Kapitel 53

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"Wovon redest du?", fragt Ominis und sieht aus als wäre ich wahnsinnig geworden. Evangeline sieht mich erschrocken an und setzt sich anders hin, so als würde sie sich sehr unwohl fühlen. Ich habe nichts anderes erwartet. Das ist genau die Reaktion, die ich auch gehabt hätte, wenn mir jemand derartiges erzählt hätte.

Was soll ich denn sonst noch sagen? Ich weiß doch selbst nicht viel mehr als das.

"Er ist in Hogwarts aufgetaucht und hat sich mir als neuer Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste vorgestellt", sage ich und ernte noch verwirrte Blicke. Ominis starrt hilflos hinter mich. Evangelines Blick ist abwesend, irgendwo in der Ferne.

"Du willst mir nicht sagen, er ist wieder da und hat sich nicht bei mir gemeldet?", fragte Ominis. Die Frage ist rhetorisch, natürlich ist es genau das, was ich sage. Er ist als erstes in Hogwarts aufgetaucht und hätte ich es Ominis nicht erzählt, hätte es wahrscheinlich sonst wie lange dauern können, bis er davon erfahren hätte. Sein Gesichtsausdruck ist jetzt von Enttäuschung getränkt. Ich kann es verstehen. Sie waren mal wie Brüder und er hat ihm nicht einmal eine Eule geschickt. Ich wäre nicht nur enttäuscht, ich wäre wütend und traurig. Ich bin wütend und traurig, denn so wie es aussieht, ging es ihm gut genug, um sich melden zu können. Er hat es nur nicht getan.

"Ominis ich weiß es doch auch nicht, ich bin ihm aus dem Weg gegangen, er hat sich verändert, etwas an ihm ist anders und wenn ich ganz ehrlich bin weiß ich nicht, ob ich in seiner Nähe sein sollte", antworte ich. Ich bin eine Gefahr für mich selbst, das ist für die Menschen um mich herum zum Teil auch so. Gerade jemand wie sebastian kann mich so sehr aus dem Konzept bringen das meine Magie verrückt spielt. Schließlich bin ich die einzige lebende Hüterin und ich habe zwar mehr Kontrolle über die alte Magie, aber Gefühlsausbrüche können gefährlich werden.

"Du meinst, er ist jetzt gerade in Hogwarts? In diesem Moment?", fragt Ominis. Ich nicke zaghaft, doch natürlich sieht er das nicht, weswegen ich ein schnelles "Ja", hinterher werfe. Ominis steht auf und geht ins Haus. Ich sehe Evangeline besorgt an, doch sie starrt immer noch in die Ferne.

"Eve?", frage ich vorsichtig und streiche sanft über ihren Arm, sie reißt ihren Blick los und sieht mich an. Ihre Augen sind voller Sorge. Sie legt den Kopf schief und greift nach meiner Hand, die sie mit meiner verschränkt.

"Ich dachte, er wäre tot", haucht sie, "Wie kann es sein, dass er noch am Leben ist?", sie sagt es so, dass es niemand in der Nähe hören würde, nicht einmal Ominis, wenn er wieder aus dem Haus kommen würde. Ich streiche mit dem Daumen über ihren Handrücken und sehe sie aufmunternd an.

"Eve ich habe mich zwei Jahre jeden Tag in den Schlaf geweint und danach immer wieder weil ich dachte ich sehe ihn nie wieder, es ist als wäre ein Geist vor meinen Augen ins Leben zurückgekehrt", ich sage die Worte ohne Emotionen in meiner Stimme, denn sonst würde ich wieder zu weinen beginnen. Ich habe jeden Tag um ihn geweint. Ich war achtzehn, als er uns genommen wurde. Ich war nicht erwachsen. Ich war noch ein Kind. Damals dachte ich, ich hätte meine Kindheit verloren, aber heute weiß ich, dass das nicht stimmt. Ich war ein Kind. Ein gepeinigtes und von Narben übersätes Kind. Natürlich habe ich geweint. Meine erste, große Liebe wurde mir entrissen und ich habe keine letzten Worte an ihn verschwendet, weil ich dachte, er möchte, dass ich ihn wähle und unsere Freunde sterben lasse.

"Wieso lebt er noch Elisabeth?", fragt Evangeline mit Nachdruck. Ihr Blick ist warnend. Wieso sieht sie mich so an.

"Ich weiß es nicht"

Wieso ist er noch am Leben? Wieso hat Margaret Grimward ihn nicht getötet? Wieso ist er in Hogwarts?

"Elisabeth, dass er hier ist, heißt nichts Gutes", sagt Evangeline.

"Ich verstehe nicht, was du meinst", antworte ich. Sebastian würde mir nie etwas tun und auch sonst keinem seiner Freunde, egal was passiert ist, er würde uns nicht in den Rücken fallen oder?

"Sei vorsichtig, lass dich nicht wieder von ihm einwickeln, er ist gut mit Worten und die muss er bei dir noch nicht einmal benutzen", sagt sie. Ich runzle die Stirn. Evangeline hat Recht. Sebastian muss mich nur ansehen und ich klappe zusammen wie ein Kartenhaus, das man angepustet hat. Er musste damals nur eine Eule schicken und ich habe alles stehen und liegen lassen, um ihm zu helfen. Er hätte mich fast vom Astronomieturm geworfen und kein halbes Jahr später habe ich mit ihm geschlafen wie eine billige Dirne.

"Ich werde ihm aus dem Weg gehen", antworte ich, doch Evangeline schüttelt vehement den Kopf, "Nein, wenn du das tust ist es als würde ein Opiatabhängiger ständig an irgendwelchen Opiumhöhlen vorbei gehen um zu testen ob er es noch aushält. Irgendwann würdest du nachgeben. Ich weiß noch wie du Nachts geweint hast weil du ihn mit Nerida Roberts knutschen sehen hast"

Ich ziehe den Kopf ein und sehe sie schuldbewusst an. Ich war wirklich das Paradebeispiel für ein unglücklich verliebtes Mädchen. Ich bin es wahrscheinlich noch immer.

"Ich werde versuchen, normal zu sein und seine Anwesenheit als Gewohnheit zu sehen?", frage ich und Evangeline nickt, "Es ist sieben Jahre her, du bist erwachsen, verhalte dich auch so"

Bevor ich antworten kann, tritt Ominis aus dem Haus. Fertig angezogen, um auszugehen.

"Wo willst du hin?", fragt Evangeline als sie ihn sieht, "Beth und ich gehen nach Hogwarts, wir bringen das alte Trio wieder zusammen"

Ich starre Ominis an, er sieht fest entschlossen aus. Er wird nicht mit sich diskutieren lassen und ich will auch nicht mit ihm diskutieren. Sebastian schuldet ihm eine Erklärung. Wenn jemand Antworten verdient hat, dann ist es Ominis.

Ich stehe auf und verabschiede mich von Evangeline. Ich gehe noch einmal ins Haus, um mich auch von Elisa zu verabschieden.

Ominis und ich fahren mit einer Kutsche, statt zu fliegen. Ominis fliegt nicht auf Besen. Er sieht aus, als würde er sich bereit machen, jemandem eine zu verpassen. Sein Kiefer ist angespannt und er hat die Hände zu Fäusten geballt. Ich traue mich kaum etwas zu sagen. Er ist wütend. Sein bester Freund hat sich nicht einmal bei ihm gemeldet und das, wo er schon tagelang in Hogwarts ist.

"Ich bringe diesen Bastard um", sagt Ominis nach einiger Stille, ich starre ihn an. Ominis kann zynisch und gemein sein. Sarkasmus ist seine zweite Fremdsprache, aber sowas sagt er nur wenn er wirklich, wirklich enttäuscht ist.

"Vielleicht gibt es eine Erklärung", sage ich, doch Ominis wischt den satz mit einer Handbewegung fort, "Bitte Beth fang nicht an ihn zu verteidigen, du bist kein hirnloser Hufflepuff der seinem herrchen auf jedem Befehl folgt, benimm dich wie ein ravenclaw und sei klug"

Ich schnaube beleidigt und verschränke die Arme vor der Brust, "Ich kenne keinen Hufflepuff der Hirnlos ist", antworte ich, "Außerdem wäre es vielleicht gut wenn du nachdenkst und nicht vorschnell handelst wie ein Gryffindor, dem Mut mal beiseite geschoben"

Wir tun den anderen Hogwarts-Häusern unrecht. Hufflepuffs sind nicht hirnlos loyal. Sie sind loyale Freunde, verlässlich, fleißig und gerecht, aber sicher nicht hirnlos und Gryffindors sind auch nicht immer vorschnell. Sie trauen sich mehr zu als die meisten, weswegen sie sich schnell in blöden Situationen wiederfinden.

"Wieso hat er mir nicht einmal eine Eule geschickt, Elisabeth? Bin ich ihm jetzt egal?", fragte Ominis verzweifelt und in seinen Augen liegt blanke Trauer. Was soll ich dazu bloß sagen?

"Ich weiß es nicht, ich verstehe das alles sowieso nicht, er ist einfach aufgetaucht, wie aus dem nichts und niemand scheint das komisch zu finden", antworte ich.

"Er ist mein bester Freund gewesen, wieso hält er es nicht für nötig, ein Lebenszeichen zu senden?"

"Das wüsste ich auch gerne", antworte ich, als die Kutsche zu stehen kommt. Wir sind da. "Was wirst du ihm sagen?", frage ich.

"Ich weiß es nicht"

Against the dark Hearts - German/DeutschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt