Geburtstag mit Nightmareden

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Er sitzt in seinem Büro. Eine Locke seines braunen Haares fällt ihm ins Gesicht, während er angestrengt die Zahlenkolonnen kontrolliert.
Die meisten Mitarbeiter haben bereits vor Stunden das imposante Gebäude der Carter Corporation verlassen und sind nachhause zu ihren Familien.
Nur der CEO sitzt noch über den Akten und geht die Bilanzen des letzten Jahres durch.

Das laute Klingeln seinen Telefons reißt ihn aus der Konzentration. Er blickt auf und verzieht mürrisch das Gesicht, als er die Nummer auf dem Display erkennt.
So gerne er den Anruf ignorieren würde, wird sie nicht locker lassen. Camille bringt es fertig uns steht in seinem Büro, wenn er sie zu lange ignoriert.

„Carter!", meldet er sich geschäftsmännisch.
„Ryan, Schätzchen, du arbeitest eindeutig zu lange. Du solltest dir eine nette Frau suchen..."
„Was willst du Camille!?"
„Liebling, du sollst mich doch Mum nennen", flötet sie.

Ryan ballt wütend seine Fäuste, nur weil sein Vater nach dem Tod seiner Mutter erneut geheiratet hat, ist diese geldgeile Schlampe noch lange nicht seine Mutter!

„Es ist spät, was willst du?" Seine Stimme klingt versöhnlicher. Denn die Erfahrung hat ihm gezeigt, dass es nichts bringt mit ihr zu streiten.
Wenn er das Gespräch schnellstmöglichst beenden möchte, muss er auf sie eingehen. Viel zu oft artet es zwischen den beiden in einen Streit aus.
„Du weißt doch, dass Amelia am Wochenende Geburtstag hat."
„Das ist mir bekannt. Es wundert mich nur, dass du dich daran erinnerst", sagt er gelassen und blättert eine Seite in seinem Ordner um.
„Aber Ryan!", kommt es empört aus dem Hörer, „Ich weiß doch wann meine Tochter Geburtstag hat!"
Ein abfälliger Laut verlässt Ryans Kehle.
„Ich lasse Amy abholen, da ich nicht möchte, dass sie an diesem Tag alleine ist!", lässt er seine Stiefmutter wissen.
„Na das ist doch perfekt! Sie sollte ihren Geburtstag mit der Familie verbringen, nicht bei Fremden in diesem verlassenen Ort... Mystery irgendwas... Ich richte die Feier aus! Das Motto lautet Winterzauber, bis zum Wochenende soll es schneien.", freut sich Camille.
„Mytery Spell ist nicht verlassen. Sie wollte dort die Universität besuchen, da es im Bereich der Archäologie die besten Möglichkeiten bietet", betet er schon ganz automatisch herunter. Wie jedesmal, wenn sie Amys Entscheidung mal wieder unterschwellig missbilligt. Ginge es nach Camille, hätte sie ihrer Tochter einen reichen Ehemann gesucht. So wie sie es getan hat.
Glücklicherweise hat Amelia nichts mit ihrer Mutter gemein. Sie will auf eigenen Beinen stehen und ihr Leben meistern. Das Interesse an der Archäologie hat sie von ihrem gemeinsamen Vater. Es war ein Hobby von ihm, aber für Amy ist es mehr geworden.
Ryan unterstützt seine Schwester gerne bei der Verwirklichung ihres Traumes.
„Ich denke nicht, dass Amy nach feiern zumute ist", gibt er zu bedenken.
„Ach papperlapap! Natürlich feiern wir. Sie wird schließlich 21!"

Frustriert atmet er aus. Egal was er sagen wird, diese Frau macht sowieso das was sie möchte und schert sich einen Dreck darum, wie sich Amy wirklich fühlt.
„Ich werde die ganze Gesellschaft einladen. Das wird das größte Event des Jahres. Amelia wird sich immer daran erinnern."
„Das befürchte ich", murmelt Ryan, „da du dich nicht von deinem Vorhaben abbringen lässt, werde ich mich um die Unterhaltung kümmern."
„Nein, mach dir keine Mühe, ich..."
„Wir führen dieses Gespräch vermutlich nur, weil du mein Geld dafür möchtest, also sorge ich für ein Unterhaltungsprogramm, von dem ich weiß, dass es meiner kleinen Schwester gefallen wird!"
Schweigen schlägt ihm entgegen, bis sie tief Luft holt und knirschend zustimmt.
„Gut, dann sehen wir uns am Samstag."
Mit diesen Worten beendet er das  Gespräch und legt auf.
Sich jetzt noch einmal auf die Arbeit zu konzentrieren fällt ihm schwer. Er fährt sich mit den Händen durchs Gesicht um die Müdigkeit zu vertreiben. Er arbeitet zu viel. Das ist ihm bewusst, aber ohne seinen Fleiß und Einsatz wäre er bestimmt nicht New Yorks jüngster und erfolgreichster Unternehmer geworden.
Für heute jedoch beschließt er Feierabend zu machen und nachhause in sein Loft zu fahren.

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