Kapitel 15

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„Herondale, Lightwood, schaut doch mal, ob ihr irgendwo Kaffee und was zu beißen aufgetrieben kriegt. Santiago und Verlac helfen den Sanis das Erste-Hilfe-Zelt einzurichten und zu besetzen. Underhill und Lewis bleiben beim Wagen und ich geh mir anschauen, was die klugen Köpfe ausgeheckt haben. Entfernt euch nicht zu weit und behaltet ein Ohr am Funk, das kann schneller gehen als man glaubt."
Die Ansprache seines Zugführers und das gebrummte „Aye." seiner Kollegen riss Alec aus seine Gedanken. Irritiert blickte er auf seine Armbanduhr. Tatsächlich, ihre Abfahrt in New York City war etwas mehr als fünf Stunden her. Wo war er nur die ganze Zeit mit seinen Gedanken gewesen?
Ach ja, Magnus... Leichte Röte zog in seine Wangen, als er an den Abend zurück dachte, das Gefühl der warmen Haut auf seiner eigenen. Und er dachte auch an den Morgen. Sie hatten eigentlich kaum miteinander gesprochen, sich aber dafür ständig in irgendeiner weise berührt und wenn es nur die verhakten kleinen Finger waren. Sie hatten sich darauf geeinigt, dass Magnus ihn nicht zur Wache begleiten würde. Also hatten sie sich in der Wohnung von einander verabschiedet. Endlose Augenblicke hatten sie sich in den Armen gelegen, hatten sich kleine Nichtigkeiten zugeflüstert und sich sanft geküsst. Schließlich hatte er sich losgerissen und war gegangen ohne noch einmal zurück zu blicken. Nur an der Haustür hatte er kurz gestoppt und die Fingerspitzen auf das Namensschild an der Klingel gelegt.

Unbewusst hatte er nach seinem Handy gegriffen und ein Bild aufgerufen, welches er einen Moment verträumt betrachtete. Erst ein sanfter Stoß in die Seite holte ihn aus der Erinnerung zurück. Als Alec aufschaute, sah er in das grinsende Gesicht seines Bruders.
„Komm schon, du siehst aus als bräuchtest du genauso dringend Koffein wie ich."
Noch einmal schlug Jace dem anderen gespielt gegen den Oberarm, ehe sie sich mit einem Ächzen ins Freie bemühten. Auch wenn die Kabine des Trucks verhältnismäßig viel Platz bot, ging das stundenlange Sitzen in die Knochen. Endlich wieder festen Boden unter den Füßen streckten sie sich und versuchten ihre Muskeln wieder zu lockern. Noch etwas staksig machten sich die Brüder auf den Weg, um einen Versorgungswagen oder ein Versorgungszelt zu finden. Schweigend gingen sie einen Moment nebeneinander her, beide damit beschäftigt wie versprochen Nachrichten zu tippen. Dennoch bemerkte Jace das verträumte Lächeln des Größeren, als dieser eine Antwort erhielt. Mit hochgezogener Augenbraue musterte er seinen Bruder, griff dann nach dessen Oberarm und zwang ihn so einen Moment stehen zu bleiben. Ein schelmisches Funkeln trat in seine Augen.
„Also..." begann er schließlich. „... du und Magnus?"
Verdutzt stockte Alec und sah sich beinahe erschrocken um, konnte aber niemanden in Hörweite sehen. Also atmete er tief durch und versucht sich wieder zu beruhigen, denn er fühlte schon wieder das verräterische Brennen in Wangen und Ohren. Dennoch konnte er das Grinsen nicht unterdrücken, als er schließlich nickte. Wieder musterte der Jüngere seinen Bruder und kniff leicht die Augen zusammen.
„Ihr... habt es getan..." folgte die simple Feststellung, die Alec nur noch mehr erröten ließ.
„Woher..."
„Alter, du stahlst als hättest du im Atommeiler übernachtet." unterbrach ihn der Kleinere und schaute diesmal grinsend auf. „Wie war es?"
Kurz verklärte sich Alec's Blick, als er an die vergangene Nacht dachte.
„Es war .... wow... einfach wow. Es gibt keine Worte dafür..." meinte er nach einem kurzen Moment und schüttelte leicht den Kopf.
„Ich weiß was du meinst."
Jace boxte ihm leicht gegen die Brust.
„Aber jetzt hör auf so dämlich zu grinsen, wir sind zum Arbeiten hier. Da vorne ist ein Verpflegungszelt und ich rieche Hot Dogs."

Für ein paar Minuten hatten sie Zeit sich von ihrer Fahrt zu erholen und sich in der Zeltstadt umzusehen. Der Standort war etwa eine halbe Stunde vom eigentlichen Einsatzgebiet entfernt, dennoch waren die riesige Rauchsäule am Himmel und der typische Brandgeruch allgegenwärtig. Das Meer aus weißen und grauen Mannschaftszelten war weithin sichtbar, eingerahmt von ein paar wenigen Fahrzeugen der unterschiedlichsten Hilfs- und Rettungsorganisationen. Hier hatte man eine Kommandozentrale eingerichtet, wo sämtliche Einsätze koordiniert wurden, die mit diesem Waldbrand zu tun hatten. Außerdem gab es hier für die Männer die Möglichkeit sich zwischen ihren Einsätzen auszuruhen, sich zu waschen und etwas zu Essen. Selbst ein Erste-Hilfe-Zelt war aufgebaut, in dem kleinere Versorgungen möglich waren. Die Stimmung innerhalb des Lagers war verhältnismäßig ruhig. Manche trafen Kollegen und Freunde, die sie vielleicht seit der Ausbildung nicht mehr gesehen hatten. Man scherzte und lachte, doch niemand von ihnen vergaß den Ernst der Situation – vielleicht auch gerade deshalb.

Feuer und FlammeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt