Fast Love - Lando Norris Edition [COMPLETED]

2nd chapter - elena

Genervt öffne ich die an mich adressierten Briefe in der Küche. Eine Jobabsage nach der anderen und das schon seit ich zurück bin aus London. Ohne Ausbildung oder Studium wird man in diesem Land wohl nirgends eingestellt. In London war das viel einfacher. Dort waren sie glücklich damit wenn du gebrochenes Englisch sprechen kannst und dabei noch schön lächelst. Frustriert schmeisse ich den Stapel geöffneter Briefe in den Eimer und lasse mich mit einem lauten Seufzer neben meinen Papa aufs Sofa fallen. "Immernoch keine Zusage?" Kopfschüttelnd richte ich meinen Blick zu meinem skeptisch aussehenden Papa. "Nein, die wollen mich alle nicht das kann doch nicht wahr sein!" Er lächelt mich tröstend an und wendet sich wieder seinem Kreuzworträtsel zu. Als auf meinem Handy ein Anruf von Lena eingeht, mache ich mich auf den Weg in mein Schlafzimmer "Hi Lena!"

Nachdem ich das Gespräch zwei Stunden später beende, plopt der Chat von Onkel Mattia auf: Hast du kurz Zeit zum telefonieren?  Überrascht öffne ich die Nachricht und rufe meinen Onkel an. "Hallo Mattia! Womit habe ich die Ehre verdient?" Mattia lacht warmherzig. "Hi Elena! Dein Dad hat mir vorhin erzählt, dass du etwas Probleme bei der Jobsuche hast, seit du aus London zurück bist?" Na toll. Kann mein Papa einmal nicht über mein Leben sprechen ausnahmsweise? Mir ist es schon genug peinlich arbeitslos zu sein, da muss er das nicht auch noch meiner ganzen Familie erzählen! "Ja, und natürlich musste er das wieder in der Familie rumerzählen..." genervt seufze ich. "Sei nicht sauer auf deinen Dad. Er hats nur mir erzählt weil er sich sorgen um dich macht. Er meint es frustriert dich." Natürlich ist es frustrierend nach knapp 80 Bewerbungen auf Mindestlohn-Jobs immernoch arbeitslos zu sein was erwarten die?! Ich zucke mit den Schultern was Mattia natürlich nicht sehen kann. "Hör zu Elena. Ich hätte eine Idee auch wenn ich weiss, dass dieser Job nicht gerade deinen Vorstellungen entspricht..." Aufmerksam höre ich zu. "Wir haben bei uns eine Praktikumsstelle als  'Allrounder' frei im Rennstall. Eigentlich ist diese erst ab nächster Saison also ab März. Ich müsste vorab einige Anrufe tätigen aber wenn du willst..." Ich unterbreche ihn "Das heisst, ihr sucht ein 'Mädchen für alles' die auch noch schlecht bezahlt ist?" Mattia lacht. "Lass mich doch erstmal zu ende erzählen Elena. Die Bezahlung ist nicht schlecht und du könntest vielleicht auch schon diese Woche starten. Es kann nicht schaden, wenn unsere Praktikanten bereits Erfahrung mitbringen. Du bekommst einen normalen Ausbildungsgehalt, kannst aber zusätzlich mit dem Team um die Welt reisen, inklusive Verpflegung und Hotelaufenthalte." Eigentlich wäre das garkeine schlechte Idee - mal abgesehen davon, dass mich die Formel 1 weiterhin nicht interessiert. Aber ich hätte dann zumindest einen Job und könnte trotzdem Reisen. "Kann ich eine Nacht darüber schlafen?" Müde seufze ich, meine Gedanken kreisen unruhig um das Jobangebot. "Natürlich. Aber wenn du mir bis Mittwoch Bescheid geben kannst, wäre das super." Drei Tage bedenkzeit, das sollte reichen. "Ist ok, ich gebe dir Bescheid sobald ich mich entschieden habe." Müde verabschiede ich mich von meinem Onkel. Als ich mich ins Bett lege, kann ich trotz der Erschöpfung nicht einschlafen. Besser ein 'Mädchen für alles' sein und um die Welt reisen als hier arbeitslos festzusitzen... oder?

Nachdem ich mir zwei Tage den Kopf über das Angebot zerbrochen habe und mir sämtliche Meinungen bei Lena, meinen Eltern, meinen Grosseltern und selbst bei meiner Schwester eingeholt habe, bin ich zum Entschluss gekommen, dass ich den Job antreten werde. Die Praktikumsstelle ist auf Ende der Saison 2023 befristet und sollte es mir nicht gefallen, kann ich jederzeit kündigen und zurück nach Hause fliegen. Mein Onkel ist aufgrund meiner Zusage komplett aus dem Häuschen und hat mir schon ein Flugticket für den nächsten Tag nach Singapur organisiert und zugeschickt. Aufgrund der langen Flugzeit, werde ich somit am Freitagmittag zum Team dazustossen. Beim Gedanken an das Rennen in Monza muss ich unweigerlich lächeln. Die 'After-Party' im Teamhaus war schon sehr lustig, vielleicht wird mir der Job in diesem Umfeld sogar gefallen? Wie ein Blitz schiesst die Erinnerung an den Zusammenstoss mit Lando in meinen Kopf - oder besser gesagt die Zusammenstösse. Im Nachhinein schäme ich mich dafür, dass ich ihm gegenüber vor dem Rennen so unfreundlich war. Immerhin musste ich an eigener Haut erfahren, dass man manchmal aus Versehen in Leute reinlaufen kann, wenn man mit dem Kopf wo anders ist. Eventuell kann ich mich für mein Verhalten entschuldigen, sollte ich ihm nochmal über den Weg laufen. Durch ein Klopfen an meiner Tür werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Meine Mutter steckt den Kopf durch einen Spalt in der Tür. "Hast du schon fertig gepackt?" Verzweifelt schaue ich auf meinen halb leeren Koffer herunter und schüttle den Kopf. "Eigentlich sollte ich Übung darin haben Klamotten für eine lange Zeit zu packen, aber irgendwie bin ich trotzdem überfordert." Mit einer Handbewegung gebe ich Mama zu verstehen, dass sie reinkommen kann. Sie setzt sich auf die Bettkante und mustert das Chaos aus Kleidern am Boden, dass ich durch das Packen veranstaltet habe. "Ich werde dich vermissen - schonwieder." Gibt sie lächelnd zu. "Aber ich bin stolz auf dich und auf das was aus dir geworden ist und auch noch werden wird. Diese Erfahrung wird dich weiterbringen, das kann ich dir versprechen und selbst wenn es nicht gerade zu deinem Lieblingssport gehört aktuell, wirst du es irgendwann lieben." Ihre Stimme hat etwas ruhiges und warmes, was mich in meiner Entscheidung nur bestätigt. Wortlos setze ich mich neben meine Mama und umarme sie. In der Zeit als ich in London war, ist unsere Beziehung sehr stark geworden. Manchmal fühlt es sich an als würde ich mit einer erwachseneren und weiseren Version von mir selbst sprechen - und natürlich behält meine Mama auch immer Recht mit dem was sie sagt.