Eine feuchtfröhliche Party...

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Mit dem Daumen fährt er langsam über meine Wange. „Komm, wir sollten gehen. Ich bin gespannt auf deine Freunde." Während Chris aus dem Zimmer verschwindet, sauge ich den Moment mit einem tiefen Atemzug in mich auf.

Urplötzlich beschleicht mich ein Verdacht. Sehe ich seiner Schwester vielleicht ähnlich? Ist es das, was ihn immer wieder meine Nähe suchen lässt? Die Erinnerung an eine glückliche Zeit, die durch mich wieder zum Leben erweckt wird? Nein, das kann nicht sein. Das darf nicht sein. Ich will nicht nur Mittel zum Zweck sein. Ich will der Zweck sein. Ich will der Grund für die Gefühle in ihm sein.

„Hiii", kreischt Ashley, kommt um die Ecke und schließt ihre Arme um mich. „Wo willst du denn heute noch hin? Du siehst echt heiß aus", sagt sie und fährt mit dem Finger über mein Oberteil. „Hi Nick", kommt es aus der Diele. Da steht sie: Kimberly, mein Endgegner.

Ich knalle die Zimmertür vor ihrer Nase zu. „Was macht die denn hier?" „Wir waren schon verabredet, als dein Anruf kam." „Ich habe dich eingeladen und nicht sie." „Je mehr wir sind, desto witziger wird es." „Warum gibst du dich überhaupt mit dem Miststück ab?" „Rede nicht so über sie. Jetzt mach nicht so ein Gesicht, dann bist du echt hässlich und jetzt stell mir endlich Luke vor."

Ich habe ein ganz ungutes Gefühl bei der Sache und auf mein Gefühl ist eigentlich immer Verlass. Vielleicht nicht bei Chris, aber ich rieche Probleme schon meilenweit gegen den Wind und Kimberley billiges Parfüm stinkt gewaltig. Ich werde sie im Auge behalten.

Nun sitzt sie allerdings ganz harmlos im Wohnzimmer neben Kate und grinst mich frech an. Ihr gegenüber sitzt Luke mit einem Bier in der Hand. „Hey Luke, das ist meine Freundin Ashley", sage ich und die Rothaarige nimmt sofort neben ihm Platz. Vor Kopf sitzt noch ein Pärchen, das ist nicht kenne. Nur Chris ist nirgends zu sehen.

Doch dann legen sich warme Hände von hinten auf meine Oberarme und fahren dann mit leichtem Druck an ihnen auf und ab. Ich kann ihn riechen, noch bevor sein Mund neben meinem Ohr ist. „Soll ich dir den Prosecco aufmachen?"

‚Ja und dann trink ihn aus meinem
Bauchnabel', schießt es mir durch den Kopf und ich laufe knallrot an. „Danke, das schaffe ich schon allein." Ich quetsche mich an ihm vorbei, ohne ihn anzusehen, gehe in die Küche und reiße den Kühlschrank auf. Die kalte Flasche an die Wange haltend stehe ich an die Wand gelehnt da und dann fällt mein Blick auf Chris, der schmunzelnd im Türrahmen steht.

„Heiß?" „Ja, das Wohnzimmer ist ziemlich aufgeheizt." „Ach, das Wohnzimmer", sagt er süffisant und kommt dann auf mich zu. „Gibst du mir ein Bier?" Ich stelle die Flasche auf den Küchentisch und hole ihm ein Bier aus dem Kühlschrank, während er schon dabei ist, den Prosecco zu öffnen. „Das hätte ich doch auch machen können." „Ich weiß. Nimm du das Bier und die Sektgläser."

Zusammen gehen wir wieder ins Wohnzimmer. „Prosecco, Ladys?", fragt er und guckt dann zu mir. Wenn ich nicht so verknallt in ihn wäre, würde ich ihn hassen. Mit meinem Glas setze ich mich neben Luke, der die ganze Zeit mit Ashley redet. Kate ist inzwischen weiter zu dem Pärchen gerückt und redet wild gestikulieren mit ihnen.

Tja, und Chris setzt sich neben Kimberly. Sie kaut ihm ein Ohr ab und ich merke, dass ihn nichts davon interessiert. Immer wieder verschränken sich unsere Blicke. Seine Blicke ziehen mich regelrecht an und meine Blicke ziehen ihn aus.

Nach dem ersten Glas Prosecco ist für mich Schluss. Alleine schon wegen des Trainings am nächsten Tag. Die anderen sind nicht so sparsam, besonders Kates Pegel ist so hoch, dass Luke sie irgendwann in ihrem Zimmer ablädt. Auch Chris trinkt gefährlich viel. Als ich vom Klo wiederkomme, ist er ebenfalls verschwunden.

Ich will in der Küche gucken gehen, aber Ashley hält mich auf. „Du kannst da jetzt nicht rein." „Wo? In die Küche?" „In dein Zimmer." Erst jetzt fällt mir auf, dass noch jemand fehlt. Kimberly!

Mein Herz zersplitterte in tausend Teile. In diese fiesen kleinen Splitter, die abbrechen, sobald man versucht, sich davon zu befreien. Auf dem Klo heule ich vor Wut und Schmerz. Mein verdammtes Herz muss sich auch immer die Falschen aussuchen. Während Kates Freunde nachhause gehen und Ashley und Luke weiter im Wohnzimmer sitzen, setze ich mich in der Diele vor die Zimmertür auf den Boden. Ich höre das Quietschen des Bettes, ihr ekelhaftes gespieltes Stöhnen und das Klatschen von Haut.

Hör genau hin, Nicolai. Erinnere dich daran, wenn du das nächste Mal denkst, dass er dir schöne Augen macht. Das ist Chris. So ist er. Du bist ihm scheißegal.

Zwanzig Minuten dauert mein Martyrium. Dann hat Chris wohl endlich geschafft seine Ladung abzuschießen. Ich höre Kimberlys immer lauter werdendes Kichern, dann reißt sie die Tür auf und fällt fast über meine Beine. „Ashley, Süße? Wo bist du?", schreit sie durch die Diele.

Ich flüchte in mein Zimmer, in dem sich immer noch Chris befindet, der gerade dabei ist, meine Bettdecke glatt zu streichen. Mir brennen die Sicherung durch. Eine nach der anderen.

„Du hast sie in meinem Bett gefickt? Ist das dein Ernst?" Ich hasse seinen Anblick. Er widert mich an. „Zu meinem Bett haben wir es nicht mehr geschafft." Er zuckt mit den Schultern, als wäre es das Normalste der Welt. „Du bist so ein Arschloch, Chris." Ich schließe die Augen und kämpfe mit aller Macht dagegen an. Nicht heulen, jetzt bloß nicht auch noch heulen.

„Was dachtest du denn, wie der Abend läuft?" Ich öffne die Augen und im nächsten Moment stößt er mich aufs Bett. Dann setzt er sich auf meinen Schoß. „Hast du dir das so vorgestellt?" Ehe ich reagieren kann, leckt er mit seiner Zunge in kreisenden Bewegungen über meinen Hals. Daraufhin verlässt ein erbärmlich Wimmern meine Lippen. „Oh ja, so hast du dir das gedacht. Komm schon, werd hart für mich."

Er muss mich nicht bitten, denn mein ganzes Blut ist schon längst auf dem Weg zu meiner Körpermitte. Eine feuchte Spur von Küssen bahnt sich ihren Weg bis zu meinen Lippen und ohne Vorwarnung taucht seine Zunge in meinen Mund ein. Spätestens jetzt ist das Licht bei mir komplett aus. Ich denke nicht eine Sekunde darüber nach, was ich tue, sondern küsse ihn voller Leidenschaft zurück. Hungrig und wild ist unser Kuss. Ich vergrabe meine Finger in seinen Haaren und erschaffe mein ganz eigenen Chaos darin. Ich will, dass mein Chaos seins wird. Das wir uns einfach weiter von unser Lust treiben lassen. Ich ziehe ihn noch näher zu mir ran und nun vergräbt auch er seine Hand in meinen Haaren. Ich habe ihn da, wo ich ihn haben will. Es gibt kein Zurück mehr. Mein Herz hämmert wie wild gegen meine Brust.

Doch der Triumph ist nur ein kurzer, denn er reißt meinen Kopf nach hinten, grinst mich an und steht dann von meinem Schoß auf. Sein Blick haftet auf der Beule in meiner Hose. „Das hat dich jetzt ja wirklich geil gemacht", sagt er lachend und verlässt kopfschüttelnd das Zimmer.

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