Kapitel 32 "Sonntags Tradition"

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Lorenzo

Sie saß auf meinem Schoß. Ihre Arme waren um meinen viel zu großen Körper. Ich hielt sie so fest wie ich konnte, doch hatte ich das Gefühl, sie nicht so fest halten zu können.
Sie hatte abgenommen. Viel zu viel. Sie war bestimmt schon magersüchtig. Wie oft sie was gegessen hat? Ihre Haare waren komplett abrasiert. Sie benahm sich als wäre sie eine fremde. Und bestimmt fühlte sie sich auch so. Ich verbat den Jungs ihr irgendwelche Blicke zu geben oder irgendetwas komisches zu denken oder zu sagen. Der Entführer, der Zweite oder auch Mittäter war in einem anderen Auto. Ich wollte ihn nicht sehen. Zumindest nicht jetzt. Ob Anastasia ihn sehen wollte wusste ich auch nicht. Aber wahrscheinlich auch nicht.
Sie schlief schon seit wenigen Minuten. Zumindest könnte man das denken. Wenn sie so tut, kann sie ihre Rolle sehr gut. Denn ihre Atmung war gleichmäßig und ihre Klammerung war nicht mehr so fest.
„Lorenzo?", rief Aidan meinen Namen, doch schüttelte ich sofort meinen Kopf. Mit meinen Augen zeigte ich auf Anastasia. Ich wollte sie nicht wecken.
„Wir sind in zwei Stunden erst dort. Vielleicht solltet ihr euch bequem machen", flüsterte er leise. Ich nickte nur. Ich würde mich nicht bewegen, dass Risiko sie jetzt aufwecken war viel zu hoch.
Erneut wanderte mein Blick auf sie. Sie hatte sich verändert. Was dieser Bastard wohl alles mit ihr gemacht hat? Ich werde ihn bereuen lassen! Alles! Jede seine Handlungen wird er bereuen! Dieser Bastard. Beide werden es bereuen! Keine Ahnung, was die beiden mit einander zutun haben und warum sie sich kennen, aber ich werde alles tun, damit sie sich lieber den Tod wünschen! Sie haben meine Anastasia verletzt, dafür werde ich sie verletzten. Tage, Wochen und Monate. Mindestens ein Jahr lang werden sie leiden. Der doppelte Zeitraum, der doppelte Schmerz und die doppelte Sehnsucht vom Tod. Das war ein guter Plan. Wie ich ihn umsetzten würde, wusste ich noch nicht. Aber Alejandro würde mir bestimmt helfen. Denn es geht um seine Tochter. Um seine Anastasia. Um seinen eigenen Schatz auf dieser Welt. Um seinen kleinen Engel. Er wird denjenigen umbringen, der das seiner kleinen Anastasia gemacht hat.
„Hast du Alejandro Bescheid gegeben?", flüsterte ich und schaute wieder zu Aidan rüber.
„Nein, noch nicht. Soll ich es machen?", fragte er mich unentschlossen. Er machte sich bestimmt sorgen. Aber eine Überraschung wäre auch süß. Doch wäre so eine Überraschung unverantwortlich.
„Ich schreibe ihm schon. Konzentriere dich aufs fahren. Ich möchte hier sicher und heil raus kommen. Also Augen auf die Straße oder dein Kopf landet auf den Boden." Aidan konzentriere sich wieder auf die Straße, währenddessen zog ich mein Handy raus und wählte den Chat mit Alejandro aus. Um ehrlich zu sein, wusste ich nicht, wie ich es sagen sollte. Ich wusste nur, dass ich es machen musste. Sollte ich ihm sagen, dass es ihr gut geht? Geht es ihr den gut? In diesem Thema wollte ich nicht lügen.

Lorenzo: wir haben sie gefunden. Ich kann dir nicht sagen, ob es ihr in diesem Moment gut geht. Sie sieht sehr müde und erschöpft aus. Gerade schläft sie. Wir sind in zwei Stunden zuhause. Den Entführer haben wir in einem anderen Auto. Er wird sofort in die Lagerhalle gebracht. Ich komme mit nach Hause. In den nächsten Tagen werde ich in die Lagerhalle gehen um zu schauen, wer es war. Wenn du möchtest kannst du mitkommen. Koch nichts. Ich werde etwas machen, sobald wir zuhause sind. Kannst du schauen, ob wir Eier, Mehl, Milch, Zucker und Salz haben. Und auch Nutella und Puderzucker. Oder auch Marmelade. Wenn sich irgendetwas verändert gebe ich dir Bescheid.

Ich wusste, dass ich zu viel geschrieben hatte. Doch wusste ich nicht, was ich sonst machen soll. Wie ich ihm sonst ihre Lage erklären soll. Ich wollte ihm keine Angst machen. Ich habe ihm geschrieben, damit er sich keine Sorgen macht, doch wenn ich ihm sage, was dieser Bastard mit ihr gemacht hat, würde er vor Sorge sterben. Denn selbst ich starb vor Sorge.

Alejandro: Hat sie erzählt, was ihr dort passiert war? Was er ihr angetan hat?

Lorenzo: Nein, sie hat nicht viel gesagt

Der VertragWo Geschichten leben. Entdecke jetzt