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Robert stand vor einem dunklen Raum, in dem sich offenbar einer der beiden Männer befinden sollte, der an dem Anschlag auf Christian beteiligt war. Vorhin wurde er noch einmal genau darüber aufgeklärt, wie er sich verhalten sollte. In diesen Raum würden nur zwei Personen seines Sicherheitspersonals sowie eine weitere des BKAs gemeinsam mit ihm sein. Allerdings würde wohl das gesamte Gespräch aufgezeichnet. Und Robert war ziemlich nervös. Jetzt zählte es. Jetzt war er dran. Jetzt musste er einmal Handeln. Für Christian. Er hatte vorhin noch kurz mit Martina gesprochen, die unfassbar erleichtert war, dass Robert sich für dieses Gespräch entschieden hatte. Das war wohl ihre Hoffnung gewesen. Und Robert wusste nun nicht wirklich, was ihn jetzt erwartete.

An einem Tisch saß ein relativ großer Mann mit dunklen Haaren, der definitiv einige Jahre jünger als Robert war. Robert lief ein Schauer über den Rücken, als er sich ans andere Ende des Tisches diesem Mann gegenüber setzte. Er fühlte sich hier keineswegs sicher, auch wenn er seinen Personenschutz um sich hatte. Aber dieser Mann schüchterte ihn in gewisser Weise ein. Auch wenn er sich das nicht anmerken ließ. Er versuchte einfach selbstsicher zu sein. Ob ihm das gelang?

"Beehrt uns der Wirtschaftsminister also doch noch.", lachte der Mann und schaute ihn hämisch an.

"Offensichtlich. Was wollen sie von mir? Wo ist Christian?", brachte Robert es auf den Punkt. Ja, er wollte schnellstmöglich wieder aus diesem Raum heraus. Das Alles hinter sich bringen.

"Dazu kommen wir schon noch. Sie können froh sein, dass sie noch hier sitzen. Und nicht längst da sind, wo Lindner sich befindet."

"Was wollen sie mir sagen?", fragte Robert stur nach. Er wollte sich nicht auf diese Spielereien einlassen.

"Dass sie derjenige sein sollten, den es trifft. Es war bloß Zufall, dass Lindner unseren Plan entdeckt hat. Und dann mussten wir umplanen. Aber seien sie sich sicher, wir verachten sie zutiefst. Sie hätte es treffen sollen."

Robert musste schlucken. Er hatte es sich fast gedacht. Und es ließ ihn schaudern. Aber er durfte es sich nicht anmerken lassen.

"Was haben sie mit Christian getan?", fragte er weiter nach. Er wollte gar nicht darauf eingehen, was der Mann gesagt hat.

"Ach, nur schöne Dinge, keine Sorge. Aber leider kann ich nicht sagen, wie es um ihn steht, ich habe nur mitgeplant. Und schon lange keinen Kontakt mehr zu dem Rest der Gruppe. Also erhoffen sie sich nicht zu viel."

"Aber sie wissen, wo er sein könnte. Also sagen sie es. Sie wissen doch ganz genau, dass sich das strafmildernd für sie auswirkt.", platzte es aus Robert heraus. Er wollte nicht mehr länger in diesem Raum sein.

"Ich weiß nur so viel, dass sie ihn nach dem Autounfall an die Tschechische Grenze in einen Wald bringen wollten. Mehr weiß ich nicht. Außer, dass es dort keinen Handy Empfang gibt. Typisch, bei solch einer miserablen Bundesregierung."

"Wieso? Wieso haben sie das getan?", fragte Robert noch nach. Obwohl er eigentlich jetzt die Info hatte, die er bekommen wollte. Die sie brauchten. Auch wenn die Tschechische Grenze sehr groß war. Trotzdem gab es zumindest schon mal einen Anhaltspunkt.

"Weil sie ekelhaft sind. Sie beide. Und sie unser Land gegen die Wand fahren und in den Untergang führen. Es braucht andere politische Kräfte in diesem Land. Und schon gar nicht die Grünen. Sie sind die schlimmste aller Parteien. Sie sorgen dafür, dass Menschen arbeitslos werden und ruiniert werden. Das ist alles ihre Verantwortung. Wir wollten das Land davor bewahren. Und ihnen einen Denkzettel verpassen."

"Indem sie Menschen entführen und aus dem Leben reißen? Ich glaube es nicht. Für Konfrontationen und Diskussionen bin ich gerne zu haben, aber sie haben wirklich jegliche Grundlage verloren. Ich kann für sie alle nur hoffen, dass es Christian gut geht.", wütete Robert und stand auf. Raus aus diesem Raum. Er hatte genug gehört und die nötigen Informationen hatten sie jetzt auch. Auch wenn diese vielleicht nicht reichten. Es war ein weiterer Schritt. Aber Robert war wütend. Er konnte es nicht verstehen. Nicht verstehen, wie Menschen so an der Realität vorbei leben konnten. Und dann war da ja noch ein anderer Punkt. Sie wollten ihm etwas antun. Nicht Christian. Er war es, den sie eigentlich haben wollten. Dieser Gedanke war schrecklich. Christian litt für ihn. Oder hatte für ihn gelitten. Je nachdem. Dafür mussten sie ihn jetzt umso schneller finden. Er musste sich erst einen Moment setzen, bevor er dieses Gespräch mit Herrn Müller besprechen konnte. Und traf wieder auf Christians Mutter.

"Und? Weißt du mehr?", fragte sie ihn ziemlich aufgeregt.

"Ja. Sie haben Christian nach dem Autounfall irgendwo in einen Wald an die Tschechische Grenze bringen wollen. Aber der Typ wusste auch nicht mehr. Nicht wohin genau und auch nicht, wie es Christian geht. Da hatte ich mehr erhofft."

"Oh Gott, aber endlich gibt es einen Anhaltspunkt. Danke, Robert. Danke, dass du das gemacht hast.", antwortete Martina und umarmte Robert. Und er bekam ein schlechtes Gewissen. Sie sollte nicht die Mutter sein, die um ihren Sohn fürchtet und bangt. Sie sollte nicht um Christian weinen. Robert sollte derjenige sein, der nicht mehr da war. Und das wusste Martina noch nicht. Aber er konnte es ihr nicht sagen. Er wollte nicht, dass sie ihn dafür hasst. Sie konnten ihren Zusammenhalt doch jetzt nicht verlieren. Das konnte Robert nicht. Er war zu vielem bereit, aber in dem Moment brachte er es nicht über sein Herz, ihr das zu erklären. Gemeinsam saßen sie einfach nur da und sortierten jeder für sich seine Gedanken. Und Roberts Gedanken waren wirklich durcheinander. Er war noch schockiert von dem, was dieser Typ ihm da erzählt hatte. Scheinbar gab es wirklich einen so großen Hass gegen ihn, die Grünen, die Regierung. Er hatte es sich denken können, aber dies zu hören, war nochmal eine ganz andere Nummer. Er hatte insgeheim noch gehofft, dass es andere Gründe für diesen Anschlag gab. Dass es nicht nur der pure Hass war. Aber offenbar war es nicht so.

"Lassen sie uns besprechen, wie es jetzt weitergeht.", erklärte der Ermittler Robert und Christians Mutter, die dieses Mal zusammen in einem Büro saßen.

"Dank ihnen wissen wir jetzt, wo wir suchen müssen. Wir haben uns schon mit den tschechischen Behörden in Verbindung gesetzt und werden ihre Unterstützung bei der Suche nach Herrn Lindner bekommen. Denn es wird selbstverständlich nicht einfach, das Grenzgebiet ist äußerst groß und es gibt dort nicht nur einen Wald. Aber es ist auf jeden Fall ein Fortschritt. Die ersten Ermittler werden sich gleich auf den Weg machen, wir werden keine Zeit mehr verlieren. Mehr als 4 Monate waren sowieso schon eine zu lange Zeit."

"Was können wir jetzt tun?", fragte Martina, da Robert nur stumm an die Wand starrte und scheinbar die Farbe der Tapete studierte. Seine Gedanken waren einfach woanders.

"Aktiv helfen können sie beide nicht. Wichtig wäre es, dass sie sich darauf vorbereiten, dass wir Herrn Lindner finden. In einer Verfassung, die wir nicht vorher sagen können. Es kann sein, dass sie sich mit seinem Tod befassen müssen. Auch wenn wir das nicht hoffen. Uns bleibt jetzt gerade nur zu sagen, dass sie sich auf alle Eventualitäten vorbereiten. Denn einfach wird es sicher nicht. Auch wenn wir ihn wohlbehalten finden können. Bereiten sie sich also vor."

"Und aktiv helfen können wir wirklich nicht? Wäre es nicht besser, wenn Christian von jemandem gefunden wird, der ihm vertraut ist?", antwortete nun auch Robert, dem die vorausgegangen Worte gehörig gegen den Strich gingen. Er wolle Christian helfen. Und sich nicht mit sich selbst beschäftigen.

"Da haben sie einen Punkt, aber es ist viel zu gefährlich. Wir wissen nicht, was uns dort erwartet. Wer dort sein wird. Und wir wissen auch wie gesagt nicht, in welcher Verfassung Herr Lindner sein wird. Wir können es nicht in Kauf nehmen, dass sie dadurch traumatisiert werden. Also bereiten sie sich hier in Berlin vor und warten sie ab. Das ist das Beste, was sie tun können. "

Robert hatte sich etwas anderes gewünscht, aber er verstand es. Sie mussten jetzt warten. Mal wieder. Wie in den ganzen letzten Monaten. Für ihn waren diese Monate geprägt von einem Warten, darauf, dass Christian wieder in sein Leben zurückkehrt. Und jetzt war es vielleicht bald soweit. Oder es war für immer vorbei.


Noch ein Kapitel heute Abend, passend zum Jahrestag der Ampel und den Nachrichten der Razzien gegen diese terroristischen Reichsbürger. Für einen kurzen Moment habe ich mich heute Morgen, als ich das gehört habe, in diese Story versetzt gefühlt und konnte es nicht wirklich glauben...

Ich hoffe ihr hattet einen schönen Tag und euch hat das Kapitel gefallen!

Zerbrechen - Die Zeit ohne ihn Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt