20

114 13 19
                                    

Robert musste sich setzen, bevor er überhaupt ein Wort herausbringen konnte.

"Was ist es?", fragte Robert leise und mit zitternder Stimme. Er wurde gerade mal wieder aus seiner vermeintlich heilen Welt gerissen und war plötzlich wieder in der harten Realität gelandet.

"Ich würde es ihnen natürlich am liebsten persönlich sagen. Aber ich denke jetzt kann ich sie auch nicht weiter auf die Folter spannen. Trotzdem würde ich sie bitten, gleich noch in unsere Dienststelle zu kommen, sofern es möglich ist. Also wir hatten heute ja wieder den Helikopter im Einsatz mit der Wärmebildkamera und an einer Stelle, in einem Gebiet, was wir uns heute vorgenommen haben, haben wir mehrere Personen ausfindig machen können. Und dort direkt einen Einsatz gestartet. Wir haben eine Gruppe von vier Personen aufgefunden gemeinsam mit Herrn Lindner."

"Oh mein Gott. Was ist mit Christian?"

Robert konnte es nicht glauben. Sie haben Christian gefunden. Sie haben ihn gefunden. Endlich. Er war nicht weg. Er war wieder da. Christian war da! Robert standen Tränen in den Augen und er hatte das Gefühl, dass er jeden Augenblick zusammenbrechen könnte. Wenn er sich nicht auf die Stimme des Beamten konzentrieren würde.

"Er lebt. Er..."

Ein Schluchzen unterbrach Herrn Müller. Denn auf diese Botschaft hatte Robert nun schon so lange gewartet. Solch eine lange Zeit. Und jetzt hatte er Gewissheit. Er hatte an Christian geglaubt. Und er hatte Recht behalten. Christian lebt! Verdammt nochmal. Er konnte es nicht glauben. Aber Herr Müller sprach auch einfach weiter.

"Er ist allerdings schwer verletzt. Zumindest wurde mir das so übermittelt. Genaueres dazu kann ich nicht sagen. Ich kann ihnen leider auch noch nicht sagen, ob er ansprechbar war. Nur kann ich ihnen mitteilen, dass ein Helikopter ihn nun wohl schnellstmöglich nach Berlin in die Charité bringen soll. Heißt, er kommt zurück nach Berlin. Das ist eine äußerst gute Nachricht."

"Danke...", brach Robert noch mit gebrochener Stimme hervor. Er konnte nicht glauben, was er da gerade gehört hatte. Christian in Berlin. In Berlin! Hier, bei ihm! In ihrer gemeinsamen Stadt. Dort, wo alles mit ihnen begonnen hatte. Ihre gemeinsame Geschichte. Robert fühlte sich wie in einem Film. Es fühlte sich nicht echt an. Nicht realistisch. Er hatte Angst, dass er wieder einmal nur träumte. Aber das durfte nicht sein. Es musste wahr sein. Christian musste wieder da sein. Zurück zu ihm kommen.

"Ich werde schnellstmöglich zu ihrer Dienststelle kommen.", brachte Robert noch hervor, bis bei ihm endgültig alle Dämme brachen und das Telefonat auch beendet war. Er konnte es nicht glauben. All die Emotionen, die sich in den letzten Monaten angestaut hatten, kamen nun hervor. Hier, bei Annalena in der Küche. Und es dauerte nicht lange, da stand Annalena plötzlich neben ihm. Und Robert war so unfassbar froh darüber. Sie zog ihn in eine tiefe Umarmung und Robert war froh, dass ihn gerade jemand festhielt. Sonst wäre er bestimmt zusammengebrochen. Vor lauter Emotionen, die plötzlich mit voller Härte auf ihn einprasselten. Sie standen wohl einige Minuten so dar, bis Robert sich ein wenig beruhigt hatte und Annalena ihn nun fragend ansah.

"Sie haben ihn gefunden und er lebt. Aber er ist wohl schwer verletzt und wird jetzt in die Charité gebracht. Bitte sag mir, dass das die Realität ist, Annalena!"

"Oh Gott Robert, was eine Erleichterung. Ja, es ist die Realität. Christian kommt zurück. Ihr könnt wieder zusammen sein und du wirst dafür belohnt, dass du die Hoffnung nicht aufgeben hast."

"Ja, du hast Recht. Ich muss jetzt zur Dienststelle. Es tut mir Leid, dass ich den Filmeabend damit kaputt mache, aber ich muss jetzt dahin, ich halte es anders nicht aus. Ich sage meinem Fahrdienst Bescheid und sage noch den Mädels Tschüss, okay?", erklärte Robert nun den weiteren Plan. Er wurde mit einem Mal von einer Tatkraft erfasst, die er schon lange nicht mehr so erlebt hatte. Christian beflügelte ihn noch immer. Und die Aussicht, ihn endlich wieder zu sehen, umso mehr. Aber erst ging er noch zu Luna und Mila, wobei die Jüngere schon eingeschlafen war. Robert flüsterte also nur leise, damit er sie nicht wach machte.

"Luna, ich muss leider schon gehen. Ich muss kurzfristig noch etwas erledigen, was mit meiner Arbeit zu tun hat. Wir wiederholen das hier, ja?"

Das Mädchen nickte nur und verabschiedete Robert. Annalena brachte ihn noch zur Tür. Sie schien auch etwas durch den Wind zu sein.

"Robert, ich würde wirklich gerne mitkommen. Aber ich kann die Mädchen nicht alleine hier lassen. Bitte sieh mir das nach. Aber melde dich auf jeden Fall, wenn du Unterstützung brauchst. Oder reden willst. Ich drücke euch auf jeden Fall die Daumen, dass alles gut läuft und es Christian ganz gut geht. Melde dich einfach, wenn du möchtest. "

"Danke dir. Und es ist alles gut so. Ich denke Martina wird auch bald eintreffen beim BKA. Dann bin ich nicht alleine. Und ja, ich gebe Bescheid. Danke für Alles Annalena, wirklich!"

Robert stieg nun in das Auto, was schon auf ihn wartete. Jetzt ging es zum BKA. Er hoffte, dass es bald ein Ende hatte. Dass er nicht mehr oft dorthin musste. Dass er Christian jetzt einfach wieder hatte. Wie sehr hatte er ihn vermisst. Wie sehr vermisste er ihn jetzt noch. Jede Sekunde ohne ihn war schrecklich. Aber jetzt zu wissen, dass er ihn wiedersehen würde, ließ diesen Schmerz erträglich werden. Und die Aufregung ins unermessliche steigen. Aber er wusste gleichzeitig auch, dass er nicht zu positiv und optimistisch werden sollte. Christian war verletzt. Er musste nicht grundlos in die Charité. Aber er erhoffte sich, dass er darüber nun neue Informationen bekommen würde. Deshalb lief er schnellen Schrittes in das Gebäude des BKAs. Noch konnte er niemanden sehen, weshalb er einfach weiter in das Büro ging, in welchem jegliche Gespräche mit ihm stattgefunden hatten. Und nach einigen Minuten, die sich mal wieder wie Stunden anfühlten, betrat auch Herr Müller den Raum. Robert starrte mit großen Augen zu ihm und sah ihn fragend an.

"Herr Habeck. Das wichtigste habe ich ihnen ja vorhin schon mitgeteilt. Haben sie erstmal Fragen?"

"Ja, natürlich. Wo ist Christian jetzt? Was weiß man über diese schrecklichen Menschen, die ihm das angetan haben? Wie geht es jetzt weiter?", stellte Robert die Fragen, die ihm als erstes in den Sinn kamen. Sein Kopf war gefüllt mit Tausenden Fragen, aber das war nun erstmal am wichtigsten.

"Also der aktuelle Stand ist, dass Herr Lindner wohl jeden Moment im Krankenhaus eintreffen müsste. Scheinbar wird er dort direkt auch operiert. Ich kann ihnen leider noch nicht sagen, weshalb und wie schlimm sein physischer Zustand ist. Ganz zu schweigen von seinem psychischen Zustand. Ich denke, dass sie dann selbstverständlich mit Begleitschutz in Kürze zu ihm fahren können."

Robert durchfuhr eine Welle der Euphorie. Auch wenn es sich wirklich nicht gut anhörte, dass Christian operiert werden musste. Aber vielleicht sah er ihn in einigen Stunden wieder. Endlich! Endlich durfte er den Mann, den er so sehr liebt, wiedersehen, in die Arme schließen, ihn küssen. Ihm sagen, wie sehr er ihn liebt. Wie sehr er ihn braucht. Und wie sehr er ihn vermisst hat.

"Zu ihrer anderen Frage, natürlich konnten wir noch keine Vernehmungen der Festgenommenen vornehmen. Auch sie werden wohl bald nach Berlin gebracht, dann werden die Ermittlungen nochmal an Geschwindigkeit aufnehmen. Wir hoffen natürlich auch, dass Herr Lindner uns mit seinen Aussagen unterstützen kann. Sofern es ihm möglich ist... Aber was wir schon sicher wissen ist, dass direkt an dem Ort vier Personen anwesend waren und einer von ihnen hat sich als Arzt ausgegeben. Alle anderen waren bisher polizeilich nicht bekannt. Selbstverständlich erfahren sie mehr, wenn es Neuigkeiten gibt. Aber ich würde vorschlagen, dass sie sich jetzt mit unserem Einsatzteam und ihrem Sicherheitspersonal auf den Weg in die Charité machen. Ich sehe keinen Grund, noch länger zu warten."

Robert war ziemlich überwältigt. Ja, er wollte jetzt nichts mehr, als Christian endlich wiederzusehen. Auch wenn es wohl trotzdem noch dauerte, wenn Christian operiert wurde. Aber es war besser, als ihn nicht zu sehen. Alles war besser, als ihn nicht zu sehen. Er hatte einfach eine so große Sehnsucht nach diesem Mann. In den letzten Monaten hatte er es so verdeutlicht bekommen. Wie sehr er diesen Mann liebt.


Wichtige Informationen... ;) Was sagt ihr dazu? Wird jetzt alles gut? 

Ich danke euch fürs Lesen und hoffe, dass ihr ganz zufrieden damit seid!

Zerbrechen - Die Zeit ohne ihn Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt