Kapitel 22

15 2 0
                                    

Sie war nun schon einige Stunden unterwegs. Obwohl sie der Straße stadtaußwärts folgte hielt sie sich im schützenden Schatten des Waldes um nicht von irgendwelchen Autofahrern gesehen zu werden. Die Häuser, die in dem Artikel erwähnt wurden waren schon in Sichtweite und auch drei Polizeiautos. Evelynn duckte sich in eines der Gebüsche als sie zwei Polizisten sah. „Und du denkst wir kriegen den Typ heute bei der Aktion?", fragte der eine seinen Kollegen, welcher selbstsicher nickte. „Die Fallen sind stark genug um Bären festzuhalten und da es sich um eines von diesen komischen Wesen handelt haben wir die Erlaubnis auch tödliche Schüsse zu feuern, dass klappt, keine Sorge." Evelynn duckte sich noch mehr, als die beiden Männer an den Gestrüpp vorbei liefen in dem sie sich versteckt hatte. ‚Wenn die wirklich planen ihn einfach so zu töten kann ich nicht bis heute Nacht warten, ich muss ihn noch vor Sonnenuntergang aufspüren', legte sie sich ihren Plan zurecht bevor sie wieder in die Wälder verschwand.
Da die Braunhaarige nicht wusste, wo genau Jack sich aufhielt lief sie zuerst ziellos durch die Menge von Bäumen, die sich um die kleine Siedlung ringten. Bereits nach kurzer Zeit sah sie allerdings schon eine der Fallen, über die sich die Polizisten unterhalten hatten. Das gefährliche Gerät konnte wohl kaum als getarnt gelten, an vielen Stellen schien noch der stumpfe Glanz des Metalls durch die kaum deckende Farbe. Evelynn sah sich kurz um und fand dann einen Stein, der ungefähr das Gewicht eines kleinen Hundes hatte. Sie warf diesen auf die Falle, welche beinahe sofort zuschnappte und ein lauter Alarm startete. Sie hörte schon die Schritte der Polizisten, die schnell lauter wurden. Die Frau sprang auf und lief vor den sich nähernden Schritten weg.
Nach einigen Minuten war sie sich sicher weit genug entfernt zu sein und blieb kurz stehen um durchzuatmen. Als sie ihren Kopf wieder anhob sah sie eine kaum bemerkbare Holzhütte. Nach kurzer Überlegung entschied sie sich in der Hütte nach zu sehen. Als sie sich dem kleinen Gebäude nährte sah sie sich die ganze Zeit auf dem Boden nach irgendwelchen Fallen um, sah allerdings nur in etwas Entfernung den metallischen Glanz einer jener. So kam die Frau bei der Tür an und drückte langsam die Klinke hinunter. So wie sie bereits erwartet hatte, war nicht abgeschlossen und so konnte sie die marode Tür einfach aufdrücken. Nachdem Evelynn den Raum betreten hatte strömte ihr ein bekannter Geruch entgegen, doch hier war er noch viel stärker und sie musste sich die Hand vor den Mund halten um sich nicht zu übergeben.
Die Hütte bestand nur aus einem Raum, in welchem sich ein Waschbecken und ein Bettgestell befanden. Auf dem Bett lag eine mottenzerfressene Matratze, welche neben herrausstehenden Federn auch viele dunkle Flecken aufwies. Doch ihr wurde erst wirklich übel, als sie einen Blick in das Waschbecken warf. An einigen Stellen war Moos von den Holzwänden auf das Keramik des Beckens übergesprungen, aber das wirkliche Grauen waren die angebissenen und halbverspeißten Organe, welche achtlos in dem Becken vor sich hinschimmelten. Das Blut war am kalten Material getrocknet und bildete eine klebrige Verbindung zwischen dem dreckigen Keramik und dem Fleisch der Organe. Evelynn wusste sofort, dass dies wohl der Ort war, an dem sich Jack versteckt hielt, doch sie hatte natürlich auch schon bemerkt, dass er nicht da war.
Es hätte keinen Sinn hier auf ihn zu warten, da er erst wieder kommen würde, wenn er fertig war mit jagen. Somit entschloss die Braunhaarige sich die Hütte wieder zu verlassen und weiter nach dem Kannibalen zu suchen. Gerade als sie aus der Tür trat wurde sie von oben zu Boden gerissen. „Was tust du hier?", knurrte ihr Angreifer und sie konnte seinen heißen Atem in ihrem Nacken spüren. „Nach dir suchen und jetzt lass mich los", antwortete Evelynn mit einer krampfhaft ruhigen Stimme. „Und wenn ich das nicht tue? Du kannst dich nicht vor mir verstellen, ich rieche deine Angst, Evelynn", knurrte er erneut und der Frau lief ein eiskalter Schauder den Rücken hinab. „Du wirst mich nicht verletzen also lass mich los, ich will dir helfen", versuchte es Evelynn weiter. „Woher willst du dass wissen, dass ich dich nicht verletzte?", fragte er und legte einen Finger an ihre Seite. „Ich könnte dir ganz einfach die Niere rausreißen und dann-", begann er, doch Evelynn hatte seine Hand gegriffen und sich unter ihm hervorgerollt, wobei er auf den Boden schlug.
Die Frau sprang auf ihre Füße und sah zu ihm. „Hörst du mir jetzt endlich mal zu, Jack?", zischte sie. „Die Polizei ist hier und hat überall Fallen aufgestellt, wenn du noch länger hier bleibst erwischen sie dich. Was auch immer dein Problem ist, du bist deswegen unachtsam geworden", erklärte sie in aller Kürze, während sich der Kannibale aufrichtete. „Na und? Ich kann auf mich selbst aufpassen, also verschwinde", knurrte er sie an. Evelynn seufzte. „Du verhältst dich wie ein kleines Kind, weißt du das? Du bist zur Zeit geistig nicht in Ordnung und gefährdest damit nicht nur dich, sondern alle anderen Creeps auch." Jack lachte dunkel. „Ich weiß nicht, ob du es vergessen hast, aber wir sind Killer, wir sind alle psychisch nicht ok." „Das meine ich nicht und das weißt du. Aber solltest du gedenken dich doch irgendwann zurück zu begeben, erwarte nicht, dass ich noch da sein werde", murmelte sie wütend. „Wenn du jetzt abhaust müssen wir dich umbringen, also hast du nicht wirklich eine Wahl", meinte Jack nur kalt. „Korrektur: Wenn ich ohne dich zurück komme werde ich getötet und wenn ich länger als 48 Stunden brauche dich zurück zu bringen bin ich ebenfalls Freiwild", antwortete die Frau, die mittlerweile kurz davor stand ihren letzten Nerv zu verlieren.
Jack sagte zwar nichts, doch anhand seiner Haltung kommte sie seine Verwirrung erkennen. „Ok, nochmal für dumme Kannibalen: Ich habe mit Slenderman eine Abmachung gemacht, laut der ich innerhalb von 48 Stunden dich finden und zur Mansion zurück bringen soll, wenn nicht heißt es Bye,Bye für mich", erklärte Evelynn in genervtem Ton. Nach einer Weile knurrte Jack laut. „Du Idiot! Warum machst du sowas?!" „Warum läufst du weg?!", schrie die Frau zurück. Plötzlich hörten sie näher kommende Stimmen und sahen sich an bevor sie beide auf einen nahstehenden Baum kletterten.

Toxic Flesh (xEyeless Jack)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt