14 | Freund oder Feind?

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- LILLY -

Ich wusste es. Harumi war eine Verräterin. Und sie hatte uns auch noch an unseren größten Erzfeind überhaupt verraten. Garmadon.

Schon seit ich sie das erste Mal gesehen hatte, war sie anders. Wirkte so freundlich. So unschuldig. Aber das war sie nicht. 

Diese Nacht folgte ich ihr endlich. Ich bekam schon seit einigen Tagen mit, dass sie sich um Mitternacht immer wieder aus dem Dorf schlich. Doch diesmal würde sie nicht alleine gehen.

"Verfolgst du mich, Grüner Ninja?", sagte sie in einem so ernsten Tonfall, wie sie es noch nie tat.

"Das würde ich nicht, wenn du nicht jede Nacht das Dorf einfach so verlassen würdest, Harumi."

Sie konnte sich nicht mehr herausreden. Blumen für Lloyd ließen sich wohl kaum nachts pflücken. Dafür war sie auch schon zu oft nachts in diesem Wald. Was verbarg sie wohl? 

Das Mädchen lachte. "Und du denkst wirklich, dass ich dir einfach so die Wahrheit sage?"

"Du hast keine Wahl."

"Man hat immer eine Wahl, Lilly!"

Harumi, die zuvor mit dem Rücken vor mir stand, drehte sich nun aus heiterem Himmel um und warf ihr Katana in meine Richtung. Ohne, dass ich reagieren konnte, streifte es meine Wange und hinterließ dabei einen Kratzer. Warmes Blut lief langsam mein Gesicht hinab. 

"Du arbeitest für Garmadon, nicht wahr?", fragte ich entschlossen.

"Wie bist du denn darauf gekommen, Sherlock?", grinste die Weißhaarige.

"Du verhältst dich schon von Anfang an seltsam. Und dann noch dieses Gespräch von dir und Pixal. Ihr hättet lieber besser aufpassen sollen, wer euch alles zuhört. Lloyd hat sicher auch was mitbekommen, so laut wie ihr wart. Außerdem bin ich Garmadons Tochter und trage deswegen auch böses Blut in mir. Denkst du etwa ich würde deines nicht spüren?"

Wieder lachte sie.

"Schade, ich dachte, das Spielchen hier dauert länger. Du bist so eine Spielverderberin, weißt du das? Jedoch..."

Sie holte tief Luft.

"...müssen Leute, die das Geheimnis kennen vernichtet werden!"

Damit brachte Harumi ein zweites Katana zum Vorschein und stürmte auf mich zu. Kämpfe in der Nacht bei dem spärlichen Mondlicht sind zwar nicht meine Leibspeise, aber ich sollte dieses Weib dennoch besiegen. Da sie bei vielen unserer Trainingseinheiten dabei war, kannte sie meine Kampftechnik, aber ich die ihre nicht. Toll. 

Die Momente vergingen und das Gefecht wurde immer intensiver. Und Harumi aus irgendeinem Grund immer stärker. Und schneller. Wieder und wieder landete sie Treffer. Ich hingegen nur wenige Male. Sie schien sich auf diesen Kampf bereits vorbereitet zu haben. So als ob sie wusste, dass ich es sein würde, die sie als Verräterin enttarnt. 

Immer wieder warf sie mir an den Kopf, nicht stark genug zu sein. Erbärmlich. Meinen Vater nicht zu würdigen. Dass es eine Schade sei, sich ihm nicht zu unterwerfen. Und ich sie niemals aufhalten könnte. 

Je mehr sie davon schwafelte, desto mehr glaubte ich ihren armseligen Worten. Mein Herz meinte, dass ich ihr bloß nicht glauben sollte, während mein Kopf mir sagte, dass ich ihrem Rat folgen solle. Meine Gedanken lenkten mich ab. Immer und immer wieder. Treffer, Treffer. Und nochmal. Bis ich endlich parierte und mich von Harumi distanzierte.

"Was? Hast du schon genug, Ninja?"

Ich keuchte.

"Harumi, ich weiß nicht, warum du auf Garmadons Seite stehst oder mit welchen Mitteln er dich locken konnte, aber egal, was er dir versprochen hat, er wird es niemals umsetzen. Du wirst auf ewig seine Untergebene sein. Und schon gar nicht ein freies Leben führen können!"

Ihre Grinsen entschwand. Ihre Augen weiteten sich kurz. Ihr Mund bewegte sich langsam.

"Du hast doch keine Ahnung!"

Harumis überlegener Eindruck wandelte sich gerade in puren Hass. Und in Verzweiflung.

"Bitte, hör mir zu! Garmadon ist dein Feind und nicht dein Freund. Wenn er dich nicht mehr braucht, wird er dich töten, weil du ihm sonst im Weg stehen würdest. Glaub mir, Harumi-"

"Halts Maul!!"

Damit stürmte die wütende Harumi auf mich zu. Sie war völlig außer Rand und Band. Schien ihren Verstand verloren zu haben. Verfolgte nur noch ein Ziel: Mich zu töten. 

Meine Reaktionszeit wurde immer langsamer. Mein Körper immer schwerer. Meine Angriffe immer nachlässiger. Als mir die Weißhaarige dann auch noch mein Katana aus der Hand schlug, schien es aus. Sie kam mir bedrohlich näher. Hob ihre Waffe. Ließ sie kurz darauf rapide sinken. Das einzige, was ich sah, war Harumis silberne, teils blutige Klinge, die Gefahr lief, mich gleich in zwei Hälften zu teilen. Garmadon hatte aus dem Mädchen wirklich ein Monster erschaffen.

Gerade, als ich dachte, ich hätte eine Freikarte nach Walhalla, vernahm ich das Geräusch zweier klirrender Schwerter. Mein Blick richtete sich auf das Spektakel vor mir. Lloyd. Er war hier, hat mich gerettet. Und nun war er es, der Harumi gegenüberstand. Doch auch Harumi befand sich nicht in ihrer besten Verfassung. Auch sie merkte das. 

"Verschwinde", hauchte mein Bruder ernst. Todernst. Und wendete dabei den Blick nicht ab.

Die Angesprochene zuckt zusammen. Sah sich um. Zu mir. Verzog ihr Gesicht. Ging einen Schritt zurück. Und lief davon. Spurlos. Lloyd drehte sich jetzt um.

"Gehts dir gut, Schwesterchen", sagte er lächelnd und reichte mir seine Hand.

"Geht schon" antwortete ich und ergriff diese.

"Was ist hier gerade passiert?"

"Lloyd..."

Er sah sehr besorgt aus.

"Harumi arbeitet für Garmadon. Und auch Pixal. Sie sind, dadurch, dass wir sie in die Dorfgemeinschaft aufgenommen haben, an wichtige Informationen, wie unsere Kampftechnik gekommen. Das wird dem Lord zu Gute kommen. Fakt ist: Harumi und Pixal sind Spitzel. Wir dürfen sie nicht länger im Dorf behalten."

"Aber... Können wir nicht mit den beiden reden, sodass sie sich uns anschließen?"

"Hab ich versucht. Das wird nichts."

Lloyds Besorgnis erlisch nun zu einem undefinierbaren Blick.

"Wir müssen zurück ins Dorf und Mura und dem Team morgen davon erzählen", meinte er.

"Klar. Aber wir müssen auf der Hut sein. Garmadon weiß jetzt, dass wir seine Spione kennen."

Er nickte und lief in Richtung Dorf. Ich folgte ihm.

Nicht nur mein Bruder war angespannt. Ich war es auch. Denn unsere Situation hatte sich durch die Offenlegung jenes Geheimnisses noch einmal zugespitzt. Es ist nur eine Frage der Zeit bis ein Krieg ausbricht, der Alles zerstören könnte...

𝗪𝗲𝗻𝗻 𝗱𝗶𝗰𝗵 𝗱𝗮𝘀 𝗦𝗰𝗵𝗶𝗰𝗸𝘀𝗮𝗹 𝗲𝗶𝗻𝗵𝗼𝗹𝘁 || ɴɪɴᴊᴀɢᴏ ғғWo Geschichten leben. Entdecke jetzt