Kapitel 45

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Sonntag Vormittag an einem warmen Sommertag, zwei Jahre später...


Menschen... viele Menschen... Bei den Engeln, warum hatte er sich dazu überreden lassen?
Tief atmete er durch und versuchte seine innere Unruhe wieder etwas herunter zu fahren. Eigentlich hatte ihn niemand überreden müssen. Viel mehr war es eine Ehre hier sein zu können. Automatisch glitt sein Blick zu der kleinen Namensplakette, die an einem Band um seinem Hals hing.
Captain Vincent Edward Brunton vom Leiterwagen 105...
Um diesen Mann zu Ehren war er hier. Ihn und jedes andere Mitglied der Einsatzkräfte, die im Zuge einer der schrecklichsten Katastrophen in dieser Stadt ihr Leben gelassen hatten. Etliche Jahre waren seitdem vergangen und viel hatte sich seit dem hier getan. Und dennoch verblasste die Erinnerung nur langsam in den Köpfen der Menschen. Besonders in denen, die jemand wichtigen dabei verloren haben - die Mutter, den Vater, den Bruder, die Schwester, die Tochter, den Sohn, den geliebten Partner oder auch einfach nur einen guten Freund oder Kollegen...
Und nun stand er hier, auf Ground Zero, vor dem One World Trade Center, zusammen mit über 400 anderen Ersthelfern aus aller Welt. Sie alle waren hier um am Annual Memorial Stair Climb teilzunehmen. Sie alle waren hier um jene zu Ehren, die an jenem schicksalhaften Tag losgezogen waren um ihre Arbeit zu machen, Menschenleben zu retten und nicht zurückgekehrt waren, oder an den Folgen gestorben waren.
Kurz sah er auf und blickte in das Gesicht seines Bruders, in dem eine ähnliche Wehmut lag, wie er selbst in seinem Herzen spürte.
Doch schließlich riss eine sanfte Berührung an seiner Wange ihn aus seinen schwermütigen Gedanken. Kurz blinzelte er, ehe er seinen Blick auf den Mann richtete, der neben ihm stand und ihn mit leichter Sorge betrachtete.
„Magnus..." flüsterte er zärtlich.
„Alles in Ordnung?"
Leicht und vielleicht auch etwas zögerlich nickte Alec.
„Ja, nur... etwas in Gedanken."
„Kann ich verstehen, aber lass dich nicht zu sehr dadurch runter ziehen. Okay?"
Wieder strich Magnus dem Feuerwehrmann mit dem Handrücken über die Wange, der daraufhin einen Arm um seine Schultern legte und ihn vorsichtig an sich zog. Tief atmete er den so vertrauten Geruch des anderen Mannes ein.
„Wie könnte ich, wenn du hier vor mir stehst."
Federleicht legte er seine Lippen auf die Stirn seines Partners, was diesem die Röte ins Gesicht trieb während er liebevoll lächelte.
„Und... hmm... wie läuft das hier jetzt?" versuchte Magnus die Gedanken in eine etwas andere Richtung zu lenken. Sofort richtete sich Alec wieder etwas mehr auf.
„Im Grunde ist es ganz einfach. Wir starten zeitversetzt in Zweierteams und müssen bis ganz nach oben laufen. Es ist offiziell eigentlich kein Wettkampf aber..." er brach ab und zuckte leicht mit den Schultern.
„Trotzdem wollen alle wissen wer der schnellste ist." führte Magnus Augen rollend aber grinsend fort. So langsam kannte er die Macken der Feuerwehrleute. Egal ob es sich um seinen Freund handelte, dessen Bruder oder irgendein anderer von dessen Kollegen. Sie waren eben einfach... Männer.
„Warum sonst sollte man so etwas auch machen?" mischte sich nun auch Jace ein, der seinen Arm um den schlanken Körper seiner Freundin gelegt hatte.
„Aus Spaß?" erkundigte sich Magnus gespielt skeptisch, was ihm einen komischen Blick einbrachte.
„Hundert Stockwerke aus Spaß? Irgendwie haben wir unterschiedliche Definitionen davon, Bane."
Geschockt weiteten sich die Augen des Asiaten.
„Ach du Sch..."
Unwillkürlich musste Alec kichern.
„Irgendeinen Anreiz braucht man dafür schon."
Stumm und leicht abgehackt nickte Magnus. Er hatte zwar gewusst, dass es ziemlich hoch hinaus gehen würde, das sah man alleine am Gebäude. Aber es so direkt zu hören... Hundert Stockwerke, das waren... was? 300 Höhenmeter? Das war doch Irrsinn. Ihm ging ja schon bei sechs Stockwerken die Puste aus.
Noch bevor irgendjemand was sagen konnte, trat Luke zu ihnen und legte den Brüdern je eine Hand auf die Schulter.
„Euer Start ist in einer halben Stunde. Ihr solltet euch langsam aufwärmen und fertig machen. Simon und Raphael helfen euch gleich beim Anlegen der Ausrüstung."
„Ihr rennt da nicht in voller Montur hoch..." platzte der Asiat entgeistert heraus. Doch die Gesichter der anderen besagten genau das.

Feuer und FlammeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt