Kapitel 25 (Spieltag 11)

77 6 12
                                    

Während ich den Weg zur Schule fuhr, saß Alice neben mir versteinert da. Irgendwann räusperte sie sich. „Ist Fletcher — nun ja — ist er wirklich Ashton?", fragte sie. Ich nickte. Wenn er es nicht wäre, hätte ich es wohl kaum gesagt.

„Es ist nicht gut für dich, dass zu wissen.", seufzte ich. Sie blickte mich an. „Hör zu, Alice. Ich kann dir nicht versprechen, dass du sicher bist." Schuldgefühle nagten an mir. „Was soll das heißen?", fragte sie nach. „Das heißt, dass ich nicht weiß, wie Ashton reagiert, wenn er das alles tatsächlich rausbekommt.", erklärte ich. Bäume und Häuser zogen an uns vorbei. Gleich wären wir bei der Schule.

Ich unterbrach Alice, die gerade protestierte. „Wichtig ist nur, dass du nichts erzählst. Wir werden beide sagen, dass wir liegengeblieben sind und zur nächsten Tankstelle rennen mussten. Sie war aber nicht so weit weg und deshalb sind wir nur eine Stunde zu spät." Sie nickte mit großen Augen und ich parkte ein. Tief durchatmen, Annie.

Wir gingen zügig zum Unterricht, doch vor der Tür blieb ich nochmal stehen und nahm Alice in den Arm. „Danke, dass du so bist wie du bist.", murmelte ich und ich spürte ihr Lächeln an meinem Hals. Sie nickte mir nur kurz zu und dann klopften wir. Während Alice die Tür öffnete, blickte ich über ihre Schulter in den Raum. Ich erwartete einen stechenden, verheißungsvollen Blick, der mich durchbohren würde. Nichts dergleichen traf mich. Es blickten uns nur fünfundzwanzig Augenpaare an, die gleichermaßen Belustigung und Überraschung widerspiegelten.

„Entschuldigung für die Verspätung. Wir sind liegen geblieben und mussten erst zur nächsten Tankstelle laufen.", erklärte ich und klang nur halb so überzeugend, wie ich hätte sein sollen. Unsere Lehrerin winkte uns einfach durch und trug unsere Namen ins Klassenbuch ein. Es hätte wohl schlimmer kommen können.

Ich drehte mich mit Alice zur Klasse und wir sahen, dass es nur noch zwei freie Plätze gab. Einer neben der fetten Franzi und einer neben Ashton. Ich war versucht mich neben Franzi niederzulassen, doch konnte ich mich wohl kaum eindeutiger verhalten. Dann konnte ich auch gleich erzählen, dass wir einen Abstecher zur Polizei gemacht hatten.

Alice ließ sich neben Franzi nieder und ich ging zu Ashton. Das Zögern hatte nur zwei Sekunden gedauert und trotzdem machte ich mir in die Hose bei dem Gedanken, dass Ashton etwas bemerkt haben könnte. „Hi Ann.", flüsterte er grinsend und mein Herz machte einen Hüpfer. Diesen Spitznamen benutzten nur Luke und meine Mutter.

„Hi, haben wir viel verpasst?", versuchte ich mich normal zu verhalten. Ashton alias Fletcher schüttelte leicht den Kopf. „Gut." Ich fuhr mir nervös durch die Haare. „Dein Auto, funktioniert es wieder?", murmelte er, während wir etwas von der Tafel abschrieben. Ich nickte. „Ja, der Tank war ja nur leer...", log ich.

Er schwieg und schrieb weiter ohne mich eines Blickes zu würdigen. Bedeutete das, dass er alles wusste oder war es einfach ein normales Schweigen?

Meine Hände waren eiskalt, während ich sein Profil musterte. Seine hellbraunen Locken fielen wild in sein Gesicht und seine stechenden grünen Augen wanderten über die Buchstaben an der Tafel. Sein Oberarmmuskel zeichnete sich deutlich ab, obwohl er nur den Stift in der Hand hielt. „Kommt vom Schlagzeugspielen, Kleine.", grinste er, als er meinen Blick bemerkte. Meine Wangen färbten sich rosa.

Die restliche Stunde verging schnell und bevor ich mich versah, war bereits Pause. „Ann, komm bitte mit." Ich zuckte zusammen. Ashton stand vor mir und obwohl er nur ein halben Kopf größer war als ich, sah er auf mich hinab.

„Sie kann jetzt nicht, sie hat versprochen mit mir und Cal rauszugehen.", half Alice mir aus der Situation, die unbemerkt hinter mich getreten war. „Ehm, ja... Sorry, Fletcher.", stammelte ich und wurde von Alice mitgezogen.

„Er wirkt nicht kriminell.", eröffnete sie mir als wir auf dem Weg zu Calum waren. Ich zuckte mit den Schultern. Was sollte ich dazu sagen? Calum wartete mit Luke bei den Schließfächern. Die gewohnte Einsamkeit machte sich bemerkbar. Wir gingen zu viert nach draußen und stellten uns in die Sonne. Die Luft war eiskalt, doch taten die lauwarmen Sonnenstrahlen gut.

Alice und Calum beschäftigten sich anderweitig, sodass mir nichts anderes übrig blieb als ein Gespräch mit Luke anzufangen. „Und wie läuft es so mit deiner Brünetten?", fragte ich, weil mir keine andere Frage einfiel.

„Naja..." Luke fuhr sich durch die Haare und zuckte mit den Schultern. „Ich glaube, da ist nichts zwischen uns." Ich blickte ihn spöttisch an. „Das ging aber schnell." Er lachte leise. „Und bei dir und diesem... Fletcher?", lenkte er ab.

Ich schnaubte. „Wo denkst du hin?", gab ich zurück. Er zog seine Augenbrauen hoch. „Willst du das etwa leugnen?" Ich wurde ernst. „Da ist wirklich nichts zwischen uns, Luke." Ich kann dich nämlich nicht so schnell vergessen, wie du mich, dachte ich.

„Mm", murmelte er und blickte mich an. Seine blauen Augen wanderten von meinen Augen zu meinen Lippen. Ich entspannte mich und für einen kurzen Augenblick gab ich mich der Hoffnung hin, dass alles wieder so werden könnte wie früher. Dass er mich wieder lieben könnte.

Doch plötzlich wurden seine Gesichtszüge kühl und er trat einen Schritt zurück. Sein Blick ging an mir vorbei und traf auf Fletcher, der nun dicht bei mir stand. „Tschüss, Annie.", murmelte er verächtlich und ging. Dass Alice und Calum bereits verschwunden waren, hatte ich nicht bemerkt.

Ich drehte mich zu Ashton und er kassierte einen bitterbösen Blick. „Du kommst ja wieder im Richtigen Augenblick.", stellte ich bitter fest. Er hob abwehrend die Hände. „Du sagtest, dass du mit Alice und Calum weg bist. Von Luke wusste ich demnach nichts." Ich stieß frustriert die Luft aus. Meine Stimmung war so tief im Keller gerade, dass ich nicht mal Angst vor seiner möglichen Wut empfand.

„Und was willst du?!", keifte ich ihn an. „Ich will dich vor einem weiteren Fehler bewahren!", knurrte er nun auch verärgert. Unsere Augen sprühten Funken. „Und das wäre? Was kann ich noch falsch machen?", zischte ich. Er lachte verächtlich auf. „Du lernst nicht aus Fehlern! Das war ja gerade das beste Beispiel!" Ich schob trotzig meine Unterlippe vor. „Ach ja?! Wer sagt mir denn, dass Luke in Fehler ist und nicht du?"

Plötzlich schien er sich wieder zu fangen. Er blickte mich offen an. „Glaubst du das wirklich?", fragte er leise. Ich schluckte unsicher. „Ja, das glaube ich!", schleuderte ich ihm trotzdem entgegen und hob das Kinn. Er wirkte verletzt. Er spielt das alles nur, Annie. Er ist nicht verletzt. 

Mit einem Schritt war er ganz nah an meinem Gesicht. Ich sah ihm starrsinnig in die Augen.
„Annie, ich weiß, was du getan hast. Du und Alice."

So meine Lieben, ich muss mich bei euch bedanken! Die Story hat die 1K reads geschafft und es macht mich so unglaublich glücklich ♡ Danke an die, die voten. Danke an die, die mir so unglaublich liebenswürdige Kommentare schreiben. Danke an die, die jedes Kapitel mit Annie fühlen. Ihr seid alles so großartig!

The sun between the moonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt