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Robert schloss seinen ältesten Sohn in die Arme, der als einziger seiner Kinder momentan zuhause war. Klar, sie lebten alle in ihren eigenen Wohnungen und hatten ihr eigenes Leben. Aber jetzt hatte Robert Glück gehabt, dass zumindest Jakob da war. Und natürlich Andrea. Er war froh die beiden zu sehen. Ein wenig heile Welt.

"Wie geht's dir?", fragte er seinen Sohn, der nur mit den Schultern zuckte und genau das gleiche schiefe Lächeln im Gesicht hatte, wie Robert es von sich selber kannte. Von früher.

"Alles gut. Sollte ich dich nicht eher fragen, wie es dir geht?", entgegnete Jakob, der natürlich genau wusste, was Robert für eine schwere Zeit durchmachte. Auch wenn Robert seine Familie damit eigentlich nicht belasten wollte. Aber das war letztlich zwangsläufig geschehen.

"Bei euch ist es schon besser. Aber sonst ist natürlich alles schwierig. Es hat sich nicht wirklich etwas getan an meiner Situation.", erklärte Robert beiläufig, während er auch Andrea begrüßte. Zu dritt setzten sie sich auf die Terrasse, die noch von der wärmenden Sonne bestrahlt wurde. Früher hatten sie dort etliche Stunden verbracht und Robert erinnerte sich gerne daran. Hier erinnerte ihn zumindest nichts an Christian. Nicht wie in seiner eigenen Wohnung.

"Gibt es denn neue Entwicklungen?", fragte dann auch Andrea, was Robert nur verneinen konnte. Er wünschte, es wäre anders. Irgendwann musste es doch mal voran gehen. Irgendetwas müsste doch mal herauskommen. Da hatte Robert die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Nach einiger Zeit verabschiedete sich Jakob ins Haus, während Robert und Andrea noch draußen saßen. Mittlerweile war es dunkel und bei weitem nicht mehr so warm, aber dafür hatte man ja Decken. Und hier draußen waren die beiden zumindest ungestört. Früher hatten sie oft so da gesessen. Und sie waren wirklich glücklich gewesen. Jetzt war Robert einfach froh, dass sie wieder ein so gutes Verhältnis hatten. Das hätte nach ihrer Trennung auch ganz anders sein können. Zum Glück war es nicht so. Aber manchmal fragte er sich, ob es nicht ein Fehler gewesen war, ihre Beziehung zu beenden. Dann hätte er wahrscheinlich nie etwas mit Christian angefangen und vielleicht wäre die Situation heute eine völlig andere. Aber das war alles nur Spekulation. Wahrscheinlich sollte alles so kommen.

"Wie geht es dir eigentlich Andrea? Wir reden immer über meine Situation, das ist ja auch irgendwie nicht richtig.", stellte Robert irgendwann fest. Er wusste, dass er seine sozialen Kontakte vernachlässigte und das war sicherlich nicht gut. Er konnte es nicht gebrauchen, dass er sich noch weiter isolierte. Und eigentlich war er ja ein ziemlich empathischer Mensch. Und es musste sich nun wirklich nicht immer alles um ihn drehen. Das tat es oft genug.

"Mir geht es erstaunlich gut, wenn du so fragst. Mit meinem neuen Buch läuft es ziemlich gut und ich habe tatsächlich auch jemanden kennengelernt. Und ich glaube, dass es sich ganz gut entwickeln könnte.", lächelte Roberts Exfrau leicht. Was Robert dann doch überraschte. Aber er gönnte es Andrea, dass sie wieder glücklich war. Er wusste ja, dass es für sie nach ihrer Trennung auch nicht leicht war. Und Robert hatte sich ziemlich schnell in die Beziehung mit Christian gestürzt. Also konnte er nun wirklich nichts dagegen sagen.

"Das freut mich wirklich. Halte mich auf jeden Fall auf dem Laufenden, wie es bei dir weitergeht. Wenigstens einer von uns muss ja glücklich sein.", antwortete Robert etwas verbittert, obwohl er gar nicht so klingen wollte. Er wünschte Andrea wirklich alles Gute. Immerhin war er nicht ganz unschuldig an ihrer Trennung. Und sie hatte wirklich nur Gutes verdient.

"Du wirst es auch wieder sein. Etwas anderes hätte Christian ja auch nicht gewollt.", entgegnete Andrea einfühlsam und schaute aufmunternd zu Robert. Er seufzte nur und hoffte, dass Andrea Recht behielt. Irgendwann musste auch er wieder glücklich werden, unabhängig davon, was mit Christian passieren würde. Ob man ihn finden würde oder nicht. Er konnte nicht ewig darauf warten. Das wusste er. Die Umsetzung dieses Gedankens war allerdings deutlich schwieriger.

Zerbrechen - Die Zeit ohne ihn Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt