Besuch

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POV. Amara

„Manuel ist keine schlechte Partie. Ich hatte ihn letztes Jahr auf einer Versammlung kennengelernt und erfahren, dass seine Familie einen großen Einfluss in Paris besitzt. Zudem gehören ihnen ein paar Hotels an der Küste, was nicht schlecht fürs Portmonee ist."
Informiert mich mein Vater über einen weiteren der Kandidaten, die ich gemessen an dem Alter, halbherzig auf einen Zettel geschrieben habe.
Es ist wirklich keine lange Liste, doch mein Vater sitzt schon ungefähr eine Stunde lang auf einem Sessel und gibt mir zu jedem einen ausführlichen Bericht.
Ausführliche heißt in diesem Fall, dass wir gerade bei Kandidat Nummer drei angekommen sind.

Frustriert werfe ich ihm einen Blick zu, doch er ist zu fokussiert mir Beachtung zu schenken, da sein Blick auf dem Stück Papier klebt.
Wir sind gerade in einem Kleidergeschäft, welches eigentlich geschlossen ist und ich werde durchgehend von vier verschiedenen Angestellten umzingelt, die mir nach und nach alle möglichen Arten von Kleidern anhalten und sie entweder auf einen Stapel für die engere Auswahl legen, oder sie wieder zurück bringen.

„Außerdem kenne ich seine Eltern gut. Sein Vater geht öfters mit mir pockern und seine Frau hat gute Manieren."
Seufzend wende ich mich von ihm ab, während er weiterredet und betrachte ein weiteres Kleid, welches auf den Stapel wandert, der fast schon so groß ist wie ich.

„Ich denke das sind genug." Melde ich mich zu Wort, als die vier Frauen erneut ausströmen und nach möglichen Kleidern Ausschau halten wollen.

Nun schaut auch mein Vater prüfend auf den Stapel und nickt zustimmend.
„Da sollte hoffentlich was gutes dabei sein." er erhebt sich und faltet den Zettel zusammen, bevor er ihn in sein Jackett wandern lässt und auf den Haufen deutet.
„Na los, worauf wartet ihr denn noch? Packt dass ein."
Mit blassen Gesichtern rennen die vier los und keine zwei Minuten später sind die Leibwächter, die uns eigentlich beschützen sollen, schwer bepackt mit Kleidern.
Und ich folge meinem Vater zur Limousine.
Den Tag habe ich mir definitiv anders vorgestellt....

Ich nehme gegenüber von ihm Platz während ich beobachte wie die Ausbeute an Kleidern und den Wagen geräumt wird.
Ich kann mich an keines der Kleider erinnern und hoffe, dass wenigstens eines dabei ist, dass mir gefällt.

„Ich habe dir ja schon gesagt, dass ich noch welche einladen werde, die ich nicht in dem Ordner hinterlegt habe. Es steht noch nicht fest, ob sie überhaupt kommen, doch ich habe die Einladungen bereits verschickt und ich muss sagen, dass da einige vielversprechende Kandidaten dabei sind.
Es währen zum Teil viele Vorteile mit manchen von ihnen verbunden und ich würde dir dann noch einmal eine Liste mit denen machen, die zugesagt haben."

Ich nicke gedankenversunken, da ich genau weiß, dass mein Vater es so oder so machen wird. Warum sollte ich diesbezüglich also noch unnötig Energie mit diskutieren verschwenden?

Heute Morgen bin ich zudem, als wäre es noch nicht schlimm genug gewesen, dass ich zu Luciano gegangen bin, auch noch mit einem Kater aufgewacht und mein Kopf fühlt sich noch immer so an, als würde er jeden Moment platzen.
Natürlich konnte ich meinem Vater nichts davon erzählen, sodass mir nichts anderes übrig bleibt, als mich auf der Sitzbank gegenüber von ihm, hinter einer Zeitschrift zu verstecken und zu beten, dass mein Concealer meine Augenringe noch genauso gut verdeckt, wie er es heute Morgen getan hat.

„Cloe und Grace kommen übrigens ein paar Tage vor deinem Geburtstag, um dir bei den Vorbereitungen auf deinen großen Tag zur Seite zu stehen."

Geschockt schlage ich die Zeitschrift zu und lasse sie auf meinen Schoß sinken.
„Nein.... Das meinst du doch nicht ernst?!" entgeistert sehe ich meinen Vater an und suche vergeblichst nach etwas, das mir verrät, dass er es nicht ernst meint.
Cloe und Grace sind meinen beiden Cousinen. Sie sind Zwillinge, ein Jahr älter als ich und zwei aufgedonnerte Puten, die sich damit abgefunden haben den reichsten Mann zu heiraten, egal wie alt oder charakterlich verwerflich er ist.
Zudem fühlen sie sich wegen dem einen Jahr Altersunterschied um einiges erfahrener, vernünftiger und verantwortungsbewusster, weshalb sie mich seit kleinauf tadeln,kritisieren und belehren wollen.
Die beiden auf meinem Geburtstag zu haben wäre somit schlimmer als bei lebendigem Leibe in eine Schlangengrube geworfen zu werden.

„Und wie ernst ich es meine. Ich lasse dich schon sehr viel durchgehen, weshalb es wohl nicht zu viel verlangt sein sollte, dass du dich wenigstens die paar Tage vor deinem Geburtstag zurückziehst und dich nicht ständig Nachts rausschleichst oder gegen die Valentino's schießt.
Es ist gut Gebiete und Leute zu gewinnen, aber wenn die erst einmal ernst machen wird von uns und allem was mit uns zu tun hat nicht einmal mehr ein Staubkorn übrig sein."

Ich könnte mich ohrfeigen, dass ich auch nur für einen Moment gedacht hätte, dass ich unbemerkt geblieben bin. Immerhin sind mehr als genug Überwachungssysteme in die Zentrale eingebaut.

„Wann kommen sie denn?" Frage ich, während ich meinen Blick auf einen meiner Ringe richte, den ich mal nach rechts und mal nach links drehe. Ich habe mich so dumm angestellt, dass ich meinem Vater noch nicht einmal in die Augen sehen möchte.

„Heute." antwortet er einsilbig und genau im gleichen Moment, wo der Wagen auf den Hof fährt und mein Blick auf eine komplett pinke Limousine fällt, die neben einem wortwörtlichen Berg von pinken Koffern parkt
und neben besagten Koffern und Limousine, welche beide drohen meine Augen wegzuätzen stehen meine wahrgewordenen Alpträume aufgedonnert und nervtötend wie ich sie in Erinnerung hatte.
„Warum kommen sie schon heute? Es sind noch fast zwei Monate bis zu meinem Geburtstag?"
Die Hoffnung, dass dies hier nur eine Halluzination ist oder die beiden nur auf der Durchfahrt sind ist noch nicht ganz gestorben, doch sie wird von meinem Vater sofort im Keim erstickt.
„Deine Tante und dein Onkel sind verreist und haben Angst, dass die beiden in ihrer Abwesenheit wieder eine Hausparty feiern und fast die Villa abfackeln."
Na super.....

Gott steh mir bei" stöhne ich entgeistert, während mein Vater mir einen strengen Blick zuwirft.

„Du wirst sie mit einem Lächeln und einer Freundlichkeit empfangen, als wären sie deine liebsten Menschen auf der Welt damit das klar ist."
Warnt er mich und ich würde laut lachen, wenn ich nicht wüsste, dass er jedes Wort ernst meint.

Ich warte also, bis Jeffrey mir die Tür öffnet und und ich ihn mit verwirrter Miene beäuge.
„Seit wann öffnen sie die Tür? Ist das nicht Aufgabe des Chauffeurs?"

„Sie haben Besuch." Antwortet er, als würde dies alles erklären, doch als er meinen Gesichtsausdruck bemerkt fügt er nach einem schnellen Blick Richtung Auto hinzu „Ich konnte gerade noch fliehen, bevor sie mich mit ihrem Gepäck bepacken konnten."
Ich muss bei seinem Gesicht lächeln.
„Und wo ist Conner?"
Ich sehe mich um, doch auf der anderen Seite des Wagens steht lediglich der Chauffeur mit meinem Vater, welcher ihn vermutlich die Anweisung gibt die Einkäufe zu transportieren.

„Er.... Er hat es leider nicht mehr rechtzeitig geschafft. Sie haben ihn erwischt." Jeffrey sieht schuldbewusst auf den Boden und mich beschleicht die Vermutung, dass er in der ganzen Sache nicht ganz unschuldig war, doch um nachzufragen bleibt mir keine Zeit mehr.

Mein Vater steht plötzlich hinter mir und schiebt mich mit seiner Hand auf meinem Rücken bestimmt in Richtung Verderben.
„Vergiss das Lächeln nicht. Du siehst so aus, als würden wir auf eine Beerdigung gehen."
Flüstert er streng und ich verkneife mir den Spruch, dass mir eine Beerdigung viel lieber wäre.

Born to kill youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt