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-Die Gerüchteküche-

Als Jeffrey am nächsten Morgen mit extremen Nackenschmerzen aufwachte und sich in seinem Zimmer umziehen wollte, schlief Laura noch tief und fest. Er hatte sich heute für ein lange, braune Hose und ein enges, weißen Oberteil entschieden welches er sich in die Hose steckte. Nachdem er sich Ohrringe ansteckte und seine übliche Ringauswahl über die Finger gleiten ließ schrieb er, mit einer Zahnbürste im Mund, auf einen Zettel eine Nachricht, welche er dann neben seinem Bett auf den Boden platzierte, sodass Laura ihn beim aufstehen sehen würde.

Muss zur Schule, schau mal auf den Nachttisch, hab dir was von gestern mitgebracht. Im Kühlschrank gibt es noch Nudeln und meinen Erdbeerjugurt, den kannst du essen wenn du magst. Können später was mache wenn du willst. Vielleicht spazieren oder essen gehen? Sorry das ich nur an Essen denke, ich hab halt einfach Hunger.
xoxo Jeff

Schnell brachte er seine Zahnbürste zurück in das kleine Badezimmer, direkt neben das seiner Schwester und klopfte dann an die Tür von genau diesem Zimmer. „Hm?" Jeffrey öffnete die Tür und sah sich seiner Schwester gegenüber die vor ihrem Schminktisch saß und sich Mascara auftrug. „Sag mal hast du meine Kette gesehen?" Ohne sich von ihrem Spiegel, der über den Tisch hing abzuwenden antwortete seine Schwester. „Welche meinst du?" „Die mit dem kleinen Kristall-Stein-Dings, der grüne." Jessica drehte die Schminktube zu und kramte in einer Schublade. „Die?" Jeffrey nickte seufzend. „Hättest du nicht fragen können bevor du sie dir krallst und in den Tiefen deines Schrankes vergammeln lässt?" Er lief zu seiner Schwester und nahm ihr die Kette ab. „Wollte ich ja aber als ich in dein Zimmer ging war da nur diese Laura die in deinen Anziehsachen in deinem Bett gepennt hat." Jeffrey verdrehte die Augen. „Frag bitte trotzdem das nächste mal." Jessica zog das Gesicht seines Bruders zu sich herunter und gab ihn einen kurzen Kuss auf die Wange. „Geht klar." „Du hattest Lippenstift drauf!", beschwerte sich Jeffrey doch mit einem Blick in den Schminkspiegel musste er lachen. Auf seiner Wange zierte sich der Abdruck Jessicas Lippen und ließ ihn wie ein Playboy aussehen, wie er da so lässig stand und offen zur Schau stellte, das ihn ein Mädchen auf die Wange geküsst hatte. Zumindest stellte sich Jeffrey genau so ein Playboy vor. Schnell wischte er sich den klebrigen Abdruck von der Wange und lief zurück zur Tür. „Kann ich dich mal wieder schminken?", fragte Jessica mit einem Mal hoffnungsvoll. „Warum das?", fragte Jeffrey verwirrt. „Ich durfte dich das letzte Mal mit 12 schminken.", quengelte Jessica. „Was denkst du was der Grund war, weshalb es das letze Mal war?", fragte Jeffrey, der die schmierige Masse an schwarz und rot wie eine verunstaltete Puppe ausgesehen gelassen hatte. Jessica, die wohl an das gleiche dachte lachte. „Komm schon, ich habe mich seitdem wirklich gebessert." Sie klimperte mit ihren langen Wimpern und zog einen Schmollmund. „Damit kriegst du mich nicht rum.", stellte Jeffrey trocken klar. Jessica seufzte. „Och komm schon. Ich dachte alle schwule Jungs stehen auf sowas. So, feminin anziehen und sich schminken." Jeffrey hob die Brauen. „Deine Denkweise lässt zu wünschen übrig aber gut, dann kannst du mich morgen oder so schminken." „Du bist ein Schatz!" „Außerdem bin ich bi."

Kopfschüttelnd verließ er wieder das Zimmer. Nie hätte er so einen Wunsch erfüllt. Mit dem Zeug, welches seine Schwester ihm dann in Haufen ins Gesicht schmieren würde rum zu laufen aber es war nun mal seine kleine Schwester die den besagten Wunsch geäußert hatte. Sie wusste genau was sie machen musste um Jeffrey zu überreden. Anscheinend war auch er in sie verfallen, natürlich auf keine romantische Art wie die meisten anderen Jungen in seinem Alter, nein, Jessica war ihm einfach so wichtig und ein Lächeln ihrerseits mit einem guten Essen zu vergleichen. Bei diesen Gedanken meldete sich wieder sein Magen. Natürlich war es ein schlechter Vergleich. Jessicas Lächeln war so viel mehr wert als etwas vergängliches wie Essen doch er hatte nun mal gestern, nach der Literaturausstellung nichts zu Abend gegessen doch war morgens meistens zu faul um sich auch nur ein Toast zu schmieren und so war es auch an diesem Tag. Jeffrey's Faulheit hielt sogar bis zu ihrer Bushaltestelle an, an welcher er sich und das passierte nicht all zu selten, über sich selbst aufregte nicht wenigstens einen Apfel mitgenommen zu haben. Als der Bus kam stieg Jeffrey, der noch immer in Selbstmitleid badete, da er wohl oder übel bis zum Mittagessen in der Schul-Mensa warten musste ein und ließ sich auf den Platz fallen, auf welchen er jeden Morgen saß. Er zuckte erschrocken zusammen als er den blassen Schönling mit der Lederjacke, den umgedrehten Kreuzen die an seinen Ohren hingen und der Sonnenbrille mit dem dünnen Gestell, welche auf seinen pechschwarzen Haaren thront erkannte. Langsam sollte er sich mal daran gewöhnen das auch Yasha mit diesem Bus fuhr und sich anscheinend auch ebenfalls den besten Platz zu seinem Stammplatz gemacht hatte. Respekt an dieses Verständnis für den perfektem Platz. „Guten Morgen.", begrüßte Yasha ihn und verstaute, so wie immer, seine Kopfhörer in seiner Jackentasche. Was er wohl für Musik hörte? Ein sehr intime Frage fand Jeffrey, da Musik mehr über eine Person aussagte als ihr Äußeres. Er selbst hörte eher ruhige Musik, bevorzugt Gitarren- oder Klavierbegleitungen die schöne, klare Stimmen gut unterstrichen aber er wusste wie das auf andere wirken konnte. Mal wieder schienen ihn alle besser zu kennen als er selbst es tat. Schon mehr als einmal hatten Schüler aus seiner Schule ihn mit Kopfhörern im Bus oder an einer Bushaltestelle gesehen und dann über seinen Musikgeschmack getuschelt. Einer hatte behauptet er würde Punk hören, ein anderer meinte irgendeinen ,Depri-Shit' während der dritte mit gelangweilter Stimme widersprach: „Das ist doch öde. Ihr spekuliert hier über so etwas herum ohne ihn wirklich zu kennen. Er geht in meinen Jahrgang und würde kaum eine der Branchen hören die ihr hier so überzeugt anpriest." Jeffrey hatte aufgeschaut und dem blonden, großen Jungen ein Lächeln geschenkt. Das war das erste mal, dass er Jack, der Junge der vor einigen Tagen seine Ablenkung vor dem Unterricht, eine Fliege, mit den Händen in den Himmel befördert hatte anschaute. Die Dankbarkeit für seine Worte glichen einem Kennlern-Gespräch weshalb Jack und er inzwischen so etwas wie Freunde geworden waren. Sie machten nicht übermäßig viel zusammen, erzählten einander nicht von Problemen und begrüßten sich selten auf den Gängen doch diese Verbindung war trotzdem da. Wenn es hart auf hart kam, konnten sie sich auf den jeweils anderen verlassen und auch um Hilfe bitten.

Ice blue eyes [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt