Lose Gedanken

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Der Tag nach dem Fest auf der Waldlichtung fing mit leichten Kopfschmerzen an, ich schälte mich aus meinem kurzen Nachthemd und ging in die Haus Waschräume, wo ich mir ein Bad einließ. Das Wasser war warm und ich entschied mich, mir noch ein paar Lavendelblüten dazu zu mischen. Ich tauchte meinen Kopf unter das Wasser und ließ meine Gedanken einen Augenblick schweifen. War ich gestern wirklich ganz kurz davor gewesen, Sebastian zu küssen? Ich weiß noch, dass wir getanzt haben bei dem Bach und dass er sich zu mir gebeugt hatte, sein Gesicht war so nah gewesen, dass ich seinen Atem spüren konnte. Er war warm gewesen und hat gut geduftet, nach Butterbier und Gras und auch ein wenig nach Holunder, weil er etwas von dem Wein getrunken hatte. Ich fragte mich, wie er wohl geschmeckt hätte und wie sich seine Lippen wohl angefühlt hätten, wenn ich die Chance gehabt hätte, sie zu berühren. Sie zu küssen.

Ich tauchte wieder auf, nein, es war Sebastian, ja ich liebte Sebastian, sonst hätte ich nicht über all seine Fehler im letzten Jahr hinweg gesehen, aber das war reine Freundschaft, oder? Ich war nicht in Sebastian Sallow verliebt.

Ich wusch mir die Haare aus und begann meinen Körper von den restlichen Gras und Dreckspuren zu säubern, die ich gestern in aller Müdigkeit und auch Benommenheit vom Alkohol nicht mehr hätte entfernen können. Es war Samstag, heute gab es keinen Unterricht, nur Entspannung. So früh im Schuljahr werde ich noch nicht anfangen zu lernen. Ich kramte die Flaschen, die ich noch in meinem Beutel hatte, heraus und verstaute sie in meiner Nachttruhe, damit sie nicht doch irgendwie zu Bruch gingen. Ich suchte mir etwas bequemes zum Anziehen und zog es über. Ein Pullover in den Farben meines Hauses und ein brauner Rock, der mir bis zur Mitte der Waden reichte.

In der Großen Halle saß Natty mit Poppy zusammen, sie aßen Haferbrei mit Früchten und tranken dabei Tee, ich setzte mich zu ihnen, "Na sieh mal einer an, da ist ja die Turteltaube", sagte Natte und kniff mir in die Seite, ich wusste worauf sie anspielte, natürlich wusste ich es, doch ich musste die Gerüchteküche stilllegen solange sie noch nicht brannte. "Da war nichts", sagte ich und sah sie ernst an, aus dem Augenwinkeln sah ich Poppy schmunzeln."Komm schon, ihr wart total lange weg und habt den ganzen Abend vorher getanzt!", sagte sie empört, Natty nickte euphorisch, um ihr zuzustimmen. "Da war wirklich nichts!", sagte ich nachdrücklich, die beiden sahen mich immer noch so an, als würden sie mir kein Wort glauben. Ich wollte gerade aufstehen, um einen empörten Abgang zu machen, da ging die Tür der großen Halle auf und drei Slytherins schritten hindurch. Imelda machte sich geradewegs auf den Weg zu uns, nein, sie machte sich geradewegs auf den Weg zu Poppy und pflanzte sich neben sie.

Auch Ominis kam zielstrebig auf uns zu, sein Zauberstab in der Hand, um zu navigieren, nur Sebastian ließ sich zurückfallen und schlurfte ziemlich unsicher hierher. Ich wollte im Boden versinken, irgendwie hoffte ich, dass der Raum der Wünsche auf Falltüren unter den Schülern offenbaren konnte, doch es passierte nicht.

Poppy und Natty wechselten einen Blick, der so viel bedeuten konnte wie 'Habe ich doch gesagt', und in diesem Moment war ich froh, dass Blicke nicht töten konnten, denn sonst wären meine beiden Freundinnen einfach umgefallen. Ich versuchte die Situation also zu ignorieren und schaufelte mir etwas Rührei und Toast auf meinen Teller. Sebastian setzte sich neben mich, wie er es immer getan hatte, seit wir uns kennen und Freunde waren. Ich spürte seine Wärme und mein Gesicht wurde warm, mein Herzschlag war wieder mal nicht in der Lage, einfach normal zu bleiben. "Habt ihr gut geschlafen?", fragte Ominis jetzt und Imelda nickte eifrig bis ihr auffiel das Ominis das nicht sehen konnte, Poppy sah sie belustigt an, "Also ich habe fantastisch geschlafen", sagte Natty, "ich glaube von allen hier am Tisch habe ich aber am wenigsten getrunken", fügte sie hinzu und ich sagte nichts. Ich wusste, dass ich eine halbe Flasche des Holunderblütenweins alleine getrunken hatte. Die andere Hälfte hatten sich Sebastian und Ominis geteilt, wobei Sebastian auch ständig mit dem Feuerwhiskey herumhantiert hat, ich wunderte mich, dass er es überhaupt aus dem Bett geschafft hatte.

Imelda sah mich an, sie musste das gleich denken wie ich, "Also ich weiß das Beth ziemlich viel von dem Wein getrunken hat den Grace mitgebracht hat und Sebastian", sie machte ein kurze Pause und richtete ihren Blick auf ihren Haus Kameraden, "sag wie viel Feuerwhiskey hast du eigentlich drin behalten von dem was du getrunken hast?", fragte sie und interessiert zog ich eine Augenbraue hoch und betrachtete ihn von der Seite. Seine Haare waren zerzaust und er hatte auch nur einen Pullover und eine normale Hose an, er sah Imelda bitterernst an, "Wundert dich vielleicht Reyes aber ich hab tatsächlich alles bei mir behalten", ich wusste nicht ob ich ihm das glauben konnte aber, wieso sollte Sebastian lügen? "Jedenfalls von dem was ich weiß", sagte er und ich zog die Stirn in Falten, was er noch wusste?

"Wie meinst du das?", fragte ich und sah wieder wie Natty und Poppy Blicke tauschten, ich würde mir die zwei noch vornehmen. Sebastian zuckte mit den Schultern und schmierte sich etwas Butter auf sein Toast, "Naja nachdem wir aufgehört haben auf der Lichtung zu tanzen erinnere ich mich gar nicht wie ich überhaupt ins Bett gekommen bin", sagte er, fast beiläufig und ich musste aussehen als hätte er mir eine Ohrfeige verpasst denn als er mich direkt ansah war sein Blick voller Sorge. "Alles bestens?", fragte er mich und ich blinzelte einige Male und zuckte dann auch versucht lässig mit den Schultern, "Ja...ja alles fein", sagte ich und machte mich wieder an meinem Rührei zu schaffen, mir war schlecht. Ich erinnerte mich an jeden Augenblick unseres Beinahe-Kusses und er hatte es vergessen? In mir schrie etwas ganz laut, ich wusste nicht, ob ich froh war, dass er es vergessen hatte oder ob ich weinen wollte. Ich schaute nur noch betreten auf meinen Teller und stocherte in meinem Essen herum, während der Rest der Gruppe sich unterhielt. Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, dass Sebastian mich ein paar Mal anschaute, um zu sehen, wie es mir geht. Ich würgte mir das letzte Stück Rührei rein, was noch auf meinem Teller lag und ließ das Stück Toast liegen, dann stand ich auf und verabschiedete mich für heute. Die Ausrede war einfach, der Wein hat mir nicht so gut getan und ich sollte den Samstag besser im Bett verbringen, doch als ich im Schlafsaal ankam, war dieser auf einmal viel zu eng. Ich wusste, was mir helfen würde, also lief ich zum Astronomieturm und wartete auf einen ruhigen Moment, um mir meinen Raum der Wünsche, herbeiwünschen.

Deek war nirgends zu sehen, also ging ich durch eines der Glasportale zum Strand, wo Wolkenschwinge gerade vom Himmel herunter kam und vor mir landete. Ich tätschelte sie, "Hast du Lust auf einen Ausflug?", fragte ich sie und stieg auf ihren Rücken. Der Raum hier war zwar begrenzt, aber wir konnten so weit wie nur möglich und wenn wir zurück wollten, waren wir innerhalb von Minuten wieder da. Als wir losgeflogen waren und ich den Wind in meinen Lungen spürte, fühlte ich mich leicht, es war einfach nur befreiend nach meinen morgendlichen Gedanken.

Against the dark Hearts - German/DeutschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt