Sie waren im Aufbruch begriffen, als Papa Michael die Gaststube betrat. Er wollte noch einmal mit Philipos sprechen. Die anderen warteten eine geschlagene Stunde, und als der Mönch den Jungen zurückbrachte, hatte der sich verändert. Er sah ernster aus, erwachsener.
Die Räuberstrecke passierten sie ohne Probleme. Im Auto war es seit ihrer Abfahrt ungewohnt still.
„Was hat Papa Michael eigentlich gesagt?" fragte Tom.
„Beichtgeheimnis," sagte Phil, und mehr nicht.
„Wieso gibt es hier eigentlich so viele Überfälle? Das war jetzt das dritte Mal."
„Papa Michael sagt, das ist wegen der Grenze. Es wird viel geschmuggelt. Schmuggler sind leichte Beute für Räuber. Sie können ja schlecht zur Polizei gehen. Die Räuber gehen über die Grenze zurück, dann passiert ihnen nichts."
Kurz vor Athen meldete sich erstmals Phil wieder zu Wort.
„Ich verspreche Euch, ich ändere mich, in ganz vielen Dingen. Ich werde nie wieder aus der Reihe tanzen. Das Theater mit den Frauen ist auch vorbei. Ich mache mit Dora und Maria Schluss, und dann suche ich mir eine richtige Frau, die nicht nur immer mit mir schlafen will. So eine wie Sophia oder Xenia."
Drei junge Männer versuchten, sich zusammenzureißen. Es gelang ihnen nicht. Sie lachten schallend.
„Lacht Ihr ruhig. Nikos, Du kannst ja mal wieder gegen mich wetten, aber dieses Mal verlierst Du."
Auf Jannis' Terrasse warteten schon die beiden Männer, die Geld und Auto abholen wollten. Sandy übergab ihnen die Schlüssel, Nikos die Geldtasche, und sie fuhren weg. An der Zeltstadt auf Sandys und Manos' Grundstück wurden sie mit Jubel begrüßt. Es war Abend, und in der Grillpfanne schmorte duftend Gemüse. Sophia und Tom umarmten sich, Anastasia küsste Nikos auf die verschorfte Augenbraue und hauchte „Mein starker Held." Sandy und Manos verschwanden im Haus.
Aus den Augenwinkeln sah Tom Phil auf Sophias Freundinnen zugehen. Er deutete auf das Trio:
„Pass auf, jetzt gleich: Tränen."
„Bei welcher heute?" fragte Sophia achselzuckend.
„Heute bei beiden, und ab morgen bei keiner mehr."
Phil ließ die Mädchen stehen - Toms Prophezeiung erfüllte sich augenblicklich – und kam sicheren Schrittes auf sie zu.
„Ich brauche jemanden zum Kämpfen, ich muss mich austoben."
„Frag Spiros, ich bin jetzt unabkömmlich," sagte Tom und küsste Sophia.
Kommentarlos stiefelte Phil zu Spiros und trug ihm sein Anliegen vor. Der sah zu Tom herüber, der ihm mit angedeuteten Fausthieben klarmachte, was er zu tun hätte. Phil hatte einen Plan. Papa Michael hatte ihm, nachdem er seine Verfehlungen beichtete, eine ganze Reihe guter Ratschläge gegeben. Der Mann beeindruckte ihn schwer. Einer seiner Kernsätze war, dass man durch Niederlagen stark wird. Er war auf ein K.o. aus. Tom wäre der perfekte Gegner gewesen, aber Spiros würde er auch dahin kriegen, ihm eine richtige Niederlage zuzufügen, und das würde ihn stärker machen.
Dem war durchaus aufgefallen, dass der Jüngste in ihren Reihen ein Problemkind war. Ständig testete er seine Grenzen aus. Oft überschritt er sie und ging damit seinen Mitmenschen auf die Nerven. Sollte er ihn mit seiner Technik, einem Würgegriff etwa, zur Aufgabe zwingen oder ihn schlichtweg verprügeln, bis er aufgab? Er entschied sich für die letztere, da schmerzhaftere Variante.
Seine Aufgabe war schwieriger als gedacht. Phil stürmte ohne Rücksicht auf Verluste auf ihn ein, und er war verdammt schnell. Spiros musste tatsächlich einstecken, aber der Junge hatte keinerlei Deckung, und so krachten die Fäuste immer wieder an seinen Kopf. Dreimal musste Phil zu Boden, aber er gab nicht auf. Seine Augen waren schon etwas glasig. Spiros wusste, sein nächster Schlag würde die Sache beenden. Phil schwankte leicht, ging aber in Boxerpose und täuschte einen Schlag zum Kopf an, Spiros nahm die Arme hoch, und da traf ihn Phils Fuß. Er stöhnte auf, riss sich noch eine Sekunde zusammen und schickte den Kleinen mit einem mächtigen Schwinger ins Reich der Träume. Dann sackte er selbst zu Boden.
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Die richtigen Leute Band 3: Der schönste Ort auf Gottes Erde
Historical FictionDie abenteuerliche Reise geht weiter. Nachdem Dave sich plötzlich einem Erpressungsversuch durch die IRA ausgesetzt sieht, reisen Tom und Martin nach London, um ihm bei der Problemlösung zu helfen. Dabei lernen sie weitere „richtige Leute" kennen, d...