Hühnchen bei Kerzenschein

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,,Das ist nicht dein Ernst?", höre ich Jungkook vor der Türe losprusten.
,,JUNGKOOK, das ist nicht lustig", protestiere ich lautstark. ,,Es ist verdammt dunkel hier drin. Und echt kalt."
Ich schlinge die Arme um meinen zitternden Körper und fühle mich von Sekunde zu Sekunde unwohler. Ich habe definitiv keine Platzangst, aber in diesem stockdunkeln Raum habe ich das Gefühl, dass mich alles immer mehr und mehr einengt.
,,Okay, Okay schon gut. Ich hol dich da raus", lacht Jungkook auf und tritt im nächsten Moment mit voller Wucht gegen die Badezimmertür.
Aber es tut sich nichts.
Er tritt immer und immer wieder dagegen, aber das Schloss scheint einfach nicht aufzubrechen.
,,Das funktioniert nicht", rufe ich nach draußen.
,,Ob du es glaubst oder nicht, aber das merke ich selbst", er ächzt auf, als es plötzlich einen Rumps macht und es still wird.
,,Ist alles okay?", ich lege mein Ohr an die Tür.
Es bleibt kurz ruhig, als ich ein leises Stöhnen vernehme.
,,Jaa", seufzt Jungkook. ,,Ich dachte es funktioniert vielleicht, wenn ich mich mit dem ganzen Körper dagegen werfe. Bei deiner Wohnungstür hat das funktioniert, aber die war auch nicht zugesperrt."
,,Was machen wir jetzt?", gebe ich aufgeregt zurück und ich spüre, wie ich langsam hysterisch werde.
,,Ich rufe meinen Dad an. Der kennt sich mit sowas aus", höre ich es leise auf der anderen Seite der Tür. Es hört sich so an, als würde er gehen.
,,JUNGKOOK? BLEIB HIER!", rufe ich so laut ich nur kann und spüre die Panik in mir hochkriechen.
,,Schon gut, ich bin doch noch da", antwortet Jungkook beschwichtigend und ich werde sofort ruhiger.
Ich atme einmal tief durch.
,,Muss es unbedingt dein Dad sein?", frage ich verlegen.
,,Ja, er weiß was zu tun ist", gibt er zurück und ich höre, wie er sich vor der Tür auf den Boden setzt.
,,Ja, das mag ja sein. Aber ich bin NACKT. Was wird er sich denken?", protestiere ich leise.
Ich kann ihn zwar nicht sehen, aber ich könnte schwören, dass gerade ein Lächeln über sein Gesicht fliegt.
,,Keine Sorge, ich gebe dir dann schon ein Handtuch, wenn er die Tür aufbekommt", sagt er leise durch den Türspalt am Boden.
Was zur Hölle macht er da draußen?!
,,Okay", stimme ich etwas widerwillig zu. So will ich seinem Dad definitiv nicht unter die Augen treten.
Ich höre, wie sich Jungkook wieder aufrappelt und im Zimmer auf und ab läuft. Er murmelt etwas, dass ich nicht verstehe und ich vermute mal, dass er gerade mit seinem Dad telefonieren muss.

,,Er ist in einer Stunde da", höre ich Jungkook sagen und ich vergrabe das Gesicht in den Händen.
Wenn es hier wenigstens ein paar Kerzen und eine Badewanne gäbe, dann hätte ich wenigstens Licht und ich könnte mich aufwärmen.
Soll ich vielleicht einfach weiterduschen?
Aber das wäre wohl die absolute Verschwendung
,,Julia?", fragt er leise an der Tür und ich zucke zusammen. ,,Komm an die Tür."
,,Ich steh die ganze Zeit schon vor der Tür", gebe ich trocken zurück. ,,Ich habe hier null Orientierung. Ich fühl mich nicht gut, Jungkook."
,,Okay, pass auf. Ich bleibe hier und erzähl dir einfach was", meint er aufmunternd und ich seufze auf.
,,Ich bin gerade nicht wirklich für Geschichten aufgelegt", antworte ich nervös.
Ich höre, wie er sich wieder auf den Boden setzt und sich mit dem Rücken an die Tür lehnt. Er klopft neben sich auf den Boden, als sollte ich mich neben ihn setzen.
Widerwillig lasse ich mich auf die kalten Fliesen nieder, ziehe die Knie an und lehne mich ebenfalls an die Tür.
,,Okay", er atmet tief durch. ,,Es war einmal..."
,,Wir das jetzt ne Märchenstunde?", unterbreche ich ihn etwas vorschnell.
,,Maaaan, lass mich doch mal ausreden. Ich wollte dir gerade davon erzählen, wie ich dich das erste Mal gesehen habe und du unterbrichst mich einfach", gibt er schmollend zurück.
,,Okay, red weiter", antworte ich ihm und habe sofort ein schlechtes Gewissen.
,,Alsooo, ich war mit Tae in diesem Restaurant und du warst mit Anna auch da. Wir waren neugierig, weil ihr nicht danach aussaht, als wärt ihr von hier. Tae hat mich den ganzen Abend damit aufgezogen, weil ich unbedingt wissen wollte, wer du bist. Er wollte mich dir vorstellen, hat sich dann aber selbst nicht getraut euch anzusprechen. Jedenfalls bin ich irgendwann zur Toilette und als ich zurückkam bist du direkt und ziemlich unsanft in mich reingerannt. Wir beide haben uns erschrocken und ich hätte schwören könne, dass mein Herz für eine Sekunde stehen geblieben ist. Du hast irgendwas in einer anderen Sprache gefasselt und ich habe rein garnichts verstanden. Aber du hast mich nicht erkannt und mir nicht gleich hysterisch ins Ohr geschrien und das fand ich ziemlich cool. Es gibt kaum jemanden in Korea, der uns nicht kennt und es war interessant auf jemanden zu treffen, der offenbar keinen blassen Schimmer von uns hat."
Plötzlich durchfährt ein Zittern meinen Körper und ich zucke erschrocken zusammen, als die Bilder durch meinen Kopf schießen.
Ich kann mich daran erinnern, wie unangenehm es mir in diesem Moment war einfach so ihn in reinzulaufen.
,,Das war echt peinlich", gebe ich leise zurück und Jungkook hält in seiner Erzählung inne.
,,Du kannst dich erinnern?", fragt er ungläubig.
,,Ein bisschen, ja",  antworte ich und kratze mich nachdenklich am Kopf.
,,Das ist großartig", freut er sich, als es plötzlich an der Haustür klingelt.
Das ging ja doch schneller als gedacht, bis meine Erlösung zur Hilfe herbeieilt.
Ich höre Jungkook aufspringen und das Zimmer verlassen.

BTS: Life goes on | JungkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt