Kapitel 39

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Dröhnende Kopfschmerzen ließen ihn sämtliche Entscheidungen seines Lebens in Frage stellen – oder zumindest die des vermeintlichen Vorabends. Was musste er getan beziehungsweise getrunken haben, um so einen Kater zu bekommen. Stöhnend versuchte er seine Augen zu öffnen, schloss sie jedoch sofort wieder als helles Licht wie Dolche hinter seine Stirn fuhr. Übelkeit stieg in ihm auf, die er mit tiefen Atemzügen und hektischem Schlucken nieder zu zwingen versuchte.
„Ah, unser Dornröschen wird wach."
Er kannte die Stimme nicht. Oder doch? Er war sich nicht sicher. Langsam versuchte er einen Arm zu heben und sich über die Augen zu legen. Doch irgendwie fühlte sich sein Körper seltsam fremd an, so als würde er nicht ganz passen, weshalb die Hand heftiger als beabsichtigt auf sein Gesicht klatschte.
„Was ist passiert?" krächzte er mit trockenem Hals.
„Das wirst du schon noch sehen. Der Eimer steht neben dem Bett." hörte er die lachende Antwort.
Dann konnte er Schritte wahrnehmen, die sich entfernten. Es folgte das Geräusch einer sich öffnenden Tür, die kurz darauf wieder geschossen wurde. Ein Schlüssel drehte sich im Schloss und dann trat Stille ein.
Mühsam versuchte er sich daran zu erinnern was passiert war, doch in seinem Kopf drehte sich noch alles. Messer, Flammen, mandelförmige Augen, Blut, rotblondes Haar, Blaulicht, rote Wagen, bronzefarbene Haut, blutrote Lippen, und je mehr er sich zu konzentrieren versuchte um so schneller drehte sich alles.
Eimer... fast panisch tastete er danach und übergab sich schließlich in diesen. Dann erst schien der Druck in seinem Kopf etwas nachzulassen. Ächzend rollte er sich wieder auf den Rücken. Was war passiert?

Das Letzte an das er sich erinnern konnte, war die Untersuchung im Krankenhaus. Er hatte sich mit seinem Motorrad auf den Weg dorthin gemacht, zusammen mit Magnus, der hinter ihm gesessen hatte. Unwillkürlich musste er schmunzeln, als er sich an den Gesichtsausdruck seines Freundes erinnerte.
„Ich soll auf diese Höllenmaschine steigen?" hatte dieser beinahe panisch gefragt.
„Komm schon, ich pass auch auf dich auf."
Geduldig hatte er ihn überredet und überzeugt, bis er schließlich einverstanden gewesen war. In den ersten Minuten hatte der Asiat sich zitternd an ihn geklammert, ehe er angefangen hatte sich zumindest etwas zu entspannen. Als sie sich verabschiedet hatten, hatte er mit einem Grinsen die leicht zitternden Knie, aber auch das leichte Grinsen des anderen bemerkt. Er hatte sich vorgenommen öfter mit ihm auf seinem Motorrad zu fahren. Undeutlich konnte er sich noch an die eigentliche Untersuchung erinnern, aber er wusste, dass seine Verletzung ordentlich verheilte. Danach jedoch gab es nur noch wage Eindrücke von einem Parkplatz. Damit war jedoch klar, dass er sich nicht hemmungslos betrunken hatte. Was auch völlig untypisch für ihn gewesen wäre. Er betrank sich nicht... nie... fast nie... eher selten, zumindest nicht so sehr, dass er hinterher einen Filmriss hatte.
Aber gut, wenn er sich nicht erinnern konnte, sollte er vielleicht versuchen herauszufinden wo er war. Träge öffnete er die Augen und versuchte sich blinzelnd an die Helligkeit zu gewöhnen. Die Wärme auf seiner Haut verriet ihm, dass es sich um Sonnenlicht handeln musste. Also war es Tag und der Intensität nach zu urteilen, am Nachmittag. Das verriet ihm außerdem, dass er in einem Zimmer mit einem Fenster war.

Langsam setzte er sich auf und versuchte die erneut aufsteigende Übelkeit zu unterdrücken. Tief atmete er durch und zum ersten Mal bemerkte er den unvertrauten Geruch der Bettwäsche, auf der er gelegen hatte. Noch immer blinzelnd sah er sich um. Es war ein relativ kleines Zimmer, gerade groß genug für ein Bett und einen Schrank ohne überfüllt zu wirken. Die Möbel wirkten alt, nicht antik, eher verlebt. Die Wände waren in einem vergilbten Weiß gehalten und der Boden war mit verkratztem Laminat belegt. Es gab zwei Türen, eine massiv wirkende und eine normale Zimmertür. Er kannte den Raum nicht. Wo war er? Leicht schwankend erhob er sich und taumelte zum Fenster hinüber. Wieder stach die Helligkeit in seinem Kopf und wieder meinte sein Magen sich protestierend bemerkbar zu machen. Erneut atmete er tief durch und schluckte hektisch. Kurz schloss er die Augen, doch das verstärkte den Schwindel nur. Also zwang er die Augen wieder auf und versuchte sie mit einer Hand abzuschirmen. Nur langsam beruhigte sich sein Körper wieder.
Als er aus dem Fenster blickte, konnte er ein Feld erkennen, was ihm sagte, dass er nicht mehr im Stadtinneren war. Aber wo befand er sich dann? Dann jedoch bemerkte er etwas anderes. Das Fenster... es war vergittert.
„Was zum..." murmelte er.
Ungläubig betrachtete er die eisernen Stäbe hinter der Glasscheibe. Eilig und so schnell seine Beine ihn in diesem Zustand trugen stolperte er auf die massive Tür zu. Fast schon hektisch griff er nach der Türklinke, doch es tat sich nichts. Verschlossen...
Mit einem erneut aufsteigenden Gefühl von Übelkeit lehnte er seine Stirn gegen die Tür. Wieder versuchte er sich mit tiefen Atemzügen zu beruhigen. Er musste Magnus anrufen, oder seine Geschwister, irgendwen. Mit zitternder Hand begann er seine Kleidung abzuklopfen auf der Suche nach seinem Handy. Doch er fand es nicht. Wo war sein Telefon? Außerdem fehlte sein Schlüsselbund und seine Geldbörse, ebenso wie seine Motorradjacke. War ja irgendwie klar, trotzdem erfüllte ihn diese Tatsache mit einem Anflug von Panik. Magnus... er würde sich Sorgen und Gedanken machen, vielleicht sogar glauben, dass er nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Oder war er in einer ähnlichen Lage? Hoffentlich nicht... Jace und Izzy würden sich um ihn kümmern, wenn er selbst nicht nach Hause kommen würde.

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