29 | Verbrannte Erde

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- LILLY -

Ich spürte die warme Umarmung meiner Teamkameraden und schloss meine Augen. Lange hatte ich mir gewünscht, dass dieser Krieg ein Ende hat. Jetzt ist es vorbei. Alles.

Garmadon war besiegt. Wir hatten gewonnen. Und überlebt.

"Du hast es geschafft", hauchte mein Bruder.

"Aber das hätte ich nie ohne euch. Ihr habt mich aufgebaut, mich beschützt, mich trainiert, mir geholfen. Zusammen konnten wir die Welt retten. Danke", erwiderte ich lächelnd.

Als ich meine Augen wieder öffnete, löste sich die Umarmung. Ich blickte in die strahlenden Gesichter meiner Freunde, nein, meiner Familie. Meiner Brüder, meiner Schwestern. Alle standen hier und freuten sich über unseren Sieg. Alle. Außer Kai.

"Wartet, wo ist Kai?", fragte ich verdutzt.

Das breite Lächeln erstarb. Mein Blick fiel auf den brennenden Stützpunkt. Flammen hüllten den riesigen Gebäudekomplex restlos ein. Niemand würde das unbeschadet überstehen. 

"Er ist da drin", sagte Lloyd monoton.

"Und warum habt ihr ihn nicht mitgenommen?! Wie soll er das überleben, so verletzt wie er ist? Ihr habt ihn zurückgelassen!", schrie ich ihn an.

Ich wand mich zu meinem Bruder, bereit ihm eine Backpfeife zu verpassen. Das Einzige, was ich spürte, war Wut. Ich wusste nicht, warum, aber der Fakt, dass Kai sterben könnte, ließ mich meinen Verstand verlieren. Auch nach all dem, was passiert war. Auch nachdem mich Kai verlassen hatte, nachdem er mich ignorierte. Aber auch nachdem er mich rettete, nachdem er dabei Tränen vergoss. Ich liebte ihn. Trotzdem.

Wenn er sterben würde, würde ich mit ihm gehen. Er hat sein Leben für mich gegeben, unzählige Male. Er war ein Held für die Menschheit, für seine Freunde, für mich. Manchmal dachte ich, er sollte der Grüne Ninja sein. Doch das Schicksal hatte andere Pläne. Warum?

Vor Wut hob ich meine Faust und zielte auf Lloyds Gesicht. Er blockte den Schlag mit Leichtigkeit ab. Seine Hand umschloss die meine. Seine grünen Augen trafen auf meine. Ich sollte mich beruhigen. Langsam ließ ich meinen Arm sinken.

Mit einem dumpfen Aufprall landeten meine Knie auf den trockenen Boden. Tränen bahnten sich ihren Weg meine Wange hinab. Mein Bruder hockte sich vor mich und schloss mich in seine Arme. Leise schluchzte ich in sein Shirt. Vorsichtig strich er mit seinen Fingern durch meine zerzausten Haare. Der Geruch nach verbrannter Erde stieg mir immer weiter in die Nase.

"Kai ist der Meister des Feuers", rief mir Lloyd in Erinnerung. "Er wird überleben, daran glaube ich. Schließlich muss er sich noch dafür entschuldigen, dich angeschrien und ignoriert zu haben, nicht wahr?"

Sein Lächeln drang durch mich hindurch, als ich meinen Kopf hob. Ich wusste, dass er Recht hatte. Mein Kopf wusste es. Doch mein Bauch wollte immer noch, dass ich in diese qualmende Bruchbude stürme und Kai dort raushole. Das wäre Selbstmord, würde mein Bruder jetzt sagen.

Ich nickte.

Mein Blick schweifte herum. Jay und Cole sahen nur gedankenverloren zu Boden, sie waren zum Glück nicht verletzt. Zane und Ruby bedachten mich mit einer besorgten Miene. Weiterhin sah ich, wie jemand auf mich zu kam. Nya umarmte mich.

"Ich bin froh, dass mein Bruder so jemanden wie dich gefunden hat", sagte sie leise.

Schmunzelnd erwiderte ich ihre Umarmung. Ich war auch froh, so jemanden wie Kai gefunden zu haben. Nya löste sich von mir und starrte in Richtung Stützpunkt. Ihr Lächeln erstarb zu einem sorgenvollen Ausdruck. Sie machte sich auch Sorgen um ihren Bruder. Doch im Gegensatz zu mir rastete sie nicht vollkommen aus. Dafür bewunderte ich sie.

Als ich meinen Blick von ihr abwand, sah ich, dass auch Mura und Kokuo hier waren. Und nicht nur die Beiden: Shinyo auch. 

Ich kannte ihn noch nicht richtig. Wir haben nie miteinander geredet oder gekämpft oder sonstiges. Vielleicht haben wir mal gemeinsam an der Tafel im Speisesaal im Dorf gegessen, aber es ist nicht passiert, was mir in Erinnerung blieb. Ich wusste, dass Kai ihn aufgesammelt hatte, als wir zum ersten Mal im Gebiet der Yois waren. Seitdem ist er mir kaum aufgefallen. Er war so seelenruhig und mucksmäuschenstill, ja fast ein Geist. Und so sah er auch aus: helle Haut, weiße Haare, graue Augen. 

Doch etwas passte nicht in dieses Bild. Es war sein Blick, den er auf den Stützpunkt richtete. So besorgt, so mitleidig, so trauernd. Wenn ich mich nicht geirrt habe, floss ihm sogar eine Träne. Das wollte ich mir nicht länger ansehen, also erhob ich mich und kam auf ihn zu. Ich legte ihm meine Hand auf seine Schulter. Nun schauten seine silbernen Augen in meine.

"Ist alles in Ordnung mit dir, Shinyo?", fragte ich ruhig.

Sein Blick musterte mich forschend, bevor er antwortete: "Du weißt doch, wie es ist, sich um einen geliebten Menschen zu sorgen."

Was meinte er damit? Sorgte er sich auch um Kai? Nein. Das war es nicht. Aber wer sollte es sonst sein? Shinyo wand sich wieder von mir ab.

"Um wen sorgst du dich?", wollte ich wissen.

Er seufzte. "Um meinen Sandkastenfreund. Um Hangyaku."

"Du kennst einen der Waruis persönlich?", brachte ich hervor.

"Das ist untertrieben. Ich bin mit ihm aufgewachsen. Kokuo hat uns großgezogen. Aber als Garmadon kam, hat Yaku das Dorf verlassen und ist zur bösen Seite gewechselt. Ich- ich versteh's nicht. Wie konnte er uns das nur antun. Wir waren doch beste Freunde."

"Eigentlich wart ihr viel mehr als beste Freunde." Zwei Personen kamen zu uns. Mura und Kokuo. Sie zogen diegleiche bedrückte Miene. Die Ninjas beobachteten das Geschehen nur leise. "Ihr wart- nein ihr seid Brüder."

Shinyo neben mir zog scharf die Luft ein. "Was? Wie- Wie meinst du das?"

"So wie ich es gesagt habe. Du und Hangyaku, ihr seid schon von Anfang an Blutverwandte, Brüder. Aber das habe ich dir nie erzählt, weil es alles nur noch komplizierter gemacht hätte", sagte Kokuo.

"Was hätte es komplizierter gemacht? Sag schon!"

Kokuo sah schuldbewusst zur Person neben sich, Mura. Diese lenkte ihren Blick nur Richtung Shinyo und sagte: "Dass ich und Kokuo eure Eltern sind."

Jetzt war auch ich baff. Und auch mein gesamtes Team. Mura und Kokuo sind die Eltern von Shinyo und diesem Hangyaku? 

𝗪𝗲𝗻𝗻 𝗱𝗶𝗰𝗵 𝗱𝗮𝘀 𝗦𝗰𝗵𝗶𝗰𝗸𝘀𝗮𝗹 𝗲𝗶𝗻𝗵𝗼𝗹𝘁 || ɴɪɴᴊᴀɢᴏ ғғWo Geschichten leben. Entdecke jetzt