du dazu?"
Einer leichtertes Lächeln beantwortete seine Frage. Wieder kribbelte es ihm in den Fingerspitzen und er war versucht über eine dieser herrlich errötenden Wangen zu streicheln. Und wieder unterdrückte er dieses Verlangen. Stattdessen kramte er nach seinen Schlüsseln und öffnete die Tür wieder, durch die er gerade er gekommen war. Er bemühte sich um Zurückhaltung, dennoch konnte er nicht verhindern, dass sein Herz einen Hüpfer machte, als Alec seine Wohnung betrat und sich mit Staunen umsah. Warme Farbtöne, Accessoires und Blickfänger überall. Bilder verschiedenster Stilrichtungen, die dennoch zusammen zu passen schienen – vermutlich von namenlosen Künstlern. Bodenlange Vorhänge an den Fenstern und dicke persisch anmutende Teppiche. In einem Raum konnte Alec deckenhohe Regale erspähen, auf denen sich allerlei Kisten und Kästen stapelten. Er war sich nicht sicher, wie er sich das Appartement vorgestellt hatte. Aber als er sich nun umsah, konnten die Räume ihren Bewohner nicht leugnen. Sie waren warm, freundlich und ein wenig chaotisch. Eben sowie Magnus auch.
„Mach es dir gemütlich." riss dieser ihn aus den Gedanken und deutete auf das große Sofa.
„Magst du was trinken?"
„Cola bitte."
Zögerlich ließ Alec die Jacke von seinen Schultern gleiten und legte sie über den Sessel, ehe er sich setzte. Sein Blick viel auf ein paar gestapelte Kisten.
„Oh, lass dich davon nicht stören. Ich plane demnächst umzuziehen... allerdings weiß ich noch nicht wohin."
Magnus grinste ihn an und reichte ihm ein Glas. Alec hingegen zog bei der Aussage eine Augenbraue hoch.
„Den Gedanken habe ich schon länger, aber es ist nicht so einfach etwas zu finden, dass meinen Erwartungen entspricht."
Seufzend ließ der Asiat sich ebenfalls auf das Sofa sinken und nippte an seinem eigenen Getränk.

Wie geplant hatten sie sich Essen kommen lassen, so dass nun auf dem niedrigen Couchtisch die Schachteln und Dipchen verteilt standen. Da Alec die indonesische Küche noch nicht kannte, hatte Magnus ein Probiermenü zusammen stellen lassen. Natürlich war dieses nicht auf der Karte zu finden, aber man hatte seine Wege und Möglichkeiten. Für Unterhaltung sorgte eine Fantasyserie, die sie auf Netflix rausgesucht hatten.
Nach dem Essen half Alec beim Aufräumen und Abwaschen und dann machten sie es sich wieder auf dem Sofa gemütlich. Sie genossen es einfach beieinander zu sitzen und sich über die Serie zu unterhalten.
„Also, dieses Recht der Überraschung ist schon eine merkwürdige Tradition, oder?" fragte Magnus mit gerunzelte Stirn und den Blick weiter auf den Fernseher gerichtet. Doch er erhielt keine Antwort. Stattdessen hörte er das Rascheln von Stoff und spürte kurz darauf das Gewicht eines Körpers gegen sich sinken und weiches Haar an seiner Wange. Kurz erstarrte er.
„Alexander?"
Langsam drehte er den Kopf und sah direkt in das entspannte Gesicht des anderen. Dieser hatte die Augen geschlossen und ruhte mit der Wange auf Magnus' Schulter.
„Hey Alexander..." flüsterte der kleinere Mann, doch es kam noch immer keine Reaktion und eigentlich wollte er ihn auch nicht wirklich wecken. Alec sah so friedlich und entspannt aus und er genoss diese Nähe ungemein. Vorsichtig strich er dem anderen eine Strähne aus dem Gesicht und lächelte sanft. Magnus hätte ewig so sitzen können und am liebsten hätte er Alec's Kopf auf seinen Schoss gelegt, mit seinen Haaren gespielt und ihn beim Schlafen beobachtet. Doch er wusste nicht wie dieser beim Aufwachen darauf reagieren würde. Er wollte nicht riskieren das zu zerstören, was sie bereits hatten. Also drehte er sich langsam und behutsam und ließ den Kopf des anderen Mannes langsam auf das Polster sinken. Kurz nur stockte er, als er ein leises, verschlafenes Gemurmel hörte. Sich vor das Sofa kniend betrachtete er das Gesicht noch einen Moment verträumt. Irgendjemand hatte ihm mal erzählt, dass es ein Zeichen von Vertrauen wäre in der Gegenwart eines anderen einfach einzuschlafen. Und dieser Gedanke löste in Magnus ein angenehmes, kribbelndes Gefühl aus, dass sich verdächtig nach Schmetterlingen anfühlte. Unbewusst lehnte er sich etwas vor, weit genug, dass er den Atem des anderen auf seinem Gesicht spüren konnte...
Doch dann erstarrte er in der Bewegung, verharrte einen Moment, ehe er die Stirn auf das Polsterkissen fallen ließ und tief durchatmete. Was war nur los mit ihm? Hatte er sich tatsächlich grade einen Kuss von dem ahnungslosen Alec stehlen wollen? Was war er? 15? Er brauchte jetzt definitiv einen Drink. Doch noch bevor er sich diesen genehmigte, holte er aus dem Schlafzimmer eine Wolldecke und legte diese behutsam über den Schlafenden.

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