Kapitel 21

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Reglos stand er da und betrachtete die beiden, einen Moment nur, ehe er sich in einem nahen Hauseingang verbarg. Kurz schloss er seine Augen und lehnte sich gegen die Mauer. Ein ersticktes und gequältes Lachen presste sich aus seiner Kehle, während er in Verzweiflung die Fäuste ballte. Hatte er nicht gerade selbst noch solche Gedanken gehabt?
Magnus hatte etwas besseres verdient, als diese ganze Heimlichtuerei. Er hatte jemanden verdient, der auch in der Öffentlichkeit zu ihm stehen konnte, der ihm offen seine Liebe zeigen konnte. Diese ganze Waldbrandgeschichte hatte es doch deutlich gezeigt. Alec wusste, dass Magnus am Morgen des Abschieds gerne mit zu Wache gekommen wäre, um noch so viel Zeit wie möglich gemeinsam verbringen zu können. Aber er hatte es nicht getan, aus Rücksicht auf den Feuerwehrmann. Und was wäre gewesen, wenn ihm etwas passiert wäre? Wenn er nicht so viel Glück gehabt hätte? Magnus wäre von der Feuerwehr nie informiert worden. Er hätte es erst über Izzy erfahren, oder über Clary, wenn die anderen zurück gewesen wären. Er würde Magnus niemals als seinen Freund, seinen Partner bekannt geben können. Genauso bei der Combat Challenge, nachdem Alec seinen Lauf gehabt hatte. Er hatte gesehen wie gerne Magnus ihn umarmt und richtig gratuliert hätte. Aber auch da hatte er sich zurück gehalten und wieder nur für ihn. Dabei war Magnus jemand, der seine Gefühle auslebte. Er sollte sich nicht zurückhalten müssen. Und Magnus verdiente jemand, der besser zu ihm passte, zu seinem Lebensstil. Jemanden, der nicht so langweilig und trivial war wie er – wie Alec Lightwood.
Wieder lachte er auf. Magnus hatte die ganze Zeit Rücksicht auf ihn genommen und was hatte er getan? Er war mit seinen Problemen zu ihm gerannt, hatte ihn von der Arbeit abgehalten und sich ihm aufgedrängt. Auch wenn Magnus ihn nie in irgendeiner Weise hatte spüren lassen, dass es ihn stören würde, er hätte selbst darauf kommen müssen, selbst darauf achten müssen.

Irgendwann hatte er sich von der Wand gelöst und war einfach losgegangen. Anfangs war es ihm egal wohin oder wo lang, er wollte einfach nur weg, weg von Magnus und dieser Frau. Doch schließlich hatten seine Schritte ihn wieder nach Hause geführt. Fast wie in Trance hatte er die Tür aufgeschlossen, war eingetreten und hatte wieder abgeschlossen. Genauso mechanisch warf er seine Jacke über den Sessel und stieg die Treppe zu seinem Zimmer hinauf. Sein Körper schien ganz genau zu wissen, was er zu tun hatte, wenn der Kopf am Grübeln war. Denn ohne groß darüber nachzudenken tauschte er die Kleidung gegen eine Jogginghose und Handbandagen, ehe er sich wieder auf den Weg die Treppen hinunter zum Trainingsraum machte. Antrainierte Gewohnheit ließ ihn sein Handy mitnehmen, dass er nun eigentlich auf das Sideboard legen wollte. Doch er konnte nicht anders, als noch einmal das Bild des Asiaten aufzurufen. Fast ehrfürchtig strich er mit einem Finger über das lächelnde Gesicht. Einmal mehr wunderte er sich, dass ihm ein geschminkter Mann so sehr gefiel. Er hatte so auffälliges Make-Up immer als abstoßend empfunden, gut er kannte es bisher auch nur von Frauen. Lag es vielleicht einfach nur daran, dass es Magnus war?
Langsam ließ er das Mobiltelefon schließlich sinken. Sein Blick glitt hinüber zum Spiegel, den sie normalerweise zum Hanteltraining benutzten. Er musterte sich selbst und unwillkürlich hatte er wieder das Bild der Frau vor Augen. Sie musste etwa 30 Zentimeter kleiner sein und war deutlich zierlicher gebaut. Sie war hübsch, das musste er zugeben und die beiden hatten gut zusammen ausgesehen. Kurz versuchte er sich vorzustellen, wie er wohl mit Make-Up aussehen würde. Doch diesen Gedanken schüttelte er wieder ab. Er war nicht halb so elegant und gutaussehend wie Magnus oder seine Freundin. Er war einfach nichts besonderes und geradezu langweilig.
Schnaubend wandte er sich ab, als er Wut in sich aufsteigen spürte - Wut auf und über sich selbst. Warum tat diese Erkenntnis so weh? Warum nahm ihn das Ganze so mit? Er war doch bisher auch ganz gut ohne eine Beziehung ausgekommen. Oder nicht? Zorn flammte durch seinen Körper, als er anfing auf den Sandsack einzuschlagen. Er hatte es doch von Anfang an gewusst, als er sich für diesen Beruf entschieden hatte. Er hatte gewusst, dass er niemals einen Partner haben würde. Er hatte sich doch damit abgefunden gehabt allein zu bleiben. Aber dann war ER in sein Leben getreten. Magnus... Zum ersten Mal hatte er sich frei gefühlt. Zum ersten Mal hatte er sich geborgen gefühlt. Zum ersten Mal war er nicht nur der große Bruder, sondern konnte auch Mann und Mensch sein... Aber nun war Magnus bei ihr, bei dieser dunkelhaarigen Schönheit.

Feuer und FlammeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt