Kapitel 3

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Ich stand rückwärts an meiner Küchentheke angelehnt und schlürfte meinen morgendlichen Kaffee als mein Handy piepte. Ich stellte meine Kaffeetasse auf die Seite und schnappte mir mein Handy, welches neben mir auf der Ablage lag. Mit einem Blick auf das Display sah ich, dass Clara mir geschrieben hatte.

Hey du, wie geht es dir?

Besser. Danke dir., tippte ich mit einem Daumen nach oben ein und legte mein Hand wieder auf die Seite. Schnell nahm ich den letzten Schluck von meinem Kaffee und stellte die Tasse in die Spüle. Ich würde sie heute Abend abwaschen, wenn ich von der Arbeit nach Hause kam. Ich blickte aus dem Fenster und beschloss vor meiner Schicht noch in den Central Park zu gehen, der nicht weit von meiner Wohnung in Brooklyn entfernt lag, da ich noch Zeit hatte. Also nahm ich mir mein Handy und meine Schlüssel und schlüpfte bei der Tür in meine dicke Jacke und meine Schuhe.

Hinter mir schloss ich die Tür und machte mich auf den Weg. Der Central Park war der Lieblingsorte von Lyam gewesen. Er hatte es geliebt den jungen Straßenmusikanten zuzusehen. Wenn ich in diesem Park war fühlte ich mich ihm nah.

Der heutige Tag war nicht so kalt wie gestern und es tummelten sich wieder einige Athleten und Musikanten herum, die mit ihren Shows und ihren Liedern die Herzen der Passanten eroberten. Ich schlenderte langsam durch den Park und beobachtete, wie Kinder lachend über die Wiesen liefen, Schneemänner bauten oder sich in einer Schneeballschlacht duellierten.
Mein Mund verzog sich zu einem Lächeln. Wie oft war ich doch mit Lyam hier gewesen und hab mich genauso, wie diese Kinder gerade eben, mit ihm in Schneeballschlachten duelliert und wie viele wunderschöne Schneemänner hatten wir zusammen gebaut.

Mein Blick glitt zum Himmel und wenn ich ihn nicht rechtzeitig zurück auf den Boden gelenkt hätte, wäre ich geradewegs in eine kleine rote Bank vor mir gerannt.

"Sehr rasant", sagte eine mir bekannte Stimme mit einem spöttischen Unterton.
Mein Blick huschte zögerlich in die Richtung aus der die Stimme kam und plötzlich machte mein Herz einen Hüpfer und mein Atem wurde schneller.
Er....er saß da...
Der junge Mann von dem Abend in der Bahnhofshalle.
Ich starrte ihn einfach nur an und ich musste bescheuert aussehen.

"Na hat es dir die Stimme verschlagen?", seine Augen funkelten herausfordernd.
"Sicher nicht!", fauchte ich zurück.
"Dich kann man echt schnell auf die Palme bringen."

Ich schnaufte und murrte leise. Mit einem Blick in den Himmel beruhigte ich mich ein wenig. Ich sah Lyam vor mir, wie er mich streng musterte. Er konnte es nie leiden, wenn ich wütend wurde.

"Tut mir leid...", flüsterte ich leise und mein Blick glitt zu den Schuhspitzen.
"Ist schon gut. Und jetzt komm her. Ich kann nicht mitansehen, wie du hier herum stehst."
Der junge Mann klopfte mit seiner rechten Hand auf die Bank.
Ich biss meine Zähne zusammen und trat zögerlich einen Schritt näher.
"Na komm bevor ich es mir anders überlege."
Plötzlich griff er nach meiner Hand und zog mich auf die Bank.
"Hey!"
Der Fremde lachte nur und ließ sich mit geschlossenen Augen nach hinten sinken.
Ich betrachte ihn aus dem Augenwinkel.
"Übrigens ich bin Rick"
"Und was macht Rick hier?"
Er schmunzelte und öffnete seine Augen. Das eisblaue Paar blickte mich direkt an. "Den Straßenmusikanten zuhören. Wie bei dir. Früher tat ich es mit meiner Mutter und heute tue ich es als Erinnerung an sie."
Ich schluckte einmal schwer.

Lyam....

"Hey alles okay bei dir?"
Ich setzte mir ein gezwungenes Lächeln auf und nickte stumm.
Er musterte mich fragend allerdings winkte ich schnell ab.
Automatisch lehnte ich mich zurück. Vor uns spielte ein junger Gitarrist und ein kleines Mädchen, vermutlich seine Tochter, sang dazu. Meine Gedanken versanken.

Tränen der TrauerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt