13 | Unheilvolle Liebe

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- LLOYD -

"Du spürst es also auch?"

Ihr Blick war stets auf den nördlichen Wald gerichtet. Dort kam es her. Das Gefühl von bösem Blut. Blut, das in den Adern der Dämonen fließt. Kalt. Dunkel. Die Art von Blut, die nur so von Boshaftigkeit strotzt. Die einem einen kalten Schauer über den Rücken jagt. Die so eine mächtige, erdrückende Aura ausstrahlt, dass man sich am liebsten auf den Boden werfen und um sein erbärmliches Leben betteln würde. Die Art von Blut, die auch in unserem Vater floss.

"Hey, was ist denn mit euch los?! Sinnlos in der Gegend rumglotzen könnt ihr auch noch, wenn ihr tot seid!", ertönte plötzlich die Stimme des Feuer-Ninjas hinter uns.

"Ich sag das nur ungern, aber der hat recht. Konzentrieren wir uns lieber aufs Training!", sagte Cole.

"Schon klar, mir war nur so, als ob ich etwas gespürt hätte", meinte meine Schwester nun und wendete ihren Blick schlussendlich vom Gestrüpp ab. 

"Das einzige, was du jetzt spüren wirst, ist der Geschmack des Verlierens", erklärte Kai, begab sich in Kampfposition und ging auf Lilly zu.

"Na wenn du meinst."

* * *

Kai konnte Lilly nicht besiegen. Es war vielleicht auch besser so, nicht dass ihm das noch zu Kopf steigt.

Nach dem Abendessen kam Zane aus heiterem Himmel zu mir. Ich hätte ja mit vielem gerechnet, aber schon gar nicht mit dem Eis-Ninja und dem, was er mir gerade mitzuteilen versuchte. Er schien aufgewühlt. Nervös. Beschämt. 

Das passte nicht zu ihm. Sonst war er doch so taff. Behielt stets einen kühlen Kopf. Ließ sich nicht von niederen Dingen aus der Bahn werfen. Doch nun schien es, als hätte doch irgendetwas Wichtiges den Weg in seinen Verstand gefunden. Irgendetwas, was ihm Sorge bereitete. Und ihn aus dem Gleichgewicht brachte.

"Lloyd, ich glaube, ich brauche deine Hilfe", fing er an.

"Klar, wobei denn, Kumpel?"

Die nächsten Worte schienen ihm schwer über die Lippen zu gehen. Oder was ein Nindroit an der Stelle eben hatte. Es wirkte so, als wolle er mir sagen, dass er seine Schwester geheiratet hatte, während er mit seiner Mathelehrerin rummachte. Zugegeben, ein sehr fragwürdiges Beispiel, aber das fiel mir nun mal als erstes ein.

"Ich... Ich denke, ich habe mich verliebt", sagte er dann vorsichtig.

"Was? Zane, das ist doch nichts Schlimmes! Das ist doch super! Wer ist der oder die Glückliche?"

Sein Mund bewegte sich langsam.

"Pixal."

Und in diesem Moment wünschte ich mir, dass er mir das nicht erzählt hätte. Sofort kam mir das ominöse Gespräch von Harumi und Pixal wieder in Erinnerung. Wie sie über diese unheilvollen Dinge redeten. Und ich ein schlechtes Gefühl bekam. Das Gefühl, dass die Beiden etwas verbergen. Etwas sehr Gefährliches.

Und dabei war Zane noch nicht mal der Einzige. Ich hatte mich schließlich auch in eine von ihnen verliebt. 

"Lloyd? Sag doch was!"

Wie sollte ich ihm jetzt einen Rat geben, wobei ich nicht mal weiß, ob ich den Mädchen trauen kann? Wenn ich mal so darüber nachdenke, ist die Geschichte, wie wir die Zwei im Wald gefunden haben, sogar total altmodisch und einfach. Sie mussten doch eine Mission gehabt haben. Die sie auch jetzt noch haben.

"Lloyd-"

"Äh, ja, tut mir leid, aber ich weiß nicht so ganz, was ich dir jetzt sagen soll, was du nicht eh schon weißt."

"Hör mal, ich frage dich um deine Meinung, weil ich dich schon sehr lange kenne und weiß, dass du immer ehrlich und bodenständig bist. Und außerdem vertraue ich dir am meisten."

Und er ist davon überzeugt, dass ich auch in Sachen Liebe ehrlich und bodenständig sein kann? Schön, dass wenigstens einer daran glaubt. Denn ich tue es nicht.

"Zane, ich denke, du musst einfach mal mit Pixal reden. Ehrlich und Offen. Und dann könnt ihr immer noch entscheiden, ob das was wird. Auf jeden Fall passt ihr gut zusammen, wie ich finde, und ich gönne es dir auch von ganzem Herzen, dass du nun auch endlich eine Person gefunden hast, bei der du sowas wie Liebe spürst. Wirklich."

Sein Blick wurde entspannter. Glücklicher. Nein glücklich ist der falsche Ausdruck. Überglücklich mit einem Hauch Hoffnung, getoppt mit einer Welle aus Ich-packs-an. Wenn ich nur auch so entschlossen gegenüber meiner Liebe zu Harumi sein könnte.

"Danke, Lloyd. Ich beneide dich um deine guten Ratschläge."

Wenn ich mir doch nur selbst welche geben könnte, denen ich glaube.

"Ach, hör doch auf."

Mein Blick schweifte zum sternenklaren Nachthimmel. Der sah immer so friedlich aus. Als ob es dort oben keine Probleme gäbe.

"Ich werde mal ins Bett gehen", sagte ich zu Zane.

"Gute Nacht, Kumpel."

"Nacht."

Meine Beine trugen mich die vielen Treppen hoch zu Kais und meinem Zimmer. Der Weg war nur spärlich beleuchtet. Wenige Fackeln brannten. Sie warfen dunkle Schatten auf die moosigen Steinplatten. Meine Hand fuhr das raue Holz der Fassaden ab. Und ich endete an der Schlafzimmertür.

Lilly schlief heute nicht bei Kai. Das verwunderte mich etwas, aber ich dachte nicht weiter darüber nach. Ich fiel nur noch kraftlos in mein eigenes Bett. Drehte mich. Wühlte umher. Aber ich konnte nicht einschlafen. Schon wieder.

"Alles in Ordnung? Warum bist du so spät gekommen?", fragte plötzlich mein Zimmergenosse.

"Um ehrlich zu sein: Nichts ist in Ordnung."

Er drehte seinen Kopf in meine Richtung.

"Willst du drüber reden?"

Ich schüttelte den Kopf.

"Verstehe. Kannst ruhig rüber kommen, falls du nicht pennen kannst. Ich werd dich nicht verhören", sagte der Feuer-Ninja schließlich und drehte sich wieder um.

* * *

Eine Stunde später. 

Ich schlief immer noch nicht. Schon seit einer Weile hörte ich neben dem Rascheln der Blätter nur noch Kais ruhigen Atem. Ein und Aus. Die hundert Schäfchen, die ich zählte, wollten nicht weniger werden. Sie tanzten und tanzten und verspotteten mich dafür, dass ich nicht einschlafen konnte. 

Es reichte mir. Ich stand auf und verließ das Zimmer. Der strahlende Vollmond warf seine Strahlen auf das dunkle Dorf. Auch die Fackeln waren größtenteils erloschen. Niemand war mehr wach. Dachte ich.

Geräusche kamen aus dem Wald. Menschliche Geräusche. Ein Gespräch. Nein. Eigentlich war es ein Kampf. Ich bewegte mich dorthin. Doch was ich dort sah schockte mich.

Hass. Feindschaft. Blut. Klingen.

Und mitten drin: Harumi und Lilly...

𝗪𝗲𝗻𝗻 𝗱𝗶𝗰𝗵 𝗱𝗮𝘀 𝗦𝗰𝗵𝗶𝗰𝗸𝘀𝗮𝗹 𝗲𝗶𝗻𝗵𝗼𝗹𝘁 || ɴɪɴᴊᴀɢᴏ ғғWo Geschichten leben. Entdecke jetzt