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Annalena kam im Bundestag erfreut auf Robert zu. Sie hatten sich jetzt einige Zeit nicht mehr gesehen. Eigentlich, seitdem die Nachricht kam, dass Christian gefunden wurde. Natürlich standen sie immer mal wieder in Kontakt. Und Robert hatte vor, sie zu einem gemeinsamen Abendessen bei ihnen zuhause einzuladen. Es war sogar Christians Initiative gewesen, was Robert doch ziemlich irritiert und auch verunsichert hatte. Aber Christian meinte, dass sie sich irgendwie bei Annalena dafür bedanken sollten, dass sie Robert so sehr unterstützt hatte. Und dass es ihm auch wichtig sei. Natürlich hatte Robert das gefreut, aber gleichzeitig hatte er immer noch ein schlechtes Gewissen, dass er Annalena damals geküsst hatte. Er wusste, dass Christian deshalb nach wie vor skeptisch war. Und das war auch berechtigt.

„Hey Robert, endlich bist du wieder da! Ich hab dich hier ja schon vermisst.", lachte die Außenministerin, als sie Robert in eine Umarmung zog. Von wegen unterkühlter Beziehung der ehemaligen Parteivorsitzenden der Grünen. Und schon gar keine Eiszeit. Was auch immer die Medien sich da zusammenreimten.

„Ja, ich bin auch froh, dass es in gewisser Weise wieder einen Alltag gibt. Das tut mir auch gut."

„Wie ist es denn bei euch? Wie gehts euch beiden?", fragte Annalena mit ehrlichem Interesse nach. Sie selber wäre froh, wenn Christian und Robert einfach wieder ein normales Leben führen könnten. Es würde so vieles einfacher machen. In erster Linie für die beiden.

„Also Christian ist ja jetzt mittlerweile wieder zuhause und gesundheitlich geht es ihm auch ganz gut. Klar, es belastet ihn alles nach wie vor, aber er bekommt professionelle Hilfe. Ich merke, dass es zwischen uns auch langsam wieder bergauf geht. Natürlich ist es nicht so wie früher, noch nicht. Aber ich glaube so langsam vertraut er mir wieder mehr und ich bin ganz zuversichtlich, dass es wieder gut wird."

„Das freut mich wirklich sehr für euch. Ich glaube auch, dass ihr gegenseitig so wichtig füreinander seid, dass ihr auf Dauer nicht ohne einander könnt.", lächelte Roberts Parteifreundin. Und mittlerweile glaubte er wirklich daran, dass Annalena Recht hatte. Seitdem wieder ihr Alltag begonnen hatte, fühlte es sich zwischen Robert und Christian deutlich besser an. Vielleicht auch deshalb, weil Robert Christian nicht so einengte. Und sie wieder mehr auf Augenhöhe waren.

„Ich hoffe es auch. Aber noch eine andere Sache, bevor du gleich ins Plenum gehst und wir uns nicht mehr sehen. Christian und ich würden dich gerne mal zu uns zum Essen einladen. Wann immer du Zeit hast. Als kleines Dankeschön, dass du die ganze Zeit für mich da warst."

Überrascht schaute Annalena zu Robert und schien einen Moment zu überlegen.

„Das ist nett, ich würde mich freuen. Am besten, wenn die Mädels bei Daniel sind. Morgen zum Beispiel. Aber denkst du, dass es für Christian wirklich in Ordnung ist?", fragte sie etwas unsicher. Natürlich wusste sie, dass Christian von Robert und ihrer gemeinsamen Vergangenheit, wenn man es so überhaupt bezeichnen konnte, wusste. Und auch von dem Kuss vor einiger Zeit.

„Ja, er hat es sogar vorgeschlagen. Und das hätte er nicht getan, wenn er sich damit unwohl fühlen würde. Also mach dir keine Sorgen. Möchtest du dann Morgen Abend schon vorbei kommen?"

„Okay, ja gerne. Dann sehen wir uns spätestens Morgen Abend. Jetzt muss ich aber wirklich ins Plenum.", verabschiedete sich die Grüne und ließ Robert mit diesen Worten alleine in den Gängen des Bundestages stehen. Für ihn war es immer noch eine Ehre, in diesem hohen Haus arbeiten zu dürfen. Hätte man ihm das vor 20 Jahren gesagt, dann hätte er wohl nur gelacht. Es war eigentlich nie seine Vorstellung, mal solch einen wichtigen Posten in diesem Staat inne zu haben. Aber man konnte sein Leben einfach nicht planen. Es geschah sowieso immer alles anders, als man dachte. Oft fügten sich die Dinge. Mal war es positiv, mal negativ. Und dass Robert dort stand, war für ihn auf jeden Fall positiv. Auch wenn er sich das nie hätte vorstellen können.

Zerbrechen - Die Zeit ohne ihn Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt