Schön, dass du noch liest! :)

Bis zum Mittagessen hatte ich einen Entschluss gefasst. Ich würde Luke alles erzählen. Dieser Entschluss fiel mir plötzlich so leicht. Wieso hatte ich es ihm noch nicht erzählt? Was sprach denn dagegen?

Ich wusste es nicht. Vielleicht war es einfach nur so ein Gefühl gewesen vorher? Angst, dass er sich zu sehr aufregen würde? Nein, das konnte es nicht sein. Ich meine, so war Luke einfach nicht. Er ließ mir schon Freiraum.

Oh, man.

Ich ließ meinen Kopf in meine Hände gleiten. Alice saß neben mir und berührte meinen Arm.

„Also, was ist los?", flüsterte Michael mit einem verschwörerischen Grinsen. Mir fiel es schwer nicht mit zu grinsen, aber die Sache verlangte eine gewisse Ernsthaftigkeit, so war meine Meinung. „Ach Mikey, ich hatte einfach eine schlechte Nacht.", murmelte ich. Er sah mich ungläubig an. Shit, er kannte mich einfach zu lange. „Guck doch, ich kann es heute mit der fetten Franzi aufnehmen, so schlimm sehe ich aus!" Michael schüttelte den Kopf.

„Sie hat sich mit Luke gestritten.", warf Alice nun in den Raum. Ich drehte mich entsetzt zu ihr um. Ihre Augen schimmerten unschuldig. „Der Streit muss aber ganz schön heftig gewesen sein, wenn du die ganze Nacht nicht schlafen konntest." Die Augen meines besten Freundes funkelten mitleidig. Wenn das, das einzige Problem gewesen wäre.

„Du konntest die ganze Nacht nicht schlafen, weil wir uns gestern nicht ganz einig waren?" Luke's Stimme war hinter uns aufgetaucht. Er sah mich so traurig an. Schuld glitzerte in seinen blauen Augen. „Was? Nein, Luke... Es..." Er unterbrach mich. „Es tut mir leid, Annie. Hätte ich gewusst, dass es dich so mitnimmt, dann hätte ich dich nicht einfach so gehen lassen." Ich seufzte. Und schon wieder fühlte er sich schlecht wegen mir. Wieso war das so?

„Luke, komm mit. Ich möchte mit dir reden." Meine Stimme war fest. Ich führte ihn auf den Flur. Zu dieser Zeit war er leer, weil alle in der Cafeteria aßen.

Ich blieb vor ihm stehen und nahm seine warmen Hände. „Luke, ich habe nicht wegen dir so wenig geschlafen. Zugegeben hat mir unser Streit nicht gutgetan, aber er zeigte mir umso mehr, wie sehr ich dich brauche." Ich machte eine Pause und hoffte er würde diese Worte ernst nehmen. Er zeigte keine Regung, nur seine Augen wirkten beruhigter. „Als ich gestern Abend nach Hause gehen wollte, da hab ich noch einen Abstecher in den Wald gemacht." Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. „Und da war so ein Typ. Ich weiß nicht, ob er krank war, oder nicht... Aber er hat mich gehen lassen..."

Luke nahm mich fest an den Schultern. Sein Atem zitterte, während er mich an die Spinde drückte. Er wirkte so bedrohlich, plötzlich. „Wie sah er aus?", stieß er mit unterdrückter Wut hervor. So kannte ich Luke gar nicht und das machte mir irgendwie Angst. „Luke, es war dunkel." Das war nicht gelogen. „Weißt du noch irgendwas? Seine Größe, seine Haarfarbe, seinen Namen? Irgendwas?" Luke drängelte. „Nein." Das war gelogen, denn sein Gesicht war in mein Hirn gebrannt. Wieso ich log? Keine Ahnung.

Luke ließ seine Hände meine Arme hinuntergleiten und zog mich an seine Brust. Automatisch vergrub ich mein Gesicht an seinem Hals.

„Annie, dir ist klar, dass du früher hättest zu mir kommen sollen.", flüsterte er mir ins Ohr. Ich lächelte und drückte mich noch enger an ihn. Dann hielt ich inne.

„Du?" „Ja?" „Was hättest du getan, wenn er... naja, mir wehgetan hätte?" Er grinste mich an und zog die Augenbrauen hoch. Ein typischer Luke-Ausdruck. „Wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, hätte ich ihn umgebracht." Ich lächelte. „Du übertreibst.", neckte ich ihn. Er spielte mit. „Kann schon sein." Spielerisch klatschte ich ihm auf den Arm. „Das du sowas aussprichst! Ich bin enttäuscht, Lukeduke!" Er verzog den Mund bei seinem Kosenamen. Zugegeben er war wirklich grässlich. Ich wusste genau, wie sehr ich ihn damit ärgerte und ich lachte.

„Na warte, Ann!" Er umfasste meine Taille und warf mich über seine Schulter. „Stopp! Luke!" Ich keuchte vor Lachen. „Luke!", flehte ich. Er grinste und ließ mich runter.

Es war einer dieser ganz besonderen Momente. Wenn die Welt für einen kurzen Augenblick nicht existiert und man in den Augen des Anderen zu versinken droht. Ich lächelte und gab ihm einen Kuss.

„Na so schlimm konnte der Streit nicht sein!", hörten wir Mikey's Stimme, der mit Alice und Calum aus der Cafeteria kam. Ich drehte mich zu ihm und hatte schon eine Bemerkung auf der Zunge. So etwas wie: Hättet ihr nicht etwas später kommen können? Doch angesichts Mikey's gutmütigen Grinsens, vergaß ich es. Wer konnte ihn nicht lieb haben?

„Hey Calum.", sagte ich stattdessen. Er lächelte. „Hi" „Alles gut? Wie läuft's mit Zickchen?", fragte ich und schielte zu Alice. Sie sah ihn neugierig an. Ich wusste, wie sehr sie sich für Calum interessierte. Er sah zerknirscht aus. „Naja, sie ist keine Zicke, aber irgendwie klappt es nicht.", erklärte er. Ich nickte und Michael klopfte seinem Freund aufmunternd auf die Schulter.

„Wir müssen nun, Babe. Gleich schreiben wir." Ich blickte Luke an. „Viel Glück beim Aufsatz. Ich bin nach der Schule gleich beim Training, also sehen wir uns heute nicht mehr.", seufzte ich. Er zog mich heran und küsste mich noch mal. „Bye.", murmelte Alice an Calum gewandt. Er lächelte sie kurz an.

Sobald sie weg waren, krallte sich die Hand meiner besten Freundin in meinen Arm. „Hast du das gesehen?" Ihre Stimme war eine Oktave höher. „Oh ja, Alice. Bestimmt wirst du gleich von einem eifersüchtigen Mädel umgebracht!", erwiderte ich sarkastisch. Und doch lachte ich. Sie war einfach so und wenn sie nicht so wäre, wäre sie ja auch nicht meine Freundin, oder? Mikey betrachtete uns kopfschüttelnd. Gruselig, wie viel er verstand.

„Kommt, lasst uns unseren Mathelehrer umbringen.", brachte ich sie auf ein neues Thema. Beide zogen eine Flunsch.

Wer mag schon Mathe?

Wir kamen zu spät und unser Mathelehrer schickte uns wieder heraus. Wir sollten ‚anständig' klopfen. Einige unserer Klassenkameraden lachten unsicher. Mit geröteten Wangen und versteckter Wut klopften wir ‚anständig' und machten die Tür auf.

„Raus, ich habe nicht herein gesagt.", sagte Herr Ich-weiß-alles-besser-weil-ich-Lehrer-heiße. Grummelnd schlossen wir also wieder die Tür. „Ich finde, wir sollten abhauen. Er führt uns doch eh nur vor.", murmelte Michael. Ich blickte ihn an. Er hasste sowas. Wer auch nicht? „Ach komm, gleich ist es vorbei." Meine Stimme sollte aufmunternd klingen, doch stattdessen schwang ein Knurren mit.

Alice klopfte. Stille. Hatten sie jetzt schon ‚Herein' gesagt? Eine gefühlte Minute verging. Wieso waren die Wände nur so dick? Wusste der Lehrer nicht, wie scheiße man sich hier draußen fühlte? „Mir reicht's." Ich drückte die Tür auf und starrte in die strengen, aber belustigten Augen unseres Lehrers. „Annie, hab ich herein gesagt?" „Man kann Sie da draußen nicht hören." Mein Protest klang fast wehleidig. „Es ist ja auch schwer etwas zu hören, was nicht gesagt wurde, oder?" Eine Pause entstand. Niemand der anderen Schüler lachte mehr. „Okay." Meine Stimme klang gepresst und ich zog mich mit Alice und Michael zurück.

„Ach kommt. Nächstes Mal sind Sie pünktlich und nun setzen Sie sich hin." Unser Mathelehrer lachte. Ha ha ha, wie lustig er doch war. Der Rest des Unterrichts ging schneller vorbei als gedacht. Meine Gedanken verweilten eher bei Luke, als an den Zahlen.

Ich wurde aus den Gedanken gerissen, als plötzlich alle ihre Sachen einpackten. „Tschau, Annie." Alice nahm mich zum Abschied in den Arm. Michael tat es ihr gleich und die Beiden verschwanden. Sie hatten kein Training. Seufzend ging ich in die Umkleidekabine der Mädchen.

Hey, nein, ich bin nicht zufrieden mit dem Kapitel. Das nächste wird wieder spannender, versprochen! :)

Na, was glaubt ihr? Was passiert im nächsten Kapitel? ^^

The sun between the moonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt