Kapitel 24

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Die Tage vergehen und die Übelkeit und das merkwürdige Gefühl in meinem Bauch werden nicht besser, eher im Gegenteil. Sobald ich Essen rieche, muss ich mich übergeben. Doch anstatt dass ich logischerweise an Gewicht verliere, nehme ich zu. Nicht viel, nur wenige Gramm, aber es reicht, dass ich mehr oder weniger Gewissheit habe.

Harry weiß immernoch nichts davon. Er denkt, ich hätte mir den Magen verdorben und bräuchte einfach Ruhe, wobei er mit letzterem auch nicht ganz daneben liegt. Ich liege nahezu den ganzen Tag im Bett oder auf der Couch und zerbreche mir den Kopf. Der Schlaf holt mich nur selten ein, sodass ich einfach auch keine Energie habe, irgendetwas zu tun. Außer nachzudenken. In meinem Kopf tummeln sich so viele Fragen, vor deren Antwort ich mich fürchte. Am meisten Angst habe ich jedoch vor Harrys Reaktion, wenn er erfährt, dass ich schwanger bin. Entweder wird er sich freuen oder er wird es hassen. Und dies hängt ganz davon ab, ob er der Vater ist oder Alec.
Das Schlimme ist, dass ich mit niemandem wirklich darüber reden kann. Niall und ich sind immernoch mehr oder weniger verkracht, Liam und Zayn sind kaum noch irgendwo zu sehen, da sie nur herumturteln und Harry fällt ganz weg. Naja und dann ist da noch meine Familie. Doch diese hat im Moment so viel Anderes im Kopf. Sie müssen sich erholen und sind damit beschäftigt, ihr neues Zuhause aufzubauen, dass ich mich nicht noch mit meinem Sorgen aufdrängen möchte. Auch wenn ich weiß, dass mir niemand von ihnen einen Vorwurf machen würde.

"Hey, wie fühlst du dich?" Harry öffnet die Schlafzimmertür ein wenig und sieht mich besorgt an. "Nicht besser und nicht schlechter", gebe ich ehrlich zurück. Er nickt sachte und kommt zu mir. "Ich habe dir eine Suppe gekocht. Vielleicht bleibt davon etwas in deinem Magen", schlägt er unsicher vor und hält mir den Teller entgegen. Tomatensuppe. Lecker. "Danke, Love", sage ich mit einem Lächeln, was er sanft erwidert. Harry zieht mir das Kissen zurecht, sodass ich aufrecht im Bett sitzen kann und stellt den Teller auf meinen Schoß. "Musstest du dich vorhin nochmal übergeben? - "Nein, nur heute Morgen zweimal." - "Das geht nun schon fast zwei Wochen so, Lou. Irgendetwas stimmt da nicht."
Ich zucke bloß mit den Schultern meide unauffällig seinen Blick. Es macht mir ein schlechtes Gewissen, dass er sich solche Sorgen macht. Ich bin nicht krank, aber ich kann auch nicht so tun als wäre alles in bester Ordnung, denn das ist es schlichtweg nicht. "Ich glaube langsam nicht mehr, dass du dir einfach nur den Magen verdorben hast", beginnt Harry langsam. Automatisch schießt mein Puls in die Höhe. "Ich bin mir sicher, dass es etwas mit Alec zu tun hat." - "Was?", frage ich bloß und stelle mich dumm. Innerlich bricht die Panik in mir aus. Ich hoffe nicht, dass Harry das auch spürt. "Er hat irgendetwas mit dir gemacht, von dem ich nichts weiß. Hat er dir etwas zu trinken gegeben? Oder zu essen? Vielleicht hat er dir etwas untergemischt", überlegt Harry laut und legt nachdenklich seine Hand auf meinen Oberschenkel. Sofort lege ich meine zu seiner und verschränke unsere Finger. Die Wärme tut mir gut. Und die Nähe. "Ich kann mich nicht mehr erinnern. Die Hitze vernebelte so sehr meinen Kopf, Haz. Es kann schon sein, dass er mir etwas zu trinken gegeben hat." Es fällt mir unglaublich schwer, ihn anzulügen. Aber es geht nicht anders.

"Lou, ich ähm..." Er stockt und scheint mit den Worten zu ringen. "Was ist los?", frage ich unwohl. Der Alpha seufzt. "Ich weiß, du kannst so etwas nicht leiden.... aber ich habe Ethan getroffen. Er... er wird dich untersuchen. Heute noch." - "Er ist hier?", frage ich überrascht. - "Nicht im Revier. Er wollte nicht, dass die anderen ihn sehen. Aber er wartet auf uns." - "Uns? Du kommst mit?" - "Natürlich." - "Hm."

Harry runzelt verwirrt die Stirn und beobachtet mich eine Weile, wie ich die Suppe langsam löffle. "Möchtest du nicht, dass ich dabei bin?"

"Ähm... doch, schon... es ist nur..." - "Ich verstehe schon. Es ist okay, Lou, du hast auch ein Recht auf Privatsphäre. Aber darf ich dich wenigstens hinbringen?" - "Gern."

Also machen Harry und ich uns kurz darauf auch schon auf den Weg.
Mein Blick schweift zu dem dunklen Wolf, der neben mir her trottet. Er hat den Kopf gesenkt und schnüffelt ab und zu mal auf dem Boden.

Little white truths - L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt