Kapitel 28

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„Glaub mir bitte. Camille ist meine Vergangenheit, aber... aber du bist meine Zukunft, Alexander, wenn du mich willst."

Erstarrt stand Alec da, seine Gedanken rasten und wirbelten im Kreis. Es war so vieles was er verarbeiten musste, über das er nachdenken musste. Natürlich wollte er ihn. Er wollte ihn an seiner Seite, in seinem Leben. Das war ihm schon seit Tagen klar. Aber da war noch dieser andere bohrende Gedanke.
„Magnus..." begann er schließlich. „Ich... Du weißt was ich für einen Beruf habe... ich weiß nicht, ob ich jemals offen zu einer Beziehung... zu dir stehen kann. Du... du hast etwas besseres verdient, als jemandes schmutziges Geheimnis zu sein."
„Das ist mir egal. Es reicht mir zu wissen, dass du mit mir nach Hause gehst, nach deiner Schicht in meine Arme kommst, mir von deinem Tag und deinen Sorgen erzählst, du neben mir in einem Bett liegst..."
„Du verstehst nicht, Magnus, du könntest niemals offiziell mein Partner sein. Du würdest nicht informiert werden, wenn etwas passieren sollte. Du... du wärst niemals... Du hättest nie die Rechte eines Lebensgefährten..."
Langsam trat Magnus dichter und blickte direkt in die dunklen, verzweifelten Augen. Vorsichtig und behutsam hob er eine Hand und legte sie auf Alec's nackte Brust. Er fühlte die Hitze, die von dem anderen Mann ausging und konnte das rasende Herz unter seinen Fingern spüren.
„Das ist mir egal, Alexander. Der Gedanke, dass du glauben könntest ich hätte dich betrogen, bringt mich fast um. Ich..."
„Ich liebe dich..." platzte es aus Alec heraus und brachte damit Magnus zum Schweigen. Erschrocken riss er die Augen auf. Das war nicht das gewesen, was er eigentlich hatte sagen wollte. Aber vielleicht war es das einzige, was wirklich zählte? Kurz schluckte er und sah den Asiaten forschend an, doch dieser blickte nur mit ebenso geschocktem Ausdruck im Gesicht zurück. Noch einmal schluckte er, schluckte seinen Stolz, seine Verzweiflung und seine nagenden Gedanken herunter.
„Ich liebe dich, Magnus." wiederholte er leise.
„Ich liebe dich auch, Alexander." entgegnete dieser schließlich ebenso leise und Alec sah die Wahrheit in seinen Augen. Vorsichtig und behutsam, gerade so als könnte Magnus sonst wie Glas zerspringen, lehnte er sich vor und küsste ihn. Ein leises Keuchen entrann seiner Kehle, als er spürte wie der andere sich in den Kuss hinein lehnte und diesen fast verzweifelt erwiderte. Zum ersten Mal seit Tagen fühlte er sich wieder etwas mehr wie er selbst. Seine Gedanken wurden ruhiger, seine Zweifel weniger. Er konnte fühlen wie sich schlanke Finger auf seinen Bauch legten und langsam unter der dünnen Jacke über seine Seiten strichen. Er wollte mehr von diesem Gefühl und mit einem unterdrückten Knurren schlang er seine Arme um den anderen Mann, zog ihn näher an sich und ließ den Kuss intensiver werden. Doch als Magnus sich wie ein Ertrinkender an ihn klammerte, zischte er schmerzlich auf. Erschrocken zuckte der Asiat zurück und sah ihn fragend an. Mit einem schiefen und etwas verlegen wirkenden Lächeln schüttelte Alec leicht den Kopf.
„Jace..." flüsterte er und zog eine Seite der Jacke etwas zur Seite. Deutlich waren die sich bläulich färbenden Flecken auf der blassen Haut zusehen.
„Oh Alexander, es tut mir so leid, das ist alles meine Schuld." flüsterte Magnus und fuhr mit den Fingerspitzen über den untersten Rippenbogen, doch der andere schüttelte leicht den Kopf.
„Du kannst nichts dafür und besonders nicht dafür, dass ich so ein Idiot gewesen bin. Ich hätte mit dir reden sollen anstatt... anstatt wegzulaufen."
Seine Augen weiteten sich und frische Tränen rannen über Alec's Gesicht, als ihn die Erkenntnis traf. Nun war er es, der sich an den anderen klammerte und das Gesicht an dessen Hals verbarg, als neue Verzweiflung über ihn herein brach.
„Oh Gott, Magnus, ich habe euch gesehen... vor deiner Haustür und ich bin einfach weggelaufen. Bitte verzeih mir."
Sofort schloss Magnus seine Arme wieder um ihn, zog ihn an sich.
„Nicht, Alexander, gib nicht dir die Schuld. Woher hättest du es wissen sollen?"
Natürlich war auch er geschockt, aber eher über die Tatsache, dass Alec da gewesen war und diesen ersten verhängnisvollen Kuss live gesehen hatte. Einen Moment standen sie so da, während der Größere in leisem Schluchzen erbebte. Magnus hielt ihn einfach fest und strich sanft über dessen Rücken, wusste nicht, wie er ihn beruhigen sollte. Schließlich rückte er leicht ab und nahm Alec's Gesicht in beide Hände.
„Du bist nicht Schuld." gab er noch einmal deutlich und mit fester Stimme zu verstehen. Dann küsste er ihn, mit allem was er war und allem was er empfand - Angst, Verzweiflung, Sorge und vor allem Liebe. Und Alec erwiderte es auf die gleiche Weise. Der Kuss war nicht sanft, nicht vorsichtig, sondern befeuert von ihren Emotionen und dem Verlangen den anderen zu spüren, zu schmecken, zu riechen. Magnus presste Alec gegen die Küchenzeile und biss ihm leicht in die Unterlippe. Mit forschenden Lippen wanderte er über das Kinn zum Hals und suchte nach dem rasenden Puls. Ein Keuchen entrann Alec's Kehle, als er einen weiteren Biss an seinem Hals spürte. Doch dann ergriff er Magnus bei den Schultern und schob ihn ein Stück von sich weg. Es fiel ihm sichtlich schwer und er schluckte hart, als er den anderen Mann mit leicht geröteten Augen ansah.
„Magnus..." seine Stimme war rau und tief. „Lass... lass mich duschen. Ich bin... ich habe den halben Nachmittag trainiert."
Verlegen über seine eigene Unbeherrschtheit nickte der Asiat und trat einen  Schritt zurück. Doch Alec griff nach seiner Hand und zog ihn hinter sich her die Treppe hinauf und in sein Zimmer. Im Vorbeigehen ergriff er noch den Rucksack, der auf dem Sessel stand und offensichtlich dem anderen gehörte.
„Warte hier." raunte er mit noch immer rauer Stimme und küsste ihn erneut, kurz und hart, ehe er sich abwandte und in Richtung Bad verschwand.

Feuer und FlammeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt