Kein Sex! Nur tiefe Gefühle

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Kurzgeschichte Colin

Colins Atem geht genauso schnell und unregelmäßig so wie meiner. Ich liege mit einem leicht dümmlichen Grinsen in seinen Armen und genieße seine federleichten Berührungen auf meiner verschwitzten Haut.

„Kätzchen, ich möchte, dass du jemanden kennenlernst", flüstert er an meinem Ohr.
„Jetzt?!?"
Er lacht, da sich meine Stimme leicht überschlagen hat.
„Nein, Kätzchen. Am Wochenende. Wir haben eine neue Background Sängerin. Sally."
„Du willst, dass ich deine neue Sängerin kennenlerne?"
„Ja", antwortet er und beginnt sich über meinen Körper nach unten zu küssen.
„Warum?"
„Ich möchte nur, dass du weißt, dass du nicht eifersüchtig sein musst!"
Seine Zunge gleitet über meinen Venushügel, aber durch seine Worte nich ich so abgelenkt. Was er tut, wird gerade zunehmend unangenehmer.
Ich entziehe mich seinen Zärtlichkeiten, greife nach der Decke und Wickel mich darin ein.
„Wie muss ich das verstehen?", frage ich argwöhnisch.
Colin sieht mich verwirrt an und versucht seine Spielereien fortzusetzen.
„Nein! Bitte! Du hast mit dem Thema angefangen, ich möchte nun wissen, was du mir sagen möchtest!"
Er bläst frustriert die Luft zwischen seinen Lippen hindurch.
„Ich wollte nur, dass du weißt, dass ich dich liebe und es keinen Grund für dich gibt, eifersüchtig zu sein."
„Wegen deiner neuen Backround-Sängerin?"
„Genau!"
Wenn das so ist, warum erwähnt er es dann überhaupt?
„Ich möchte, dass du sie kennenlernst! Sie hat es nicht leicht. Ihr Mann ist ein echter Arsch! Er lässt sie zuhause komplett alleine mit den Kindern und den Haushalt und am Ende beschimpft er sie noch, sie wäre faul und würde nichts schaffen."
Ok, Colin beschimpft mich nicht, aber er ist häufig auf Tour. Ich bin auch alleine mit den Kindern, meinem Job, dem Haushalt. Auch wenn er da ist, bleibt immer alles an mir hängen. Dann ist es sogar noch mehr, denn sein Chaos muss ich ebenfalls beseitigen.
Soll ich jetzt Mitleid mit ihr haben?
Mit misstrauischem Ton, frage ich:
„Worauf willst du hinaus?"
„Nichts, nur dass wir uns mal zusammen treffen könnten. Ihre Kinder, unsere Kinder."
„Aha."
Ich weiß nicht, ob ich das will. Aber ich antworte: „Ok"
„Sehr schön, Kätzchen."
Er fällt erneut über meine Lippen her und wir versinken in den Laken.

********************************

Seit diesem seltsamen Gespräch sind einige Wochen vergangen. Ich versuche dem ganzen keine große Bedeutung beizumessen. Er erzählt alles offen: Wann er sich mit ihr trifft, welche Songs sie aufnehmen, wenn er später nachhause kommt, ruft er an.
Er versucht mich damit zu beruhigen, aber genau dieses veränderte Verhalten ist es, was mich plötzlich zweifeln lässt.
Es gab immer seine Fans und Groupies. Trotzdem hatte ich ihm immer vertraut, hatte nie einen Hauch eines Zweifels, aber jetzt verstehe ich nicht, was er damit bezweckt.
Auf meine Fragen, bekomme ich immer die selbe Antwort: „ich will, dass du weißt, dass da nichts läuft!"

Ich komme jedoch nicht gegen diesen nagenden Zweifel an.
Als ich vor seinem PC Sitze, um einige meiner Arbeiten auszudrucken, überkommt mich dieser Drang.
Es ist nur ein Klick. Er hatte mir mal gezeigt wie...
Während ich noch darüber nachdenke, habe ich bereits auf den Button geklickt und die Nachrichten, welche sie ausgetauscht haben, tauchen vor mir auf.
Seine letzte Nachricht ist wie ein Schlag in die Magengrube:

„... ich weiß, dass ich dich nicht haben kann und es zerreißt mich vor Sehnsucht. ... Ich fühle mich wie ein mit glückshormonen vollgepumpter Teenager, wenn du mich anlächelst oder mich berührst... Selbstverständlich wünsche ich mir Zärtlichkeiten mit dir auszutauschen. Ich liebe dich dafür, dass du dich um mich sorgst und mit mir befreundet sein und mit mir singen möchtest. Das möchte ich für nichts auf der Welt eintauschen."

Am Ende der Nachricht wünsche ich mir, den klick nicht getätigt zu haben.
Ich kann nicht klar denken. Alles was er in letzter Zeit beteuert hat, waren Lügen. Warum?!?

Als ich den Schlüssel im Schloss höre, logge ich mich aus und schalte alles ab.
Ich weiß nicht, wie ich ihm begegnen soll. Im Moment dreht sich alles. Mir ist schlecht. Mein Magen rebelliert. Ich springe auf und renne ins Bad. Ich schaffe es gerade noch so über die Toilette, bevor mein Essen mich begrüßt.
Ich hänge noch über dem WC, als die Tür hinter mir aufgeht: „Kätzchen? Alles in Ordnung?"
Statt einer Antwort ergießt sich ein weiterer Schwall ins Klo.

Mh, wenn er denkt ich sei krank, habe ich wenigstens eine Ausrede. Aber warum? Ich habe doch nichts falsch gemacht!
Ich spüre eine Hand auf meinem Rücken und versuche mich ihm zu entziehen, indem ich ans Waschbecken gehe, um mich zu waschen.
„Kätzchen?"
„Alles gut", antworte ich knapp.
Colin sieht mich skeptisch an, bevor er das Bad verlässt.
Ich versuche mich zu beruhigen, atme einige Male. Wische die Tränen weg. Sinnlos. Sie laufen einfach über meine Wangen, ohne dass ich sie stoppen kann.
Zitternd stehe ich im Bad. Ich kann jetzt nicht... ich kann nicht zu ihm gehen... ich kann nicht reden!
Noch nicht.
Aus Verzweiflung lasse ich mir ein Bad ein und lege mich in das warme Wasser.

Ich gehe ihm den restlichen Abend aus dem Weg. Da er wirklich von einer Erkältung ausgeht, kann ich dieses Schauspiel an einem Abend durchziehen.

Ich liege die ganze Nacht wach in meinem Bett. Colin schnarcht seelenruhig neben mir.
Ich kann das nicht! Ich will ihm nicht sagen, dass ich seine Nachrichten gelesen habe, aber wir müssen reden.

Statt ihn zu wecken, schreibe ich meinem Mann, der neben mir liegt, eine Nachricht.
Warum fällt es mir gerade so schwer zu reden? Selbst die Nachricht zu tippen bekomme ich kaum zustande. Ich bin wie gelähmt. Man glaubt nie, dass es einem passieren kann... der eigene Mann und eine andere Frau.
Wo lag mein Fehler? Ich halte ihm den Rücken frei, kümmere mich um die Kinder, den Haushalt, gehe meiner Arbeit nach. Bevor ich Abends hundemüde ins Bett falle bekommt auch mein Mann was er braucht, oder wünscht. Für mich bleibt kaum Zeit.
Vielleicht ist es das? Muss ich egoistischer sein? Ihn abweisen?

Am Ende steht in dieser Nachricht  nur: „wir müssen reden."

Was sollte ich auch anderes schreiben?

********************************

Am nächsten Morgen wache ich wie gerädert auf. Colins Seite ist leer. Ein Blick auf das Handy verrät mir, dass ich gerade mal 2 Stunden geschlafen habe.
Denn „Morgen" ist zu viel gesagt.
4 Uhr ist noch mitten in der Nacht.
Ich greife auf Colins Seite, um festzustellen, dass diese noch warm ist, so lange kann er nicht weg sein.
Also schäle ich mich müde aus dem Bett und schlurfe ins Wohnzimmer, aus dem ein flackerndes Licht in den dunklen Gang fällt.
Er sieht fern und sitzt auf dem Sofa.
Schweigend gehe ich zu ihm und lasse mich auf der Couch nieder.
Colin greift nach der Fernbedienung und schaltet den Fernseher ab.
„Du wolltest reden?" Er dreht sich zu mir, zieht ein Bein auf die Couch und blickt mich fragend an.
Seine Haare hat er zu einem Zopf zusammen gebunden. Verdammt, noch immer verliere ich mich in seinen eisblauen Augen. Ich schlucke hart, und versuche mich zu konzentrieren.
„Ja. - Vielleicht kommt es für dich unerwartet, weil ich bisher nichts gesagt habe, aber..."
„Mir ist aufgefallen, dass du verschlossener warst in letzter Zeit. Worum geht es? - Hast du einen andern?", fragt er mich gerade heraus.
„ICH?!?", platzt es aus mir viel zu laut heraus.
„Ja, dein Verhalten. Du distanzierst dich von mir. Du bist kalt und abweisend."
Ok, damit könnte er recht haben: „Vielleicht hast du recht, aber nicht weil ich eine Affäre habe..."
„Du glaubst also, dass ich dich betrüge! Vermutlich mit Sally ich hatte dir gesagt, dass nichts läuft! Glaubst du mir nicht? Habe ich dir jemals einen Grund gegeben mir nicht zu vertrauen?"
Er hat ja recht, das hat er nicht, aber: „ich habe ein Problem damit, wenn du einer anderen Frau deine tiefe. Gefühle Beichtest und ihr sagst, dass du sie liebst!"

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