Kapitel 35

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"... jedenfalls ist Niall todunglücklich und ließ sich nur damit besänftigen, dass er Patenonkel des Babys wird", erzähle ich und kuschle mich enger in Harrys Arme. Er gibt ein nachdenkliches Geräusch von sich. "Die Situation ist nicht gerade einfach. Natürlich möchte ich unter keinen Umständen, dass er aus dem Rudel austritt, aber ich kann ihn auch nicht zwingen, hierzubleiben", erklärt er bedauernd. - "Ich weiß. Aber... gäbe es nicht eine Chance, dass... also Zayn und Liam..." - "Dass sie ihn mit in die Bindung aufnehmen?" Ich nicke ernst und drehe mich ein wenig, um ihn besser ansehen zu können. "Naja, soweit ich weiß ist er keinen von beiden egal. Sie haben ihn bisher nur immer wie einen kleinen Bruder angesehen und auch sein Rang macht es nicht gerade einfacher. Zwei Betas und ein Delta gab es soweit ich weiß noch nie. Bindungen zu dritt sind schon möglich, aber auch schwierig." - "Inwiefern?", frage ich neugierig. - "Betas sind kräftiger. Sie sind dafür gemacht zu kämpfen. Und Niall dagegen ist sensibler, ähnlich wie du, aber nicht so stark. Er ist verletzlicher und es besteht die Warscheinlich, dass die drei sich irgendwann streiten und Niall dann leer ausgeht. Das würde ihm dann den Rest geben, oder nicht?"

"Und wenn sie es schaffen, sich nicht zu streiten?"

"Streit kommt in jeder Bindung vor. Aber bei ihnen wäre es komplizierter, weil sie nicht voneinander abhängig sind. Bei dieser Beziehung wäre es ein leichtes, einen Partner zu verstoßen, wenn es nicht klappt. Und diese Wahl würde weder auf Zayn noch auf Liam fallen. Niall kann keine Welpen zeugen also wäre er genau genommen nur ein Anhängsel, das nicht mit den anderen beiden mithalten kann." - "Aber Niall ist toll", brumme ich. Harry schmunzelt und streicht mir sanft über die Wange. "Das ist er. Aber ich glaube einfach nicht, dass er für dieses Trio gemacht ist." Unzufrieden mit dem Ausgang unserer Gesprächs winde ich mich aus seiner Umarmung und gehe in die Küche, wo ich mich einfach nur ans Fenster stelle und hinausblicke. Es muss doch eine Lösung geben, wie ich Niall helfen kann, irgendetwas wird mir schon einfallen.Ich möchte meinen besten Freund nicht im Stich lassen.

"Louis... sei nicht sauer auf mich, ich kann doch auch nichts dafür." Harry legt von hinten seine Arme um meinen Bauch und lehnt seinen Kopf an meinen. Seufzend schließe ich meine Augen einen Moment. "Ich bin nicht sauer auf dich. Ich weiß doch auch nicht, was mit mir los ist, aber es macht mich fertig, Niall so zu sehen." Eine ganze Weile ist es still, dann massiert Harry vorsichtig mit den Handflächen meinen Bauch. "Das macht wohl die Schwangerschaft", sagt er und kichert leise, als ich genüsslich seufze und mich gegen ihn fallen lasse. "Meinst du wirklich?", frage ich, ohne ganz bei der Sache zu sein. "Ja, die Hormone lassen dich empfindlicher werden, was deine Gefühle anbelangt. Trauer empfindest du schlimmer als zuvor und Glück dafür noch schöner." - "Das klingt dumm." - "Es ist aber Fakt." - "Mhm."

"Also reagiere ich in der Niall-Sache über?", frage ich erneut. - "Nein, es ist einfach das was du empfindest. Da gibt es kein zu viel oder zu wenig Gefühle. Wir können ja morgen mal mit Zayn und Liam reden, was meinst du?" - "Klingt gut." Ein herzhaftes Gähnen überkommt mich, woraufhin er lachen muss. "Na komm, wir gehen erstmal schlafen, bevor du mir noch wegklappst." Er nimmt meine Hand und zieht mich hinter sich her ins Badezimmer, wo ich mich auch gleich auf den Rand der Badewanne setze und Harry abwartend ansehe. Grinsend überreicht er mir meine Zahnbürste mit einem Klecks Zahnpasta. "Danke", nuschle ich und gähne erneut. "Von was bist du denn so müde?", fragt Harry nachdenklich. - "Du warst die letzten Nächte nicht bei mir, also habe ich kaum geschlafen." Er senkt schuldbewusst den Kopf und nickt langsam. "Tut mir leid... ich wollte eigentlich gar nicht so lange weg bleiben, höchstens für eine Nacht, aber... ich musste mir zuerst über alles klar werden, verstehst du?" Ich seufze und spüle meinen Mund aus, wofür ich mich schwerfällig erhebe. "Schon, aber... hättest du mich-... hättest du uns wirklich verlassen?" Harry sieht mir kurz in die Augen, dann schüttelt er mit dem Kopf. "Niemals. Es tut mir leid, dass ich dir dieses Gefühl gegeben habe, Louis. Ich hatte mich nur all die Wochen so auf das Baby gefreut und dann zu erfahren, dass ich gar nicht der Vater bin, ist schwer. Ich kam nicht damit klar, dass Alec nicht nur während unserer Bindung mit dir geschlafen hat, noch dazu in deiner Hitzephase und du schließlich ein Baby von ihm erwartest. Ich fühlte mich so hintergangen. All die Jahre habe ich mir einen Omega gewünscht, mit dem ich eine Familie gründen kann und kaum hatte sich dieser Wunsch erfüllt, zerplatzt plötzlich alles wie eine Seifenblase. Ich hatte das Gefühl, dir nicht zu genügen."

Little white truths - L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt