- LILLY -
Die Bestie musterte mich bedrohlich. Seine roten Augen stachen aus seinem stierähnlichen Gesicht ganz besonders hervor. Schon allein mit seinem Blick hätte er mich töten können. Doch diese Tatsache machte mir weniger Angst als ich dachte. Ich stand einem rotäugigen Monster schließlich schon ein paar Mal gegenüber.
Gefährlich wurde es erst, als sich der Minotaurus in meine Richtung bewegte. Er nahm Anlauf und stürmte mir nichts, dir nichts auf mich zu. Rechtzeitig konnte ich noch ausweichen. Jener stoppte, drehte sich wieder in meine Richtung und wiederholte seinen Angriff.
Ich brauchte einen Plan. Wenn ich hier als Verlierer rausgehen würde, würde dieses Oberhaupt wahrscheinlich Hackfleisch aus mir machen. Sie schien mir fast bedrohlicher als dieses Wesen, gegen das ich mich gerade versuchte zu behaupten.
Doch wie sollte ich das machen? Wie sollte ich denn hier demonstrieren, dass ich und meine Kameraden Freunde sind? Wenn ich den Minotaurus umlege, wird es wohl nicht funktionieren. Und wenn ich schreiend weglaufe, wohl auch nicht.
Es gab also nur eine Möglichkeit. Ich musste die Dörfler irgendwie dazu kriegen, mir zuzuhören. Auch wenn ich die Bestie ursprünglich nicht umlegen wollte, musste ich es für diesen Plan doch durchziehen. Ich aktivierte meine Elementarkräfte und ließ sie auf den Minotaurus los. Nach kurzer Zeit konnte ich ihn ziemlich eindrucksvoll zu Boden drücken. Bewusstlos.
Wieder war es still. Das einzige, was ich hörte, waren meine lauten und schnellen Atemzüge sowie Schritte, die sich auf mich zu bewegten. Ich blickte erst auf, als ich die Stimme von Mura hörte.
"Sensei Wu hat dich ausgebildet, nicht wahr?", fragte sie direkt.
"Woher-" Ich war mehr als verwundert.
"Das ist doch offensichtlich. Deine Elementarkräfte. Deine Bewegungen. Deine Weisheit und Entschlossenheit. So war Wu auch früher", Ich verstand sie immer noch nicht.
"Ich kenne ihn. Er war ein großartiger Elementarmeister und Ninja. Auch wenn wir an verschiedenen Orten leben, habe ich mitbekommen, dass er ein Ninja-Team ausgebildet hat. Das stärkste wohl überhaupt. Jeder von ihnen soll einzigartige Fähigkeiten auf Meisterniveau besitzen. Doch mit einem hatte ich nicht gerechnet: Die Kinder vom wohl größten Feind der heutigen Zeit sind ein Teil dieses Teams", Sie lächelte.
"Ich glaube dir und deinen Kameraden und entschuldige die Unannehmlichkeiten, Grüner Ninja", Sie verbeugte sich und mit ihr auch alle anderen Dörfler.
Ich war baff. Wir, die vor ein paar Minuten noch wie Abschaum behandelt wurden, wurden jetzt wie Könige behandelt? Scheint so, als ob sie uns nun vertrauen. Zum Glück. Unsere ersten Verbündeten.
* * *
"Kann mich nicht dran erinnern, wann ich das letzte Mal so was Gutes gegessen hab", nuschelte Cole, während er sich immer mehr von dem köstlichen Essen, welches uns von den Einheimischen serviert wurde, in den Mund schaufelte.
"Du Schwein! Zeig mal mehr Tischmanier!", forderte Ruby ihren Freund auf und sorgte damit für ein schallendes Lachen.
Nachdem die Dorfbewohner eingesehen hatten, dass wir keine Bedrohung für sie waren, nahmen sie uns herzlich in ihre Dorfgemeinschaft auf. Sie tischten uns ein riesiges Mahl voller okkulter Speisen auf. Keine Ahnung, was das alles war, aber es schmeckte einfach himmlisch.
Es wurde immer später. Dieser Abend war wirklich unvergesslich. Ich meine, wir saßen mit wildfremden Leuten an einem Tisch und amüsierten uns, als ob wir und schon ewig kennen würden. Es fühlte sich einfach so echt an. So als ob sich unsere Familie vergrößert hätte. Wir gehörten nun alle zusammen.
Weil ich so in meine Gedanken vertieft war, entging mir fast, dass Mura den Raum verließ. Ohne wirklich darüber nachzudenken, folgte ich ihr heimlich. Sie machte auf einer Art höherem Plateau halt und schaute zum Himmel hinauf. Ihre dunklen Augen glitzerten im Schein des Mondlichts und der kühle Wind strich ihr leicht durchs Haar. Sie war wunderschön.
Zwar entsprach Mura nicht den üblichen Schönheitsidealen, war aber trotzdem auf ihre ganz eigene Art eine wahre Schönheit. Sie wirkte so mutig und doch zerbrechlich. So grob und doch zart. So lässig und doch ernst. Wenn ich sie in einem Wort beschrieben müsste, von dem, was ich bisher gesehen habe, würde ich wohl "Königin" sagen.
"Gibt es einen Grund, warum du mich so eindringlich musterst?", fragte sie plötzlich.
"Oh, tut mir leid. Ich wollte Sie nicht-"
"Duze mich doch bitte. Wir sind doch auf derselben Wellenlänge, Grüner Ninja", lächelte sie.
Warte. Hat mir gerade eine Königin gesagt, dass ich sie duzen soll, weil wir gleichgestellt sind? Ich reiche also in meiner Position als Grüner Ninja selbst an solche hohen Tieren ran?
"Was liegt dir auf dem Herzen, Kleines?", fragte sie mich dann behutsam.
Ich seuzte.
"Nun ja. Vor etwa einem Jahr konnten wir Garmadon geradeso besiegen und ihn aus Ninjago verbannen. Jetzt haben wir einen Hinweis bekommen, dass er sich hier aufhalten soll, und wir sind hierhergekommen. Was mir Sorgen bereitet ist... Wir wissen einfach noch gar nichts über Jamashima. Weder von wem wir die Infos bekommen haben, noch wo sich Garmadon befindet, geschweige denn, was diese Insel überhaupt ist. Es gehen mir einfach so viele Sachen durch den Kopf, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll, auszumisten. Denn was ist, wenn diese Mission ein Reinfall wird und wir Garmadon nicht besiegen können. Was wird dann passieren? Der Weltuntergang? Es ist schon schlimm genug, dass der Typ mein Vater ist, aber auch noch unser größter Erzfeind?!", erklärte ich ihr alles.
"Weißt du noch, als ich sagte, du ähnelst Sensei Wu?"
"Ja."
"Das nehme ich zurück, denn dafür denkst du zu viel nach."
"Danke für diesen wahnsinnig guten Ratschlag."
"Nein, ich meine es ernst. Du denkst nicht nur an das Jetzt, du denkst gleich drei Schritte voraus. Das finde ich gut, aber lass dich von deinen Gedanken nicht auffressen. Du hast schließlich viele Freunde und Verbündete, die dir zur Seite stehen. Du bist nicht allein. Und die fehlenden Infos kannst du auch von einem alten Weib, wie mir, bekommen. Also. Was möchtest du wissen?"
Ihre Worte brannten sich tief in meine Seele ein und wiederholten sich immer und immer wieder. Du bist nicht allein. Du bist nicht allein. Du bist nicht allein. Ich habe keine Ahnung, wie sie es macht, aber sie gab mir Hoffnung. Ja. Das ist es, was wir brauchen. Hoffnung...

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𝗪𝗲𝗻𝗻 𝗱𝗶𝗰𝗵 𝗱𝗮𝘀 𝗦𝗰𝗵𝗶𝗰𝗸𝘀𝗮𝗹 𝗲𝗶𝗻𝗵𝗼𝗹𝘁 || ɴɪɴᴊᴀɢᴏ ғғ
Hayran Kurgu𝖡𝖺𝗇𝖽 1: 𝖶𝖾𝗇𝗇 𝖽𝗂𝖼𝗁 𝖽𝗂𝖾 𝖵𝖾𝗋𝗀𝖺𝗇𝗀𝖾𝗇𝗁𝖾𝗂𝗍 𝖾𝗂𝗇𝗁𝗈𝗅𝗍 𝖡𝖺𝗇𝖽 2: 𝖶𝖾𝗇𝗇 𝖽𝗂𝖼𝗁 𝖽𝖺𝗌 𝖲𝖼𝗁𝗂𝖼𝗄𝗌𝖺𝗅 𝖾𝗂𝗇𝗁𝗈𝗅𝗍 • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • » 𝗔𝗹𝗹𝗲𝘀 𝘃𝗲𝗿𝗱𝗿𝗲𝗵𝘁𝗲 𝘀𝗶𝗰𝗵 𝗶𝗻 𝗺𝗲𝗶�...