22 | Infiltration

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- LILLY -

Es war spät. Die Sonne war eben untergegangen und hinterließ nur die klare Nacht. Wir waren bereit zum Angriff.

Heut' Morgen machten Lloyd und ich uns auf den Weg zum Reich der Yoi-Dämonen und informierten Kokuo über unser Vorhaben. Er nahm es gelassen. Strahlte nur seine nervige, positive Energie aus. Nach freudigem Lachen war mir allerdings nicht gewesen. Und das ist es auch jetzt nicht.

Nicht nur weil sich alle Dorfbewohner aus Muras und Kokuos Volk um den Stützpunkt der Feinde positionierten und im Begriff waren, unserem waghalsigen Plan Folge zu leisten, sondern auch, weil ich selbst viel zu gestresst war, um zu lachen. Zwei meiner Freunde wurden entführt. Mein Vater wurde immer irrer. Unser Oberhaupt immer schräger. Und nicht zu vergessen: Mein vielleicht baldiger Exfreund wurde immer toxischer.

Ich konnte ihn langsam nicht mehr verstehen. Hasste er mich und war zu feige, es mir direkt ins Gesicht zu sagen? Er wies mich immer mehr ab. Würdigte mich nur noch selten eines Blickes. Sprach nicht mehr mit mir, wenn es nicht unbedingt notwendig war.

Und ständig machte ich mir Gedanken um ihn. Aber warum? Wenn er sich nicht mehr mit mir abgeben wöllte, dann würde es so sein. Meinetwegen. Ich würde ihm nicht hinterherlaufen. Zumindest dachte ich das, denn Eines konnte ich nicht leugnen: Ich liebte Kai immer noch.

"Bereit?", sagte plötzlich eine Stimme neben mir.

"Oh.. äh.. ja natürlich. Machen wir sie platt!", sagte ich überrumpelt.

"Bleib' konzentriert! Wir haben keine Zeit für Gefühlsduseleien", sagte jemand anderes.

Die Stimmen gehörten Ruby und Mura, die mir schon wieder seelenruhig versuchten Ratschläge zu geben. Wir bildeten zusammen mit vielen Dörflern die Mitte unserer Konstellation zum Angriff auf Garmadon und seine Armada.

"Wie sieht's aus?", fragte Mura.

"Schichtwechsel unter den Wachen. Der perfekte Zeitpunkt zum Angreifen", antwortete ich.

Schon seit einer Stunde warteten wir auf einen günstigen Augenblick, den wir nutzen können. Und der ist nun gekommen. 

Ich gab eine Signal an die Vorhut, die Infiltration zu starten. Währenddessen warteten wir. Schon nach wenigen Minuten sah ich sie, das "Team Lloyd". Sie umzingelten das dunkle Lager schnell und schalteten hier und da Gegner aus, um weitere Wachen abzulenken. 

Unter ihnen: Mein Bruder, Lloyd, wer hätte das gedacht. Er war der Kommandant dieser Truppe. Ich konnte ihn immer nur kurz sehen, bevor er wieder in den dunklen Schatten verschwand. Nicht weit von ihm entfernt: Sein bester Freund, Kai. Auch wenn mich mein Verstand drängte, mich auf das große Ganze zu fokussieren, schweifte mein Blick trotzdem zu ihm. So wie Lloyd sah man auch ihn nicht lange, wenn er sich eine Wache schnappte, sie verstummen ließ und sie in die nicht beleuchteten Büsche schleppte.

Die anderen Dorfbewohner und Yois der Vorhut leisteten ebenfalls ihren Dienst. Es lief erstaunlich gut, doch 'Glück verfliegt schnell' hatten die Helden in meinen Büchern immer behauptet.

"Los, steigen wir auch ein!", sagte ich.

Mura und Ruby nickten. 

"Sagt der Nachhut, sie soll kommen, sobald wir Verstärkung brauchen!", befahl ich zwei jüngeren Dörflern, die daraufhin verschwanden.

"Dann lasst uns den Laden mal ordentlich aufmischen", meinte Mura, während sie ihre Fäuste vor ihrem Körper zusammenstießen ließ.

Voller Energie und Ehrgeiz bewegten wir uns schnell auf den Stützpunkt zu. Tor und Mauern überwunden, standen wir nun im Hof des Lagers. Damit begann das wahre Getümmel.

Die Wachen zogen, wie auch wir, ihre Schwerter und kurz darauf ertönte bereits das Geräusch aufeinander klirrender Klingen. Überall tobte die Schlacht. Ich sah, wie die Starken die Schwachen bekämpften. Die Jungen die Alten. Die Großen die Kleinen. Die Guten die Bösen. Wer mag wohl gewinnen?

Gekonnt schlüpfte ich durch mickrige Lücken, wo gerade mal keiner auf den anderen einschlug, und kreuzte unzählige Klingen, die mir den Weg zum Eingang des Gebäudes vor mir versperrten. Es war Garmadons Basis. In diesem turmartigem Komplex muss er irgendwo sein. Und mit ihm Jay und Cole.

Nachdem ich weitere Waruis besiegen konnte, erreichte ich schlussendlich die holzige Pforte, deren Wachposten ebenfalls in den Kampf zwischen Gut und Böse verwickelt wurden. Ich nutzte den Moment und drehte mich um. Viel Blut floss noch nicht, dafür, dass der Kampf immer weiter ausartete. Ruby, Kai und Lloyd bahnten sich schrittweise den Weg in meine Richtung. Die Nachhut war noch nicht eingetroffen. Zu ihr gehörten Zane, als Kommandant, Nya und auch der trottelige König Kokuo mit Shinyo.

Ruby kam, dicht gefolgt von Lloyd, neben mir an.

"Ganz schön viel los, geht's dir gut?", fragte sie.

"Ja, alles bestens."

"Komplikationen?", meldete sich auch mein Bruder zu Wort.

"Bisher nicht."

Auch Kai erreichte uns wenig später. Ohne ein weiteres Wort zu wechseln, betraten wir Garmadons Residenz. Die wenigen hier positionierten Wachen konnten wir schnell besiegen. Wir schritten einige knarzende Treppen hinauf, bis wir eine schwere Metalltür passierten.

"Wartet!", rief ich zu meinen Freunden.

Ich legte mein Ohr an die Tür, um zu versuchen, etwas von der anderen Seite zu hören.

"Ich bezweifle, dass dich da irgendeine Schallwelle erreichen wird, falls hinter der Tür jemand sein sollte", meinte Ruby.

"Dann solltest du lieber selbst mal lauschen", sagte ich.

Die Jungs verzogen das Gesicht, als Ruby und ich nun beide an dem Eisenportal kauerten. Meine Freundin machten große Augen, während Stimmen den Raum verließen.

"Operation 'Wir brechen durch die Tür' beginnt", sagte ich grinsend.

"Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?", fragte Lloyd ironisch.

Ohne seine Frage zu beantworten, ballte ich eine grüne Energiekugel in meiner Hand, bereit sie abzuschießen. Die Jungs formten auch ihre Elementarkraft und ließen sie auf mein Zeichen auf die Tür zu rollen. Überraschenderweise zersprang diese in viele Brocken, ich dachte nicht, dass es so einfach wäre, eine Metalltür zu zerstören. Irgendwas fühlte sich faul an der Sache an.

Nichtsdestotrotz betraten wir den Raum. Sperlich beleuchtet erkannte ich eine Silhouette. Nein, nicht nur eine. Viele. Sehr viele. Wir wurden von ihnen umringt. Es waren Waruis, Garmadons Elitetrupp. 

"Das nächste Mal lassen wir dicke Stahltüren ganz!", sagte Kai.

"Ich schreib' mir 'ne Memo", meinte ich sarkastisch.

Und sie griffen an. Die nächsten Schwerter kamen zum Vorschein und sausten in unsere Richtung. Doch dieses Mal war der Kampf schier unfair. Vier Ninjas gegen schätzungsweise 20 Elitesoldaten, die in etwa so gut sind wie jeder einzelne von uns? Toll. Einfach toll. In meinem nächsten Leben suche ich mir einen entspannteren Beruf!

Die Gegner überrannten uns schon fast. So mitten im Gefecht hatte ich mehr zu tun, alle um mich herum im Auge zu behalten und nicht rücklinks getötet zu werden, anstatt Gegner für Gegner zu besiegen. 

Ich hörte, wie Ruby und kurz danach Lloyd aufschrien. Das brachte mich so aus der Fassung, dass ich meine Deckung komplett vernachlässigte und mich die Klinge eines Dämons am Arms streifte. Aus der Wunde floss ein wenig Blut, aber darum konnte ich mich jetzt nicht kümmern.

"Ruby! Lloyd! Alles in Ordnung?", rief ich.

"Geht schon", antwortete mein Bruder.

Der Kampf spitzte sich zu und schien immer aussichtsloser. Die Feinde waren zu schnell, zu stark, zu viele. Schon fast hatte ich die Hoffnung auf Sieg aufgegeben, bis...

𝗪𝗲𝗻𝗻 𝗱𝗶𝗰𝗵 𝗱𝗮𝘀 𝗦𝗰𝗵𝗶𝗰𝗸𝘀𝗮𝗹 𝗲𝗶𝗻𝗵𝗼𝗹𝘁 || ɴɪɴᴊᴀɢᴏ ғғWo Geschichten leben. Entdecke jetzt