„Toni, das nimmst du sofort wieder zurück", fordert mein Vater und funkelt Toni wütend an. „Ich denke gar nicht dran." Das „Freundchen" meines Vaters bekommt er in seinem Wahn schon gar nicht mehr mit.
Ich weiche einen Schritt zurück, denn Toni kommt wütend auf mich zu und ich bin mir sicher, dass er mir eine reinhauen will, aber dann stößt er mich nur mit einem „Aus dem Weg, du Mädchen" zur Seite und trampelt dann zornig die Treppe zu seinem Zimmer hoch.
Der Arm, mit dessen Hand ich immer noch Vertrag halte, hängt schlaff an meinem Körper herab. Ich kaue auf meiner Unterlippe und versuche meine Emotionen unter Kontrolle zuhalten. Ich will einfach, dass dieser Moment vorbeigeht. Doch alleine das „Nicolai" meiner Mutter reicht aus, um alle Dämme brechen zu lassen.
„Lass mich einfach", sage ich, als sie meinen Arm greifen will und dann flüchte auch ich nach oben auf mein Zimmer.
Toni wütet in seinem Zimmer nebenan. Es hört sich an, als würde er mit seinem Baseballschläger alles kurz und klein schlagen. Wahrscheinlich ist dem auch so.
Seine Worte waren wie der Baseballschläger für meine Seele. Er wollte mich verletzten, er wollte mir wehtun und das hat er geschafft.
Wenn irgend ein Typ draußen auf der Straße, mit einem IQ von einem Toastbrot — und zwar das ohne Rand — sowas sagt, dann tut das weh, aber wenn der eigener Bruder dir sowas an den Kopf knallt, dann macht das etwas in dir kaputt.
Ich streife die Klamotten ab, denn sie passen nicht zu mir. Das bin nicht ich. Nach und nach, mit jedem Stück freigelegter nackter Haut, werde ich wieder mehr zu mir selbst.
Zuerst fällt die Jacke und das T-Shirt. Helle, makellose Haut und rosafarbene Brustwarzen kommen zum Vorschein. Definierte Muskel unter einer schmalen Brust. Keine Rundungen.
Dann ziehe ich die Hose aus. Meine Beine weisen die meisten Muskeln auf, so mancher Läufer würde mich darum beneiden. Meine Füße, die eines Balletttänzers, getapt und mit blutunterlaufenen Zehennägel.
Als letztes fällt die Boxershorts. Ich streife mit meinem Daumen die Stelle weiter hinab, an dem sich eigentlich ein dunkler Haarstreifen befindet, aber ich bin komplett rasiert am ganzen Körper.
Mein Blick wandert im Spiegel von oben nach unten über meinem Körper und bleibt dann an meiner Körpermitte hängen, wo sich gerade eben meine Finger um die zarte Haut an meinem Schaft legen und ihn sanft pumpen, bis mein Penis groß und prall ist.
Mein Körper und ich haben seit einiger Zeit ein gespaltenes Verhältnis. Wobei es eher die zusätzlichen Pfunde sind, die ich zu glauben habe und nicht die Tatsache, dass was zwischen meinen Beinen hängt. Nein, ich mag es, ein Mann zu sein. Ich würde es nicht anders wollen.
Ich lege mich aufs Bett, reibe mich immer weiter und vertreibe alle negativen Gedanken.
Die Hand, die sich nicht um meine Körpermitte kümmert, stimuliert meine Brustwarzen, bis sie hart und so empfindlich sind, dass jede Berührung eine Mischung aus Schmerz und Lust ist.
Dann folgt das zweitbeste Gefühl der Welt, neben dem, wenn das warme Sperma durch den schmalen Kanal gepresst wird. Der Moment, kurz bevor es kein Zurück mehr gibt. Mein Stöhnen ist leise und rau.
Im nächsten Moment fliegt die Tür auf und mein Vater steht im Zimmer. Ich kann gar nicht schnell genug die Decke über mich ziehen, wie sich mein warmer Samen in meiner Hand ergießt.
Ein „Entschuldigung" stammelnd, verlässt mein Vater mein Zimmer. Ich hingegen, werde es wohl nie wieder verlassen. Der schlechteste Orgasmus aller Zeiten.
Ich weiß nicht, was mein Vater wollte und werde es wohl auch nie erfahren, denn die nächste Person, die an meine Zimmertür klopft, ist meine Mutter, die mich zum Essen ruft. Mein Magen hat sich inzwischen selbst verdaut, eine Nahrungsaufnahme ist somit nicht mehr nötig.
Als ich den gedeckten Tisch sehe, schießen mir Bilder der Eskalation vom Vorabend durch den Kopf. Wenn ich meine Mutter betrachte, sehe ich nur ihren Schmerz. Bei jedem Blick auf Toni, hallen seine Beschimpfungen in mir wider.
Meinen Vater mag ich gar nicht anschauen, denn dann sehe ich mich, nackt auf dem Bett, wie ich mir einen runterhole. Also ein rundum gelungenes Familienessen.
„Toni, hast du dich schon bei deinem Bruder entschuldigt?", knurrt meine Vater vom Kopfende. Irgendeine Laus scheint ihm über die Leber gelaufen zu sein und ich denke, es war nicht sein Sohn, der seinen Trieben nachgekommen ist.
„Ja, hat er", sage ich, bevor Toni antworten kann. Das ist natürlich gelogen, keiner von uns hatte nach dem Vorfall sein Zimmer verlassen und auf dem Weg runter ins Esszimmer hatten wir uns in Schweigen gehüllt.
Ich möchte die Sache einfach vergessen. Den ganzen Tag können wir gerne getrost streichen. Ich will nicht den nächsten Konflikt hinaufbeschwören. „Nein, habe ich nicht", sagt Toni jetzt zu allem Überfluss.
„Dann hast du bis zu unserer Abfahrt Hausarrest." „Das kannst du nicht machen." „Und ob ich das kann", schreit mein Vater.
„Ruhe", brüllt nun meine Mutter.
Die kleine, zierliche Frau mit den schokoladenfarbenen braunen Locken, die auch ich habe. Alle Blicke ruhen nun auf ihr. Meine Mutter erhebt nie das Wort. Sie hat mich in meinem ganzen Leben noch nie angeschrien, obwohl sie mehr als einmal Grund dazu gehabt hätte.
„Wir haben nur noch knapp zwei Wochen als Familie zusammen und ich will, dass ihr euch alle ein bisschen mehr zusammenreißt. Ist das Zuviel verlangt?"
„Nein Lisa, Schatz, du hast recht. Tut mir leid", sagt mein Vater und legt seine Hand auf die meiner Mutter. „Tut mir leid", sagt Toni und schaut dann kurz in meine Richtung.
Ob seine Entschuldigung mir was bedeutet, weiß ich nicht. Aber er ist mein Bruder, früher oder später werde ich ihn so oder so wieder lieb haben.
„Tut mir auch leid", sagte ich und weiß nicht wofür. Es tut mir leid, dass ich bin, wie ich bin. Es tut mir leid, dass ich ihnen so viel Kummer bereite.
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Baumkronenschüchternheit
RomantizmAchtung! Diese Geschichte wird überarbeitet! „Ich will dir nicht wehtun", flüstert er. „Ich weiß doch längst, dass du es tun wirst. Ich habe mich schon darauf vorbereitet. Also warum vorher nicht ein bisschen glücklich sein?" Der 17-jährige Nicolai...