Kapitel 18

252 24 4
                                    


Ein lautes Krachen und ein erstickter Schrei durchbrachen das Zwielicht am Fuße des Abhanges. Dann folgte ein sehr viel leiseres, erleichtertes Seufzen. Vorsichtig zog Alec einen Ast unter dem Körper seines Bruders hervor.
„Bleib noch einen Moment liegen." meinte er leise und schob seine Hand erneut unter die Schutzjacke in Jace's Rücken. Behutsam tastete er ein weiteres Mal die Wirbelsäule ab, gab leichten Druck auf die Wirbel und die Muskulatur. Wieder zuckte sein Bruder leicht, aber bei weitem nicht mehr so heftig wie zuvor. Als er seine Hand zurück zog, warf er einen kurzen Blick darauf. Kein Blut an seinen Fingern, um so besser.
„Okay, versuch dich langsam auf die Seite zu drehen. Der Nerv braucht ein bisschen, um sich davon zu erholen. Warte, ich helfe dir."
Er griff nach der Schulter und dem Oberschenkel seines Bruders und zog ihn langsam auf die Seite. Ein leises Stöhnen kam von Jace, als dieser sich schließlich in eine etwas bequemere Lage brachte.
„Das ist herrlich wieder frei durchatmen zu können."
Doch Alec nickte nur, die Hand noch immer an der Schulter des Jüngeren, die Finger leicht in die dicke Jacke gekrallt. Er war froh, dass es Jace soweit gut ging, doch das Ganze hatte alte Erinnerungen an die Oberfläche geholt.
„Du musst echt besser auf dich aufpassen..." murmelte er, dennoch hörte sein Bruder ihn. Misstrauisch blickte dieser auf und versuchte sich aufzusetzen.
„Alec, was ist los?"
Mit einem Seufzen half der Ältere ihm und stützte ihn, schüttelte dann aber leicht den Kopf.
„Ich... hab mich nur an was erinnert. Alles gut. Wichtig ist nur, dass du in Ordnung bist."
Er lehnte sich vor und ließ ihre Helme aneinander stoßen. Doch noch immer sah sein Bruder ihn mit hochgezogener Augenbraue an.
„Später... okay? Lass uns erst mal sehen, dass wir hier wieder raus kommen."
Jace kniff die Augen zusammen. So war es meistens. Alec sprach nur selten über die Dinge, die ihn beschäftigten und beunruhigten. Aber... im Moment hatte er recht.
„Einverstanden. Und wie kommen wir hier raus?"
„Eigentlich müsste gleich Hilfe kommen..."
Der Dunkelhaarige stockte und hob eine Hand an sein Gesicht. Er hatte doch gerade etwas gespürt. Das Gefühl eines Wassertropfens auf seiner erhitzten Haut. Ungläubig streckte er die Hand aus und da war es wieder. Er bezweifelte, dass es anfangen würde zu Regnen, auch wenn das wirklich ein Segen wäre. Sofort war Alec auf den Beinen und entfernte sich ein paar Schritte vom Hang, um hinauf zu schauen.
„Jace..."
Seine Stimme klang... zittrig, mit einer Spur von Panik und das ließ den Jüngeren aufschauen.
„Beweg deinen Arsch und komm auf die Füße!"
Das war keine Bitte. Und die Tatsache, dass er sofort zurück geeilt kam und nach ihrer Ausrüstung griff, verdeutlichte dies.
„Na los, hoch mit dir!"
Alec wurde lauter, während sein Bruder sich auf die Knie zwang und sich hoch stemmte. Fast sofort ergriff der Ältere den Arm des anderen und zerrte ihn von den Büschen und dem Hang weg. Jetzt konnte auch Jace den roten Schein des Feuers über ihnen sehen. Wie war das denn passiert? Wie hatte das Feuer hinter sie laufen können? Die eigentliche Feuersbrunst lag doch auf der gegenüberliegenden Seite.
„Der Schlauch..."
Jace wollte gerade zurück laufen, doch der andere hielt ihn zurück.
„Zu spät, der liegt oben schon im Feuer."

Seinen noch leicht taumelnden Bruder weiter hinter sich her ziehend, versuchte Alec sich so weit es ging von dem brennenden Hang zu entfernen.
„Lightwood für Rescue Pumper 67."
Doch im Funk antwortete ihm nur Schweigen.
„Lightwood an irgendeine Feuerbekämpfungseinheit im State Forest."
Wieder nichts. Verdammte Berghänge, hier draußen brauchten sie fast schon Sichtkontakt um kommunizieren zu können. Eilig sah er sich um, sie brauchten einen Ausweg. Dem Feuer würden sie nicht davon laufen können, zumindest nicht für lange. Jace war noch nicht wieder ganz fit und er war selbst erschöpft und müde. Ganz zu schweigen davon einen Hang schneller zu erklimmen als die Flammen. Gab es in der Nähe ein Flussbett? Irgendeine Wasserquelle, die sie zu Fuß erreichen könnten? Er erinnerte sich nicht. Aber vermutlich nicht, denn sonst hätte der Truck eine Wasserversorgung aufgebaut. Aus Eile wurde Hektik.
„Alec?"
Die Stimme seines Bruders alarmierte ihn noch zusätzlich und er sah zurück.
Das Bild, das sich ihm bot war eigentlich wunderschön. Hier unten, in diesem langgezogenen Tal zwischen den brennenden Berghängen wirbelte die Luft, kalt und warm vermischte sich, die Flammen verbrannten Sauerstoff und neue Luft musste nachströmen. Diese Luftwirbel rissen glimmende Funken mit sich, die wie tausende kleine Feuerfeen umher tanzten und umher sprangen. Untermalt wurde dieses Schauspiel vom roten Schein der Flammen am Abendhimmel, der die Umgebung ist ein dämonisch wirkendes Zwielicht tauchte. Wie gesagt, eigentlich wunderschön und absolut tödlich. Denn mit jedem Funken, der sich auf dem trockenen Gehölz niederließ, konnte sich ein neuer Brandherd entzünden.
„Fuck..."
Die beiden Männer sahen sich einen kurzen Moment an, ehe sie weiter rannten...

Feuer und FlammeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt