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Nach einiger Zeit setzte Robert einen Schritt nach dem anderen in den Raum und versuchte nicht zusammenzubrechen. Er hatte sich nicht vorstellen können, wie schlimm Christian wirklich aussah. Aber trotzdem sah er unter all diesen Verletzungen den Mann, in den er sich verliebt hatte. Und er konnte es nicht glauben. Es war überwältigend. Unglaublich überwältigend.

"Willst du auch einen Moment mit ihm alleine sein?", brachte Martina hervor und Robert konnte nur nicken. Er nahm dann den Platz von Martina ein, die neben Christian auf einem Stuhl saß. Und dann war Robert plötzlich alleine mit Christian. Und seine Tränen flossen mit einem Mal nur so über sein Gesicht. Er hatte gedacht, er würde ihn nie wieder sehen. Nie wieder berühren können. Und jetzt nahm er behutsam Christians Hand in seine. Und erschrak, weil Christians Hand so kalt war. Das kannte er so nicht von ihm. Leise murmelte er einige Worte, die er noch loswerden wollte, bevor Christian wieder wach war.

"Christian, ich liebe dich. Du kannst dir nicht vorstellen, wie erleichtert und glücklich ich bin, dass du hier bist. Ich hab dich so sehr vermisst. Und es tut mir so Leid, was passiert ist. Ich hätte an deiner Stelle sein sollen. Das weiß ich. Ich hoffe so sehr, dass du wieder der Alte wirst. Dass zwischen uns alles gut wird. Ich brauche dich so sehr. Das habe ich die letzten Monate umso schmerzhafter festgestellt. Ich kann nicht mehr ohne dich. Lass uns das wieder hinbekommen."

Er wusste, dass keine Reaktion darauf kam, aber er wollte das loswerden. Denn er wusste nicht, ob er es Christian sagen könnte, wenn er wach ist. Ob es dann nicht zu kompliziert ist. Wie die Situation überhaupt sein wird. Und die Minuten verstrichen und irgendwann kam Martina wieder herein und setzte sich neben Robert, der immer noch Christians Hand hielt. Er wollte sie am liebsten nie wieder loslassen. Zu groß war seine Angst, ihn noch einmal zu verlieren. Das würde er nicht verkraften. Er konnte es ja schon kaum glauben, dass es wirklich Christian war. Dass er ihn wiedersehen durfte. Er hatte es schon fast nicht mehr geglaubt. Kaum jemand hatte noch daran geglaubt. Aber jetzt lag er da. Verletzlich und hilflos.

"Die Ärztin meinte zu mir, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis er wach wird. Bist du bereit?", fragte Martina ihn irgendwann leise. So, als ob sie Christian bloß nicht aufschrecken wollen würde. Und Robert wurde wieder einen Moment schwer ums Herz. Er wusste nicht, wie es werden würde, wenn Christian wieder wach ist. Klar, er wünschte sich nichts sehnlicher. Er liebt diesen Mann immerhin. Er wollte, dass er wieder bei Bewusstsein ist. Aber er hatte Angst. Angst davor, wie es werden würde. Wie es Christian geht. Wie er auf ihn reagieren würde. Was er erzählen würde. Er hatte eine riesige Angst davor, dass er Christian trotz allem verloren hatte. Dass er nicht mehr der selbe Mensch war. Und wer könnte ihm das verdenken.

"Ich weiß es nicht. Ich habe etwas Angst davor. Wir sehen ja, wie schlecht es ihm allein körperlich gehen muss. Aber ich wünsche mir auch gleichzeitig nichts mehr. Ich hoffe so sehr, dass er der Christian ist, den wir alle lieben und vermissen."

"Mach dir nicht zu viele Sorgen. Wir schaffen das gemeinsam. Ihr bekommt alle Unterstützung, die ihr braucht. Und dann wird das schon."

Den Optimismus hätte Robert gerne. Er verstand sich in dem Moment selber nicht so ganz. Er sollte unfassbar glücklich sein, dass er bei Christian war. Immerhin hate er monatelang auf nichts anderes hingearbeitet. Aber jetzt spürte er Angst. Aufregung. Nervosität. War das berechtigt? Er hatte keine Ahnung. Er wusste nur, dass er da jetzt durch musste.

Und mit einem Mal spürte Robert einen leichten Druck an seiner Hand. Christians Hand, die er festhielt, sie bewegte sich leicht. Und Robert sah, wie Christian damit kämpfte, seine Augen zu öffnen. Diese wunderschönen blauen Augen, die ihm mit einem Blick alle Sorgen nahmen. Er hatte Christian wieder. Er sah ihn wieder, mit diesem Schimmern in den Augen, die zwar immer wieder zu fielen. Aber Robert wusste wieder genau, warum er sich so leicht in Christian verlieben konnte. Warum er diese Augen so sehr liebte. Warum diese so eine Wirkung auf ihn hatten.

"Christian, heyy, wir sind hier...", sprach Martina leise, während Robert keinen Ton heraus brachte. Er musste stark mit sich kämpfen, damit er nicht schon wieder in Tränen ausbrach. Denn Christian hatte nun seine Augen geöffnet und schien langsam wahrzunehmen, dass Martina und er dort saßen. Und als Christian zu ihm schaute und den Blick nicht abwendete, da überkam es Robert dann doch. All die Sorgen, die die letzten Monate dominiert hatten, fielen mit einem Mal ab. Denn er hatte seinen Christian wieder. Er war verdammt nochmal wieder da. Christian begann langsam seinen Mund zu bewegen, doch aus diesem kam noch kein Ton. Es schien ihn unfassbar anzustrengen. Verständlich in seinem körperlichen Zustand.

"Christian, du musst nichts sagen. Wir sind hier. Und wir bleiben hier. Es wird alles gut.", versuchte Robert auf ihn einzureden, wobei seine Stimme doch immer wieder brach. Es war ziemlich überwältigend. Dieser Moment, in dem einfach so vieles wieder möglich schien. In dem es möglich schien, dass Robert und Christian doch wieder glücklich werden könnten. Auch wenn es wahrscheinlich ein langer Weg werden würde.

"Robert...", brachte Christian über die Lippen und das Herz des Angesprochenen setzte mindestens einen Moment aus. Es tat so weh, Christians gebrochene Stimme zu hören. Aber gleichzeitig spürte Robert wieder diese unfassbar starke Liebe zu seinem Gegenüber, der immer noch sehr auf ihn fokussiert war.

"Ja, ich bin hier. Mach dir keine Sorgen. Hier bist du sicher. Und wir sind da."

Als Christian wahrnahm, dass auch seine Mutter anwesend war, musste er sogar leicht lächeln. So würde es zumindest Robert beschreiben. Auch wenn Christian noch kaum Regungen zeigen konnte. Wahrscheinlich musste es viel zu anstrengend sein.
Plötzlich ging die Tür auf und die Ärztin samt einer Krankenschwester kamen in den Raum. Robert schreckte auf, ließ Christians Hand allerdings nicht los. Er konnte es nicht. Nicht jetzt. Nicht in zwei Stunden. Überhaupt nicht mehr. Er wollte Christian nicht mehr los lassen.

"Entschuldigen sie die Störung, allerdings müssen wir eine kurze Untersuchung machen. Bleiben sie aber ruhig hier. Es ist sehr erfreulich, dass sie wach sind, Herr Lindner. Wie fühlen sie sich?", fragte die Ärztin und Robert hatte das Gefühl, dass es viel zu viele Informationen auf einmal waren.

"Müde und kaputt.", antwortete Christian sehr langsam. Aber wenigstens sprach er. Damit war eine Sorge schonmal weggefallen.

"Das ist ganz normal. Sie müssen sich ausruhen. Das Sprechen sollte ihnen ziemlich schnell leichter fallen, das liegt jetzt auch noch an der Narkose."

Dann machte die Ärztin einige kurze Untersuchungen und verließ auch kurz darauf schon wieder den Raum. Es war wohl soweit alles in Ordnung. Auch wenn sie genau beobachten müssten, dass Christian nicht noch schwächer würde. Das wäre das schlechteste Szenario. Denn die Medikamente musste er ja auch noch irgendwie nehmen. Immerhin hatte er wohl ziemliche Schmerzen. In der Zwischenzeit hatte Martina versucht ein wenig mit ihrem Sohn zu interagieren, was langsam aber sicher auch besser lief. Christian schaffte es, längere Sätze zu formulieren und war deutlich anwesender als direkt nachdem er wieder wach war. Irgendwann stand Martina allerdings auf.

"Ich muss noch etwas mit der Ärztin besprechen. Ihr solltet außerdem auch einen Moment mal alleine haben. Ich komme gleich wieder."

Und damit war sie aufgestanden und gegangen. Und Robert war einen Moment ziemlich überfordert. Christian schaute nicht zu ihm, was ihn zusätzlich verunsicherte. Jetzt sollten sie wahrscheinlich schonmal behutsam ein erstes, ernsteres Gespräch führen. Aber Robert fiel es schwer. Er fühlte sich so schuldig.

"Christian, es tut mir so Leid, was passiert ist. Es hätte niemals so weit kommen dürfen.", sprach Robert leise und wartete auf eine Reaktion. Und wartete.

"Wie lange war ich weg?", fragte Christian nach. Er schien wirklich nichts mitbekommen zu haben.

"Fast 5 Monate mittlerweile. Und ich habe dich jeden Tag so unendlich vermisst. Christian, ich liebe dich. Und habe es seitdem immer getan.", erklärte Robert und er spürte schon wieder, wie sich kleine Tränen den Weg seine Wange herunter machten. Es war ein unglaublich emotionaler Moment. Besonders, als Robert sah, wie auch Christian Tränen in den Augen stehen hatte.

Momentan bin ich wieder im Schreibflow und habe mal nicht so Stress, deshalb kommen hier gerade so regelmäßig Kapitel ;)

Ich hoffe sehr, dass es euch gefällt und ihr noch gerne weiter lest! Bis zum nächsten Mal!

Zerbrechen - Die Zeit ohne ihn Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt