Prolog 2/2

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Seufzend schlug Gemma das schon zu oft gelesene Buch auf ihren Knien zu und blickte erneut zum Mond hinauf, als die Schritte, auf die sie bereits gewartet hatte, sich schließlich näherten.

Die schwere Kerkertüre knirschte laut und Schwang auf. Es zeigten ihr an, dass Ursa nun zu ihr gekommen war.
Doch ebenfalls wie immer, würdigt sie diese Frau, welche sie einst geboren hatte, keines Blickes und wandte sich nicht mal für einen kurzen Augenblick lang vom Mond ab.

„Deine Manieren, mich nicht einmal zu Grüßen, lassen wieder sehr zu wünschen übrig, Tochter. Ich weiß wirklich nicht, warum ich mich immer wieder hierher zu dir begebe und meine Zeit damit vergeude, dir dein Leben dadurch vielleicht ein wenig angenehmer zu gestalten.
Nun komm schon zu Tisch!
Hier ist dein Essen, Tochter.", sagte Ursa geschäftig.
- So wie jeden Abend.
Und so wie jeden Abend, gehorchte Gemma schließlich doch noch. Wiederwillig und zaudernd, denn sich zu weigern zog lediglich das Resultat nach sich, dass die Wächter herein kommen, sie gewaltsam festhalten und Ursa ihr Bissen um Bissen aufzwingen würde.
Also setzte sie sich schweigend an den Tisch, ergriff zunächst das Brot, so wie immer, und stopft es sich sogleich in großen Stücken in den Mund.
„Deine Manieren waren wahrlich schon mal besser.", mokiert ihre Mutter sich erneut reichlich desinteressiert.
Doch Gemma schnappte sich lediglich das Hühnchenbein, um auch davon ordentlich abzubeißen.
Um nicht zu sagen, schlang Sie es hastig und nahezu ungekaut herunter. Schließlich wollte sie, dass diese Frau möglichst bald wieder verschwand, also griff sie zuletzt auch noch nach der Brühe setzte die Schale direkt an ihren Lippen an und trank sie auf einen Zug aus, bevor sie sich schließlich schweigend wieder erhob und ihre Herrin spöttisch und abfällig betrachtete.

„Hat die Herrin nun genug demütigende Speisung von ihrer letzten noch lebenden Tochter gesehen?", höhnte sie verächtlich. „Dann kann sie jetzt wieder verschwinden und ihr Leben leben. Ich werde bald einschlafen, wie ihr ja nun zweifellos wisst.", warf sie die Schale verächtlich vor ihrer Mutter auf den Tisch.

„Wie ich sehe, lässt du es nun auch schon wieder an dem nötigen Respekt fehlen, Tochter. Doch das alles wird sich demnächst zum Glück ändern.
Du bist nun endlich alt genug und dieses Haus braucht dringend einen Erben.
Also werde ich dich in Ermangelung passender Edler mit Gutem Namen mit einem hohen Magier verheiraten.
Er hat natürlich kein Interesse an dir als Frau, doch er wird dennoch einen Erben mit dir zeugen. Hier bei uns. Du kannst ihn dann noch gut zur Welt bringen, und wenn es ein guter, starker Sohn für mich ist, gestatte ich dir dem Magier zum Dank deine Lebensesszenz zu schenken, auf das er sie für seine Zauber zum Schutze des Reiches und des Königs nutzen kann, was sagst du nun?", fragte ihre Mutter sie lediglich lächelnd.
Gemma zuckte lediglich spöttisch mit den Schultern. Sie wollte sich bei Leibe nicht anmerken lassen wie sehr sie Ursa gerade verabscheute.
„Ich sage... ich werde für dich kein Kind von gleich wem empfangen oder es gar für dieses unehrenhafte Haus gebären, auf dass du mich danach dann endlich los wirst, so wie du es schon bei meinen Schwestern gedachtest zu tun, Ursa. Du und der Scarr... ihr hattet zusammen viele Kinder, doch keines davon hat euch je genügt oder wäre euch wichtig genug gewesen, es einmal nur besser und vielleicht sogar Standesgemäß zu behandeln, um nun solch eine Ehrung für euch zu erbitten.
Also geht und wisset... ihr werdet euch euren Erben woanders suchen müssen, Herrin of Jayy! Denn ihr habt all eure Kinder schändlich verleugnet, misshandelt und letztlich getötet.
Also verleugne ich nun auch euch beide wie auch dieses miese, wertlose Haus!", erklärte sie zum ersten Mal würdevoll und ohne noch weiter auf ihre geplante Verbindung mit jenem hohen Magier einzugehen, denn jene war ihr bereits bekannt.

Die Dienerschaft sprach schon seit Wochen über diese Möglichkeit, jetzt auch noch die letzte Tochter los zu werden, und sie hatte sogar schon richtig darauf gehofft, eine solche Zwölf-Monats-Braut für einen Magier zu werden, um ihrem bis dahin so hoffnungslosen Leben auf diese Weise endlich für immer zu entkommen.
Denn die hohen Magier hielten sich stets und ganz akribisch an das Gesetz der Fürsorgepflicht.

Die Braut der Magier #Wattys2023Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt