Sandy und Nikos standen ratlos auf einem gähnend leeren Platz am Kai im Industriehafen: Kein Schiff, kein Hafenarbeiter, nichts. Schließlich gingen sie zu dem Büro der Reederei, in dem noch Licht brannte. Der einzige anwesende Mitarbeiter sagte ihnen, das Schiff würde erst nach Mitternacht ankommen, es sei in Benghazi festgehalten worden.
„Festgehalten, wieso?" fragte Nikos.
„Frag mich was Leichteres. Ich habe ein Kabel bekommen, hier, lies selbst."
Nikos las die kurze Nachricht dreimal, dann übersetzte er:
„Schiff in Benghazi festgehalten. Zwei Passagiere von Oberst Gaddafi in Hubschrauber gebracht. Ankunft Piräus + 2,5h."
„Versteht Ihr das?" fragte der Angestellte, nachdem Nikos und Sandy ihren Freudentanz beendet hatten.
„Nein, das verstehen wir auch nicht. Kann ich mal telefonieren?"
Nikos wählte Basilis' Nummer und las ihm kommentarlos die Nachricht vor.
„Das auch noch. Nikos, bleibt, wo Ihr seid, ich komme."
Er rief im Hotel am Strefi an und gab Georgios neue Order.
Die Uptones spielten sich zur selben Zeit die Seele aus dem Leib. Im Publikum war heute ein besonderer Gast. Nicky hatte es gerade so zur Abfahrt nach Piräus geschafft. Jetzt tanzte sie zu der Musik ihres Freundes, und hundert Menschen mit ihr. Sie dachte ganz kurz an ihren Ex-Freund und fragte sich, wie sie es mit einem so langweiligen Mann so viele Jahre aushalten konnte.
Tom lehnte sich an die Reling und ließ die Lichter der Stadt auf sich zugleiten. Eigentlich schade, dass die Schiffsreise schon zu Ende war. Er wandte sich an George und Peter:
„Könnt Ihr für Euch und Euren Chef nicht am Wochenende eine Kabine für eine Kreta-Kreuzfahrt buchen? Ihr kommt da doch sicher dran. Wir brauchen mal einen Tag ohne Iren."
„Kreta, gute Idee, lange nicht da gewesen."
„Wie lange dauert das denn, den Kahn festzumachen?" Nikos konnte es nicht erwarten. „Wenn die bei den Fährschiffen so bummeln würden, würde alles zusammenbrechen."
Gerade, als Basilis mit dem Motorrad vorfuhr, kamen die Afrikareisenden die Gangway hinunter. Peter und George gingen heim; sie wohnten in der Nähe des Hafens. Tom bugsierte Barry ins Auto und entfernte sich mit den anderen einige Meter.
Barry beobachtete, wie sich die jungen Männer begrüßten. Tom und Nikos taten das nicht so, wie Untergrundkämpfer das im Allgemeinen tun. Sie redeten lebhaft, lachten und hüpften zwischendurch, küssten sich, und Tom übergab einem Motorradfahrer zwei Jutebeutel. Hatte Gaddafi ihnen etwa schon Geld mitgegeben?
„Okay, ich lasse je zwei Kopien machen." sagte Basilis. "Eine behalten wir, die andere und die Originale bekommt Ihr am Samstag. Ihr fahrt jetzt zum Hotel. Geht alle in ein Zimmer und schließt ab."
„Wieso das?"
„Sicherheitsmaßnahme. Fragt nicht, keine Zeit. Tut's einfach!" Er düste ab. Er hatte es sehr eilig. Immer noch schlichen zwei Männer, vermutlich die Ablösung der ersten, an der Treppe unterhalb des Hotels herum.
Tom sah auf die Uhr. Nicht zu spät.
„Kann ich hier irgendwo mit London telefonieren?"
„In der Nähe ist eine Telefonzentrale," meinte Nikos. „Kommt. Was sollte das wohl eben, mit „sofort aufs Zimmer"?"
„Keine Ahnung," sagte Martin. Er war Analytiker, kein Hellseher, und für eine Analyse hatte er nicht genug Informationen.
Bei Hans klingelte das Telefon. Nanu? Halb zwölf. Er war vor dem Fernseher eingeschlafen, im 3. Akt von MacBeth. Er nahm den Hörer ab, lauschte kurz, hing ein, und rief Gerda und Reiner an. Dann legte er Zettel und Stifte bereit.
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Die richtigen Leute Band 3: Der schönste Ort auf Gottes Erde
Fiksi SejarahDie abenteuerliche Reise geht weiter. Nachdem Dave sich plötzlich einem Erpressungsversuch durch die IRA ausgesetzt sieht, reisen Tom und Martin nach London, um ihm bei der Problemlösung zu helfen. Dabei lernen sie weitere „richtige Leute" kennen, d...