Kapitel 30

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"Geh doch endlich zu, du Mistding", knurre ich und ziehe den Bauch so weit es geht ein. Schon seit einer halben Stunde versuche ich, diese doofe Jeans anzubekommen. Erst lag es an den Oberschenkeln, jetzt liegt es am Bauch. Ich bekomme den verdammten Knopf einfach nicht zu und bereits jetzt habe ich das Gefühl, als würde die Hose bei jedem Schritt gleich reißen. Ächzend ziehe ich den Bauch ein, halte die Luft an und probiere es erneut. Und tatsächlich bekomme ich den Knopf endlich zu. Für einen Moment zumindest.

Mit einem Scheppern knallt der Knopf ab und landet auf dem Holzboden. "So ein Mist!", schimpfe ich lautstark, ziehe die Hose wieder aus und werfe sie wütend Richtung Tür. Nur dass diese plötzlich aufgeht und Harry nun da steht. Mit meiner Hose auf dem Kopf. Das Bild heitert mich für ein paar Sekunden auf, dann jedoch erinnere ich mich wieder an den Grund meiner schlechten Laune. "Was ist denn los?", fragt Harry und nimmt sich die Jeans vom Kopf. "Die ist zu klein", beschwere ich mich und deute darauf. - "Und alle anderen auch?", fragt Harry verwirrt und betrachtet sämtliche Jeans, die schon auf dem Boden und Bett verteilt liegen. Er bückt sich, hebt eine auf und mustert sie. "Die hat dir doch immer gut gepasst, oder?" - "Ja, jetzt aber offensichtlich nicht mehr!" Wütend verschränke ich die Arme vor der Brust und gehe zu meinem Schrank. "Ich habe nurnoch Jogginghosen die mir passen!" Seufzend hebt Harry die Hosen vom Boden auf und beginnt damit, sie ordentlich zusammenzulegen. "Dann gehe ich heute eben in die Stadt und hole dir neue. Du hast in letzter Zeit eben mehr gegessen, da ist es normal, dass man ein wenig zunimmt, Louis."

"Findest du es schlimm? Also... bin ich jetzt unattraktiv oder-" Sofort schüttelt Harry mit dem Kopf, lässt die zusammengefalteten Hosen fallen und kommt zu mir. "Ich habe es dir schon einmal gesagt, Lou. Nichts könnte dich in meinen Augen unattraktiv machen. Dann hast du eben ein wenig mehr auf den Rippen, na und? Ich muss dir sogar ehrlich gestehen, dass es mir sehr sehr gut gefällt. Du hast einen außerordentlich knackigen Po bekommen." Während des letzten Satzes liegt ein breites Grinsen auf seinen Lippen, während ich mich nur schockiert mit dem Hintern zum Spiegel drehe. "Ich will aber keinen Nilpferdarsch haben!", rufe ich entsetzt. - "Das hast du doch auch nicht, Herrgott! Dein Arsch ist perfekt, genau wie der Rest von dir! Was meinst du denn, warum ich dich in letzter Zeit immerzu vögeln möchte?!"

Nun muss ich auch lachen. In der Vollmondnacht dachte ich ja, das wäre eine Ausnahme gewesen, doch Harry kann wirklich kaum die Finger von mir lassen. Naja und wenn er dann mit hartem Schwanz vor mir steht, geht es mir eben genauso. Ich würde fast schon behaupten, wir seien übervögelt, aber ich bezweifle, dass es diesen Zustand überhaupt gibt. "Also muss ich nicht abnehmen?", versichere ich mich. - "Nein, musst du nicht." - "Und... was wäre, wenn ich noch weiter zunehme?" Harry runzelt die Stirn, während ich schnell den Blick senke. "Komische Frage", stellt er verwirrt fest, "aber es würde mir nichts ausmachen. Zumindest so lange nicht, bis es ungesund werden würde. Aber vielleicht habe ich ja Glück und du nimmst irgendwann noch mehr zu... aber nicht am Po, sondern hier." Er legt lächelnd seine Hände an meinen Bauch, den ich daraufhin schnell einziehe. "Was meinst du damit?", frage ich gespielt verwirrt. Innerlich tobt in mir gerade ein Wirbelsturm. Weiß Harry etwas? Oder ahnt er es nur? Spürt er es vielleicht sogar selbst?
"Naja... Ethan hatte uns ja bestätigt, dass du schwanger werden kannst.. und früher oder später sind wir ja vielleicht beide dazu bereit, es zu probieren... oder nicht?" Ich sehe ihn mit großen Augen an. Harry wirkt unsicher. - "Früher oder später?", wiederhole ich leise.
"Ja. Ich meine... wir hatten ja schon einmal darüber gesprochen, dass es jetzt noch viel zu früh wäre. Es ist so viel passiert und wir waren uns ja einig, dass jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt ist", erklärt er und lächelt sachte. - "Und... was wäre, wenn aus dem Früher oder später ein früher werden würde?" Mein Herz scheint gleich aus meiner Brust zu springen. Ich versuche alles, dass Harry es nicht spürt. "Hm. Ich wäre wohl überfordert", gibt er lachend zu. Ich lache mit. Jedoch ist es nicht echt. Harry hat soeben bestätigt, dass er noch kein Vater werden möchte. Was wäre also, wenn er es jetzt erfahren würde? Ich schätze, er wäre wütend. Wütend, dass ich ihn belogen habe, dass ich vielleicht vom einem anderen Alpha schwanger bin, dass ich das Baby verlieren könnte und dass wir beide noch nicht bereit für Kinder sind. Und jeder dieser Gründe für seine Wut wären berechtigt. Ich hasse mich ja selbst dafür. Manchmal wünsche ich mir, ich könnte einfach gar nicht schwanger werden. Dann würde keines dieser Probleme bestehen und alles wäre prima.

Little white truths - L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt