Kapitel 64

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POV Aris

Die Weihnachtsfeiertage sind schnell vorübergezogen. Ich verbringe ohnehin nicht allzu gern Zeit mit meiner Familie, Feiertage sind aber besonders unangenehm. Lydia hat sich einmal mit mir bei meinen Eltern blicken lassen, die restlichen Feiertage verbringen wir getrennt, was ich meinen Eltern damit erklärt habe, dass meine Fake-Freundin auch eigene Familie hat, die sie besuchen möchte.

Heute habe ich mein Date mit Milam. Nachdem er mich letzte Woche ungläubig angestarrt habe, als ich spontan entschieden habe, ihn nach einem Date zu fragen hat er schnell eingewilligt. Da die letzten Tage Weihnachten war haben wir es erst heute geschafft, dennoch bin ich etwas aufgeregt. Noch nie habe ich für einen Mann sowas organisiert und ganz ungefährlich ist es auch nicht. Ich habe extra sämtliche Pläne in einer Stadt zwei Stunden von zuhause entfernt geschmiedet, sodass ich weniger auffalle. Ist ja nicht so, als wäre ich ein Promi. Meine Eltern haben nun mal die bekannteste Firma der Stadt, weshalb man mich dort einfach kennt.

Pünktlich zum vereinbarten Treffen parke ich meinen Wagen vor dem Gebäude, in dem Milam wohnt. Das letzte Mal, als ich hier war ist es nicht besonders gut geendet. Als der Blondschopf endlich aus dem Haus kommt weiten sich meine Augen. Unter seiner Winterjacke, die noch offen steht trägt er nicht wie sonst einen übergroßen Hoodie, sondern ein gemustertes Hemd - figurbetont. Dieser Anblick lässt mein Herz noch schneller schlagen, als es eh schon tut.

Die Tür zur Beifahrertür öffnet sich „Hey" begrüßt Milam mich und steigt ein. als er den Sicherheitsgurt angelegt hat fahr ich los. „Also, was machen wir heute?" fragt er neugierig und ich bin mir sicher, einen vorfreudigen Unterton in seiner Stimme zu hören. Ich schmunzle.
„Wer weiß?" ziehe ich ihn auf und kassiere einen Schlag gegen meinen Oberarm, was mich nur noch mehr belustigt. Mein Gesicht ziert ein breites Grinsen - heute wird mit Sicherheit ein super Tag.

Tatsächlich steht heute einiges an: Als wir das Auto abgestellt haben gehen wir zuerst in ein Unterwasser-Aquarium. Ich liebe das Meer und durch die komplett verglasten Gänge zu schlendern, während über und unter mir sowie überall um uns herum Meerestiere schwimmen, bereitet mir echte Glücksgefühle. Es ist trotz Ferienzeit relativ wenig los, als wir die Gänge erkunden und Milam eifrig Fotos von Rochen und anderen Tieren macht. Punkt eins war schonmal ein großer Erfolg.

Nach unserem zweiten Stopp in einem Café, um einen Kaffee zu trinken und uns mit ein paar Snacks zu stärken ging es in ein Arcade-Center. Man mag es mir nicht ansehen, aber ich habe in meiner Jugend wirklich gerne gespielt, Milam ist jünger, aber er hat mal erzählt, dass er gelegentlich mit Alex zockt also habe ich darauf spekuliert, dass es ihm ebenfalls Spaß machen könnte. Entgegen seiner sonst so ruhigen Art kommt er richtig aus sich heraus, als ihn der Ehrgeiz packt mich zu besiegen. Wir liefern uns erbitterte Duelle, lachen viel. Länger als erwartet verbringen wir unsere Zeit dort. Als ich die Uhrzeit checke ist es bereits Abend.

„Hast du Hunger?" erkundige ich mich, als wir wieder zum Auto gehen. „Mega" entgegnet er. „Aber weißt du, was jetzt wirklich mega wäre? Fastfood. Lass uns auf dem Weg nach Hause einfach irgendwo im Drive-in was holen" schlägt er vor. Eigentlich wollte ich ihn noch zu einem wirklich guten Italiener einladen, aber sein Vorschlag gefällt mir viel besser - einfach, weil er von ihm kommt. Wir steuern also die nächste Fastfood-Kette an, bestellen unser Essen sowie Getränke und fahren durch die Dunkelheit allmählich nach Hause.

„Hätten wir da nicht abbiegen müssen?" Erkundigt sich Milam, als ich nicht den geplanten Heimweg einschlage. „Ich hab noch einen Punkt auf meiner Liste, lass dich überraschen" Ich fahre die Straße entlang, der Gegenverkehr wird minütlich weniger, bis es scheint, wir wären die einzigen Menschen auf den Straßen. Wir fahren einen Berg hoch zu einem Ort, den Tommy und ich vor einigen Jahren gefunden haben. Ich parke das Auto am Straßenrand und wir steigen aus.

„Aris, wo sind wir hier?" ruft er mir hinterher, als wir einen schmalen Pfad entlang gehen und ein paar Minuten später endlich unser Ziel erreichen. Als ich die Aussicht sehe wird mir direkt warm ums Herz und ich spüre, wie mir Ballast von den Schultern fällt. Ich liebe diesen Ort.

Der Berg, auf dem wir uns befinden bietet einen Blick über die gesamte Stadt, die in viele bunte Lichter getaucht ist. Ich gehe bis zum Ende der Plattform und setze mich auf den steinernen Absatz, nach dem nur noch der Abgrund kommt. „Komm her" sage ich leise, als ich sitze. Milam kommt zu mir, setzt sich neben mich und sieht auf die jetzt extrem klein wirkende Stadt. „Wow das ist der Wahnsinn. Ich wusste nicht, dass es so einen Ort gibt" sagt er ehrfürchtig.

Wir sitzen eine Weile so da, es ist Ende Dezember und wirklich extrem kalt, aber die Aussicht macht das wieder wett. Unser Atem ist sichtbar in der Luft und es ist still. Keine Geräusche, nichts. Es ist eine Friedliche Stille. „Danke, für heute Aris." flüstert Milam, legt seine Hand auf meine, die neben mir auf dem Stein liegt. Er drückt sie, ich sehe währenddessen in seine Richtung und spüre, wie die Zuneigung ihm gegenüber sekündlich zunimmt. Wenn es so weiter geht werde ich ihn nicht mehr aus meinem Leben gehen lassen können.

„Lass uns fahren. Ich will nicht, dass du wieder krank wirst" teile ich ihm mit und stehe auf. Ich halte noch immer seine Hand, wodurch ich ihn automatisch mit auf die Beine ziehe. Ich lasse seine Hand nicht los, laufe nicht zum Auto. Wir stehen wenige Zentimeter voneinander entfernt und endlich kommt der Moment, auf den ich den ganzen Tag gewartet habe. Ich lege meine Arme um den Kleinen und küsse ihn das erste mal seit einer Woche, das erste mal nach den ganzen Stunden, die wir heute miteinander verbracht haben.

Wir küssen uns langsam, als hätten wir alle Zeit der Welt. Es scheint als wäre diese für diesen Moment stehengeblieben. Als sich unsere Lippen wieder trennen hauche ich ihm einen weiteren kurzen Kuss auf die Stirn und gehe dann zum Auto - die Hand von Milam noch immer fest umschlossen. Ich lasse sie erst los, als wir am Auto angekommen sind und einsteigen. Als ich losfahre spüre ich seine Hand wieder, diesmal liegt sie auf meinem Oberschenkel und streicht sanft darüber.

Eine halbe Stunde später kommen wir wieder bei Milam an. Ich wollte eigentlich zu mir, war mir aber nicht sicher, ob er das will. Ich möchte ihm nicht suggerieren, dass ich jedes Mal, wenn wir uns sehen Sex haben will. Also parke ich vor seinem Haus uns lasse den Motor laufen. „War schön heute" bemerke ich abschließend, als Milam den Sicherheitsgurt löst. „Hast Recht, danke - es war wirklich perfekt." Er steigt aus und schließt die Tür, ohne etwas weiteres zu sagen. Ich hätte ihn gern nochmal geküsst, etwas Enttäuschung macht sich in mir breit.

Als ich dachte, er wäre schon verschwunden klopft es an meiner Scheibe und ich sehe, dass er doch noch da ist. Ich lasse das Fenster runter.
„Willst du nicht rein kommen?" fragt der Blondschopf mich und seine Worte sind Musik in meinen Ohren. Nie habe ich eine schönere Melodie gehört. „Gib mir eine Sekunde" antworte ich, fahr das Fenster wieder hoch und parke meinen Wagen. Nachdem ich abgeriegelt habe folge ich Milam in das Gebäude.

Crossing Paths - ManxManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt