Kapitel 34

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Drei Tage ist Harry nun schon weg. Es beunruhigt mich, dass er so lange unterwegs ist, doch ich weiß, dass er immer in meiner Nähe bleibt. Sobald sich die Trenungsschmerzen für wenige Sekunden bemerkbar machen, lassen sie auch schonwieder nach. Harry spürt, wann er zu weit weg ist und hält sein Versprechen, mir niemals erneut diese Schmerzen zuzufügen.

Seufzend stehe ich auf, öffne die Fenster und ziehe mir etwas an. Es ist noch früh am Morgen, doch ich kann ohne Harry einfach nicht gut schlafen und sinnlos im Bett herumliegen möchte ich auch nicht mehr.

Ich schließe die Haustür hinter mir und gehe zielstrebig zu Nialls Hütte, wo bereits das Licht in der Küche brennt. Leise klopfe ich gegen die Tür, die sich kurz darauf mit einem Quietschen öffnet. Niall steht mir gegenüber. "Louis? Was machst du hier?", fragt er mit großen Augen. - "Deine Aktion damals war scheiße, Niall", beginne ich direkt, woraufhin er betreten den Blick senkt. "Ich weiß", murmelt er. - "Du hast dir nicht nur den falschen Zeitpunkt für deine Vorwürfe ausgesucht, sondern hast dich nicht einmal bei mir entschuldigt. Warum hast du mir immer vorgegaukelt, wir wären beste Freunde, wenn du mich eigentlich gar nicht hier haben möchtest?" Ohne es zu merken wird meine Stimme gegen Ende immer lauter, weshalb Niall mich ins Innere seiner Hütte zieht und die Tür hinter und schließt. Seufzend lasse ich mich auf einen der Stühle in der Küche fallen. "Warum, Niall?", frage ich leise, als er mir immernoch nicht antwortet. "Ich... es tut mir so leid, ich war so unglaublich gemein zu dir und..." - "Das beantwortet nicht meine Frage." Er nickt langsam und verknotet angespannt seine Finger miteinander. "Mir geht es nicht gut", beginnt er unsicher und blickt mich kurz an, als wolle er sichergehen, dass ich ihm auch wirklich zuhöre. "Der Tag an dem Harry zu Alec gegangen ist war der Todestag meiner Eltern. Seit zehn Jahren bin ich nun schon allein und... es macht mich fertig, euch alle so glücklich zu sehen. Das klingt so gemein, das ist mir klar, aber ich habe einfach niemanden. Und.. ich spiele im Moment mit dem Gedanken, ob... ob ich aus dem Rudel austreten sollte."

Schockiert starre ich ihn an. "Was?! Du kannst doch nicht einfach so austreten, Niall! Wie alle brauchen dich, du gehörst doch mit zur Familie!" - "Welche Familie denn, Louis?", fragt er verbittert, "hier wimmelt es von gebundenen Pärchen, ich bin mit den Jungtieren einer der einzigen, der alleinstehend ist! Wen würde es denn dann interessieren, wenn ich einfach gehen würde?!" - "Mich würde es interessieren, Niall! Und Harry, Liam und Zayn genauso! Du bist mein bester Freund, du warst von Anfang an für mich da, du bist wie mein großer Bruder. Du bist für mich ein Bestandteil meiner Familie." Tränen glitzern in seinen Augen, als er leise schnieft und den Kopf senkt. "Aber mich will niemand." Kurzerhand stehe ich auf und schließe meine Arme fest um seinen zitternden Körper. Sofort drängt er sich dankbar an mich und schluchzt leise. "Wir brauchen dich, Niall. Du kannst uns doch nicht einfach so hängen lassen." - "Warum sagst du das zu mir? Ich war so unglaublich gemein und habe mich nicht einmal entschuldigt!" - "Was glaubst du denn, wie oft es mir selbst schon so erging? Ich war zu Harry anfangs so blöd, dass ich mir selbst in den Hintern treten würde, wenn ich es könnte. Er hat mich mit offenen Armen empfangen und ich war einfach nur undankbar und herzlos zu ihm. Und dennoch haben wir es geschafft, diese Bindung einzugehen und uns zu lieben. Niall, du kannst nicht einfach gehen. Du musst doch der Patenonkel meines Babys werden", erzähle ich leise. Niall schluchzt erneut auf, dann scheint er zu realisieren, was ich ihm damit sagen will. "D-deines Babys? Du bist schwanger?!" Ich nicke lächelnd und lege meine Hand auf meinen Bauch. "Ich komme morgen in die dreizehnte Woche." - "D-das... oh Gott!" Niall beginnt zu strahlen und stiert auf meinen Bauch. "Ja, ich habe zugenommen, das brauchst du mir nicht zu sagen", erkläre ich lachend. "Und... ich darf wirklich der Patenonkel sein?", wiederholt er ungläubig. "Ich bestehe darauf." Erneut schlingt er seine Arme um mich und lacht glücklich auf. "Danke, das bedeutet mir so unglaublich viel! Ich... ich werde Onkel!"

Little white truths - L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt