Kapitel 10

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POV Aris

Es ist kurz vor Mitternacht, als wir in einem der bekanntesten Clubs der Stadt aufschlagen. Zu unserem Glück ist es heute nicht ganz so voll, sodass wir mit Leichtigkeit noch rein kommen. Im Zweifel hätte ich einfach die Hemford-Karte ausgespielt, die zieht sowieso immer. Wir kämpfen uns den Weg durch die tanzende und feiernde Meute an die Bar, wo wir direkt Getränke bestellen. Meine Adleraugen scannen wie immer den Raum nach potenziellen Kandidaten und ich werde schneller fündig als erwartet.

Tatsächlich ist es so, dass dieser kleine schwarzhaarige Mann, der definitiv lateinamerikanische Wurzeln hat, auf mich zuerst aufmerksam geworden ist und mich, während er gekonnt seine Hüften zur Musik kreisen lässt, immer wieder zur mir rüber sieht, mich gefühlt mit seinen Blicken auszieht. Ein aufregendes Gefühl steigt in mir auf und ich spüre die Vorfreude auf die kommenden Stunden. Ein paar Lieder später steht der Unbekannte neben mir, wie ich es immer tue, gebe ich ein Getränk aus und wir stoßen auf die Nacht an.

Dank meines Alkoholpegels lasse ich mich von dem durchaus attraktiven Lateinamerikaner zum Tanzen überreden. Als wir zur Tanzfläche aufbrechen ruft Tommy nur ein „Ran da Tiger" hinterher, da er mich nur Zugern aufzieht, indem er mich mit einem Raubtier vergleicht, das stets auf der Jagd ist. Wenn ich so darüber nachdenke, hat er mit dem Vergleich gar nicht so unrecht. Aber was soll's - anders bekomme ich nicht das, was ich brauche. Also tanze ich mit diesem Typen einige Zeit eng umschlungen, ehe wir uns einen weiteren Drink genehmigen.

Tommy hat in der Zwischenzeit unseren Platz tapfer verteidigt und auch er scheint sich gut zu amüsieren. Als wir unsere Getränke bestellen ist er in einem angeregten Gespräch mit einer Gruppe Männer, die wohl in etwas in unserem Alter sind. Mein bester Freund war schon immer deutlich kommunikativer als ich. Egal, wo wir waren, er hat immer sofort Anschluss gefunden und mich daher meist mitgezogen. Ohne ihn hätte ich wohl im Erwachsenenalter keine einzige Person kennengelernt - abgesehen von den unzähligen One Night Stands.

Er war es auch, der mich mit meiner ehemaligen Verlobten verkuppelt hat. Aber auch er war derjenige, der mich nach meinem Outing unterstütz hat, diese Verlobung wieder zu lösen. Man könnte sagen, dass Tommy in allen meiner Lebensphasen mein treuer Begleiter war. Ohne ihn wäre ich mittlerweile sicherlich unglücklich verheiratet und würde bereits Kinder haben.

„Also, wie sieht es aus Hübscher? Spendierst du uns beiden heute Nacht ein Hotelzimmer?" raunt er mir ins Ohr. Ich schürze die Lippen und funkle ihn an. Dieser Hintern wird heute Mein sein. Ich lecke mir über einen Mundwinkel und male mir schon die unterschiedlichsten Szenraien aus. Endlich ist das ungute Gefühl, das mich die letzten Tage verfolgt hat vergessen. Ich fühle mich wie neu geboren.
„Ich reservier uns das beste Bett in der ganzen Stadt" antworte ich ironischerweise. In Wahrheit suche ich mit meinem Smartphone das nächstgelegene Standardhotel raus, in das man zu dieser Uhrzeit noch einchecken kann.

Das liegt auch daran, dass man mich in den hochpreisigen Locations potenziell erkennen könnte, was ganz klar gegen meine Prinzipien verstößt. Aber der Fremde wird es mir nachsehen. Als Entschädigung werden wir eine Menge Spaß haben - wobei sein Vergnügen für mich zweitrangig ist. So lange ich auf meine Kosten komme und wir danach einen sauberen Schnitt machen und uns nicht wieder sehen verläuft alles nach Plan.

Um 2 Uhr beschließe ich, dass es an der Zeit ist aufzubrechen. Ich begleiche meine Rechnung, verabschiede mich von meinem besten Freund und verlasse gemeinsam mit meiner neuen Bekanntschaft den Club. An der frischen Luft spüre ich jetzt deutlich, dass ich heute gut getrunken habe. Meistens bleibt es bei ein oder zwei Getränken, heute waren es dann doch einige mehr. Aber Tommy wollte schließlich seine Rückkehr feiern - was hatte ich also für eine Wahl?

Den Weg zum Hotel kenne ich auswendig, es ist nicht das erste Mal, dass ich dort jemanden hin mitnehme. Der Fremde legt seinen Arm um meine Taille, was mir nicht so wirklich passt. Eigentlich beschränke ich meinen Körperkontakt auf Sex. Aber der Alkohol lässt mich heute weniger engstirnig sein, also lege ich meinen Arm um seine Schultern. Wir gehen eine Zeit lang so nebeneinander her, als es mir einfällt: Ich habe keine Kondome dabei.

„Hey, lass uns unterwegs noch in einem Minimarkt anhalten, ich brauch noch Kondome" beginne ich das Gespräch. „Uh, du bist also einer, der auf Sicherheit abfährt? Na meinetwegen" erwidert er. Jetzt bin ich erst recht froh, für entsprechenden Schutz zu sorgen, wer weiß wie viele Male der Typ ungeschützten Verkehr hatte. Krankheiten müssen nicht sein. Andere Menschen würde seine Aussage wohl abschrecken oder gar abturnen. Ich bin jedoch tiefenentspannt. Solange ich für meine eigene Gesundheit sorge können andere tun und lassen was sie wollen. Außerdem bin ich wirklich gespannt, was diese lateinamerikanischen Hüften alles drauf haben - abseits vom Tanzen.

Als ich aus der Ferne einen dieser kleinen Minimärkte entdecke, deute ich darauf, um meiner Begleitung zu signalisieren, dass wir dort rein gehen werden. „Warte du hier, das dauert nicht lange" fordere ich ihn auf und betrete den kleinen Markt. wir sind nicht weit weg von meiner Wohnung, daher war ich hier bereits in der Vergangenheit, um Kleinigkeiten zu besorgen. Verhütungsmittel waren jedoch nie dabei, weshalb ich einige Minuten planlos durch den Laden laufe, ehe ich endlich am richtigen Regal ankomme.

Ich greife mir eine Packung in der Größe XL und steuere zielsicher auf die Kasse zu, als ein „Hey Baby, wie lang brauchst du denn noch?" meine Aufmerksamkeit erweckt. Mein Partner für diese Nacht steht im Eingang der Marktes und wirkt ungeduldig, was mich schmunzeln lässt. „Ich bin gleich da. Wir haben die ganze Nacht Zeit, was machen da schon fünf Minuten hin oder her?" ich zucke mit den Achseln. So langsam geht er mir etwas auf die Nerven. Da ich mittlerweile aber wirklich scharf auf unverbindlichen, heißen Sex bin, sehe ich ein weiteres Mal darüber hinweg. Sein Mundwerk wird er nachher für andere Dinge brauchen.

Also wende ich mich wieder der Kasse zu, lege die Packung Kondome und eine Tube Gleitgel auf den Tresen und krame nach meinem Geldbeutel in der Hosentasche. Und plötzlich halte ich in meiner Bewegung inne.

„Das macht dann 12,98 bitte"

Crossing Paths - ManxManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt