Kapitel 29

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Es hat keinen Sinn, sich um Menschen in der Vergangenheit Gedanken zu machen. Denn es hat seine Gründe, warum sie es nicht in deine Zukunft geschafft haben.

In all den letzten Jahren war dieser Spruch mein Leitspruch gewesen. In jeder Sekunde und in jedem Moment, hatte er mir den Weg gezeigt und mich immer wieder darauf hingewiesen, dass ich nicht mehr zurückblicken sollte, sondern geradewegs in die Zukunft.
Dies ging bis zu dem heutigen Tag auch gut, aber nach diesem Anruf von meiner Mutter, ist meine Wand, die ich in den letzten Jahren mühsam aufgebaut hatte, gefallen. Ein Wort von ihr hatte gereicht, um sie zum Bröckeln zu bekommen und jetzt war ich an dem Punkt angelangt, an dem ich mich fragte, ob es das alles wert gewesen war, ob es die richtige Entscheidung war.

Diese Fragen spukten die ganze Zeit in meinem Kopf herum, während ich im Wohnzimmer unruhig auf und ab lief. Rick und die anderen beiden standen neben der Couch und beobachteten mich.
"Emily beruhig dich Mal ein wenig. Hey, wenn du nicht willst, dann musst du es auch nicht tun."
Clara versuchte mich mit ihren Worten ein wenig zu beruhigen, aber es funktionierte nicht wirklich. Ich wusste, dass sie es nur gut meinte, aber es half mir in diesem Moment dennoch nicht.

Mein Herz schlug immer schneller und ich wollte mich gerade von meinen Freunden wegdrehen, um wieder auf die andere Seite des Raumes laufen, als zwei kräftige Arme meine Hüfte umschlungen und mich sanft zurückzogen, bis ich an einen Körper stieß. Die Wärme, die dieser ausstrahlte, lief geradewegs durch meinen Körper und ich spürte, wie mein Atem langsam ruhiger wurde. Ich ließ meinen Hinterkopf an die feste Brust fallen und stieß einen lauten Luftstoß aus.
"Besser?", fragte Rick's warme Stimme und ich erschauderte leicht, als ich spürte, wie seine Brust unter mir leicht anfing zu vibrieren.
Stumm nickte ich und schloss die Augen.

Ich musste mich irgendwie beruhigen. So kann es nicht weitergehen und irgendwas nützen tut es sowieso nicht.

Als ich meine Augen wieder öffnete, blickte ich geradewegs in Rick's eisblaue Augen, die mich sorgenvoll musterten. Er hatte sich von der Position hinter mir gelöst und nahm mich jetzt von vorne in den Arm, während er mit der Hand beruhigend über meinen Rücken strich.
"Willst du reden?", seine Stimme war nur mehr ein Flüstern.
Ich nickte und Rick zog mich sanft an der Hand zu dem großen Sofa. Zuvor schickte er allerdings Elani und Clara aus dem Raum, damit er in Ruhe mit mir reden konnte.

Schwer ließ ich mich auf dem rauen Stoff fallen und kurz darauf wurde ich in eine weitere sanfte Umarmung gezogen, woraufhin mein Kopf automatisch an Rick's Schulter sank.
"Ich bin bereit, wenn du es bist Prinzessin."
Ich atmete kurz durch und krallte mich fester in den Stoff von Rick's T-Shirt.
"Es ist einfach so... ", meine Stimme klang erstickt und ich glaubte, dass sie jeden Moment brechen könnte.
"Meine Eltern haben mir damals mein Leben zerstört. Es war schon schlimm genug, dass mein Bruder kurz davor gestorben ist und dann das. Ich war danach nicht mehr ich selber. Ich bin es auch heute noch nicht. Ich bin eine andere Emily, als ich es in der Vergangenheit war.
Und jetzt denken sie, dass ich angesprungen komm, wenn sie einmal mit den Fingern schnipsen? Nach all dem, was sie mir angetan haben? Ich kann es einfach nicht Rick....ich kann es nicht."
Ich biss mir auf meine Lippe und kniff meine Augen zu, als ich Rick's Stimme hörte.
"Das kann ich verstehen Prinzessin und ich glaube jeder kann das. Du hast so viel in deiner Vergangenheit erleiden müssen. Das können sich die meisten nicht einmal vorstellen. Dennoch möchte ich dir meine Meinung dazu sagen, ob du sie annimmst, oder nicht, ist deine Entscheidung. Ist das okay für dich?"
Stumm nickte ich und Rick fuhr fort.
"Tu es für dich Emily. Besuch ihn, um selber mit deiner Vergangenheit abschließen zu können, denn das konntest du bis jetzt nicht. Das kann ich erkennen. Sie zerfleischt dich immer noch von innen. Langsam und Stück für Stück. Wenn du dich ihr nicht stellst, dann wird sie dich noch mehr kapput machen, als sie es sowieso schon getan hat. Geh zu deinem Vater und besuche ihn. Es tut dir gut, das weiß ich. Mach es für dich und für deinen Geist."

Als Rick erstummte hob ich meinen Kopf und sah ihn an. Sein Blick funkelte entschlossen.
"Und wenn du willst, dann bleib ich bei dir und weiche die ganze Zeit nicht von deiner Seite. Das verspreche ich dir Maua."
"Danke Rick", flüsterte ich leise und schloss seufzend meine Augen.
Rick nahm meine Hand fester in seine und drückte mir einen Kuss auf den Haaransatz.
"Es ist deine Entscheidung, aber egal für was du dich entscheiden wirst. Ich werde an deiner Seite sein. Bis zum Schluss."

Tränen der TrauerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt